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Ausgabe 103-3/2005

DAS SPIEL

BAZI

Produktion: IRIB (Channel 2); Iran 2004 – Regie und Buch: Gholamreza Ramezani – Kamera: Amir Karimi – Schnitt: Saeed Shahsavari – Darsteller: Melika Emami (Soraya), Mahnaz Afzali (Mutter), Sepehr Rezamir (Nachjunge), Ainaz Habibpour (Nachbarmädchen) – Länge: 60 Min. – Farbe – Weltvertrieb: Sheherazad Media Int. Teheran, email: katysha@dpimail.net – Altersempfehlung: ab 6 J.

Die kleine Soraya langweilt sich, denn immer muss sie allein spielen, im engen Hinterhof, der zu allen Seiten von hohen Mauern umgeben ist. Die Mutter fertigt derweil in Heimarbeit künstliche Blumen; dank ihrer unablässig quengelnden Tochter ist sie damit bereits in Verzug und entsprechend genervt. Sie verbietet Soraya, mit der schönen neuen, teuren Puppe zu spielen. Weder Bitten und Betteln noch Wutausbrüche helfen da. Soraya versucht auf eigene Faust, an das Objekt der Begierde heranzukommen. Natürlich erwischt die Mutter sie und schickt Soraya wieder hinaus in den Hof. Da ertönen plötzlich Kinderstimmen jenseits der Mauer: Ein Junge und ein Mädchen spielen Ball. Als der Ball über die Mauer geflogen kommt, versteckt Soraya diesen neuen Schatz. Aber allein und heimlich macht das Ballspielen auch nicht viel Spaß. Soraya kann nicht einfach mit fremden Kindern spielen, da pocht ihre Mutter auf die guten Sitten. Doch schließlich findet Soraya einen Weg, mit den Nachbarskindern zu spielen, ohne die mütterlichen Verbote zu missachten, und wird am Ende sogar belohnt.

"Bazi" erzählt in charmanter Weise eine einfache und alltägliche Geschichte. Spielen gehört überall auf der Welt zum kindlichen Leben. Dazu genügen zwar Phantasie, eine Puppe oder ein einfacher Ball. Doch ohne Spielkameraden ist das eine einsame Angelegenheit; der geschützte Raum des Hinterhofs wird schnell zum Gefängnis. Sorayas Sehnsucht nach Abwechslung und vor allem nach Freunden ist mehr als verständlich. Wie sie ihr Ziel mit Einfallsreichtum und Beharrlichkeit schließlich erreicht, macht Freude.

Regisseur und Drehbuchautor Gholamreza Ramezani realisierte 2004 mit "Bazi" seinen dritten Spielfilm und im selben Jahr "Hayat", der das diesjährige Kinderfilmfest der Berlinale eröffnete. Ramezani gehört damit zu den stärksten Vertretern des iranischen Gegenwartskinos, in dem der Kinderfilm eine maßgebliche Rolle spielt. In "Bazi" hält Ramezani nicht nur Handlung, Figuren und Ort überschaubar, sondern angenehmerweise mit sechzig Minuten auch die Spieldauer. Damit kommt sein Film vor allem auch dem jüngeren Publikum entgegen. Gut besetzt ist Melika Emami als Soraya, in deren großen dunklen Augen sich sämtliche Emotionen, von Trotz und Enttäuschung über Listigkeit bis hin zu strahlender Freude, widerspiegeln.

Wer in diesem Film eine Parabel auf das Leben und den Alltag im Iran sehen möchte, eine politische Aussage gar (weil der iranische Kinderfilm immer schon auch dafür stand), der kann dies sicherlich tun. Muss man aber nicht: "Das Spiel" ist auch ohne tiefere (Be-)Deutung ein gelungener, kleiner Film für kleinere Kinder. Und das ist ja schon eine Menge.

Ulrike Seyffarth

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 103-3/2005 - Interview - "Man darf nie aufgeben!"

 

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Ausgabe 103-3/2005

 

Inhalt der Print-Ausgabe 103-3/2005|

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Interviews

Endemann, Till - "Malte hat gelernt, in seiner Dunkelheit zu lächeln"| Kravchuk, Andrei - "Unser Film soll Hoffnung vermitteln"| Lian, Torun - "Wenn Du jemanden brauchst, der dir einen Kuss gibt"| Ramezani, Gholamreza - "Man darf nie aufgeben!"| Schuchardt, Friedemann - "Ich war eigentlich immer Pionier"| Siegert, Hubertus - ... von der Stimmung des Films und ihrer eigenen Ausstrahlung als Klasse sehr beeindruckt| Ungureit, Dagmar - "Mit offenem Blick den Märchen neu annähern"|


KJK-Ausgabe 103/2005

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