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Ausgabe 86-2/2001

PRINZESSIN MONONOKE

MONONOKE HIME

( zum Film PRINZESSIN MONONOKE)

Produktion: Studio Ghibli / Tokuma Shoten Publishing Co. / Nippon Television Network / Dentsu Inc.; Japan 1997 – Regie und Buch: Hayao Miyazaki – Animation: Hayao Miyazaki, Nizo Yamamoto, Naoya Tanaka u. a. – Kamera: Atsushi Okui – Schnitt: Hayao Miyazaki, Takeshi Seyama – Musik: Joe Hisaishi – Länge: 133 Min. – Farbe – FSK: ab 6 – Verleih: Buena Vista International (35mm) – Altersempfehlung: ab 12 J.

Dass aus dem Hause Disney Zeichentrickfilme in die Kinos kommen, ist eine Selbstverständlichkeit. Dass jedoch der Disney-eigene Verleih Buena Vista ein Konkurrenzprodukt vertreibt, das zudem in seinem Herkunftsland Japan zum erfolgreichsten Film überhaupt avancierte, ist ebenso ungewöhnlich wie lobenswert. Andererseits ist "Konkurrenz" vielleicht doch nicht das richtige Wort zur Beschreibung von Hayao Miyazakis phantastischem Leinwandmärchen "Prinzessin Mononoke". Denn auch wenn Miyazakis Öko-Botschaft durchaus Disney-würdig wäre – die Mittel, mit denen der japanische Meisterzeichner diese vermittelt, gehören nicht unbedingt ins Familienprogramm.

Erzählt wird die Odyssee des jungen Emishi-Kriegers Ashitaka, der sein Dorf vor einem zum Dämon mutierten Wildschwein beschützt und dabei von dem sterbenden Tier tödlich verletzt wird. Wenn ihn die pulsierende Wunde an seinem Arm, die ihn mit brennendem Hass zu erfüllen droht, nicht umbringen soll, so muss er in den sagenumwobenen Wäldern des Westens Hilfe suchen. Dort, so erfährt Ashitaka, regiert noch der Waldgott ein Reich voller Tierriesen und Baumgeister – ein grünes Urreich, das der geschäftstüchtigen Eboshi ein Dorn im Auge ist, verhindert es doch die Ausdehnung ihrer Eisenhüttenstadt Tataraba. Als die Menschen aus der Stadt zum großen Kampf gegen die mythischen Kreaturen des Waldes rüsten, gerät Ashitaka zwischen die Fronten, denn auf der Seite der Tiergötter kämpft auch ein Wolfsmädchen: Prinzessin Mononoke. Sie überzeugt Ashitaka von der Sinnlosigkeit und Gefährlichkeit des Vorhabens der Menschen.

Eine Welt, in der traumhafte Idylle und blutige Realität schockierend – und faszinierend – dicht beieinander liegen, kreiert Hayao Miyazaki (dessen erste von Deutschland importierte Arbeit Mitte der Siebziger die TV-Serie "Heidi" war) in "Prinzessin Mononoke". Dabei lässt er seine typisch japanisch schlicht gezeichneten Menschenfiguren mit den großen Augen nicht nur Landschaften durchwandern, die dem Zuschauer im Kinodunkel das Tor in eine phantastische Welt öffnen, sondern er entwirft auch Seelenlandschaften, die für einen Zeichentrickfilm ungewöhnlich komplex sind. So ist Eboshi, die Betreiberin der Eisenhütte und Jägerin des Waldgottes, nicht nur eine eiskalte Rechnerin, sondern sie hat auch ein großes Herz für die Ausgestoßenen der Gesellschaft, denen ihre Stadt eine neue Chance schenkt. Auch die Natur ist nicht nur friedliches Traumland – der Waldgott ist Herr über Leben und Tod, die mit ihm verbündeten Tiergottheiten genau so weise wie sie bisweilen blind sind vor Wut.

Genau wie die Grimmsche Märchensammlung ursprünglich nicht für das Kinderzimmer gedacht war, sondern europäisches Kulturerbe dokumentierte, ist auch "Prinzessin Mononoke" zwar in einem Genre angesiedelt, das sich oft vor allem an Kinder richtet – doch diese Märchenstunde erfordert ungleich stärkere Nerven als "Die Schöne und das Biest".

Bärbel Schnell

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 74-2/1998 - Filmbesprechung - PRINZESSIN MONONOKE

 

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Ausgabe 86-2/2001

 

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