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Ausgabe 131-3/2012

Mut brauchen wir – für uns selbst und für unser Land

Gespräch mit Kaori Imaizumi, Autorin und Regisseurin des Films "Als hätte ich dich gehört"

(Interview zum Film ALS HÄTTE ICH DICH GEHÖRT)

Kaori Imaizumi, geboren 1980 in der Oita Präfektur, Japan, begann 2007 mit einem Regiestudium am ENBU Seminar in Tokio und arbeitete gleichzeitig als Krankenschwester. Mit ihrem Abschlussfilm ("Dream Paradise, False Land") gewann sie 2008 den Nachwuchspreis auf dem Internationalen Studentenfilmfestival Kyoto. "Als hätte ich dich gehört" (Kikoeteru, furi wo sita dake) ist ihr Langfilmdebüt, das auf der Berlinale 2012 von der Kinderjury mit einer Lobenden Erwähnung bedacht wurde.

KJK: Warum waren Sie nach der Preisverleihung so tief bewegt und haben gesagt, dass man auch mit 26 Jahren noch etwas werden kann?
Kaori Imaizumi: Ich war so glücklich über die Lobende Erwähnung der Kinderjury für meinen ersten Spielfilm und habe daran gedacht, dass ich eher zufällig zum Filmen gekommen bin. Ich habe nämlich schon mit 18 Jahren die Schule verlassen und eine Ausbildung als Krankenschwester gemacht, wurde es dann auch mit 23. Als ich ein Jahr später mit Freundinnen im Kino war, sah ich einen Film, der von einer 24-jährigen Frau gedreht worden war. Ihre Arbeit hat mich ebenso beeindruckt wie die Tatsache, dass eine Gleichaltrige einen Film gemacht hat – da hat es mit einem Mal Klick gemacht! Diese Frau machte mir Mut und so habe ich 2007 den Schritt gewagt, auf das ENBU Seminar in Tokio zu gehen, um Regisseurin zu werden. Ich habe aber weiter als Krankenschwester gearbeitet und mein erster Spielfilm ("Als hätte ich dich gehört") entstand während meiner Babypause.

Wie lange hatten Sie denn schon die Idee zu Ihrem Spielfilm?
Ich habe diese Geschichte 2008 als Kurzfilm verarbeitet, das war der Abschlussfilm, von dem ich gesprochen habe. Und als in Osaka ein Film-Wettbewerb für Spielfilme ausgeschrieben wurde, habe ich die Geschichte für die Bewerbung mehrmals umgeschrieben und einen Spielfilm daraus gemacht.

Was haben Sie dafür geändert?
Mein Kurzfilm endet damit, dass Sachi auf der Brücke zum ersten Mal in Tränen ausbricht. Im Feature-Film findet das etwa in der Mitte statt. Ich habe sehr darum gekämpft, einen überzeugenden positiven Schluss für die traurige Geschichte zu finden.

Die Kinderjury fühlte sich durch die "tiefgründige Auseinandersetzung mit dem Tod zum Nachdenken" angeregt, ich habe bewundert, wie es Ihnen gelungen ist, einem das Gefühl nach dem Tod eines geliebten Menschen, wenn die Zeit stehen bleibt und man wie vereist ist, nahe zu bringen. Sie haben im Pressematerial mitgeteilt, dass Sie Ihre Geschichte erzählen. Wie alt waren Sie, als Ihre Mutter starb?
Das Biografische an der Geschichte war nicht der Tod meiner Mutter, sondern die psychische Erkrankung meines Vaters – aber weil die Situation für den Film dann klarer ist, habe ich den Tod der Mutter in das Buch eingeführt.

Wie alt waren Sie, als Ihr Vater psychisch krank wurde?
Elf Jahre – genau wie das Mädchen im Film. Ich fühlte mich damals zwar nicht gezwungen, erwachsen zu werden, aber für mich war alles plötzlich ganz unwirklich. Ich hatte so was zwar schon mal im Fernsehen gesehen, es gibt ja jeden Tag solche Geschichten, aber dass mir, dass uns das passiert, ist ja irgendwie unvorstellbar. Ich war damals wie paralysiert und habe, glaube ich, zum ersten Mal darüber nachgedacht, was es bedeutet, erwachsen zu sein und wie man das wird. Ich hatte wirklich sehr große Schwierigkeiten, mich aus meiner Phantasie-Welt zu lösen, habe mich auch vor Geistern gefürchtet wie Nozomi, bis ich eines Tages hörte, dass der Geist nur eine Funktion des Gehirns ist. Da hatte ich dann plötzlich keine Angst mehr vor ihnen, aber ich weiß auch, dass ich damals zwar glücklich war, meine Angst vor den Geistern los zu sein, aber mich auch ein bisschen leer fühlte. Also in der Beziehung war ich mehr Nozomi als Sachi, die sonst aber schon mein Alter Ego ist. Nur dass ich diesen Prozess längst nicht so gut verarbeitet habe wie sie. Ich bin diesen ganzen seelischen Dreck erst los geworden, als ich erwachsen war. Als ich so alt war wie Sachi, wollte ich zum Beispiel nicht mehr zur Schule gehen und habe unendlich viel mit meiner Mutter gestritten.

Zwischen Ihnen und ihrer Hauptdarstellerin gibt es eine gewisse Ähnlichkeit – hat das bei der Auswahl von Hana Nonaka eine Rolle gespielt oder ist Ihnen die Ähnlichkeit in der Ausstrahlung gar nicht bewusst?
Die Ähnlichkeit habe ich nicht gesehen – Hana Nonaka war ja schon in meinem Kurzfilm. Aber ihre Ausstrahlung, ihr Aussehen war für meine Besetzungsentscheidung schon wichtig – wichtiger als ihre Schauspielkunst. Doch nachdem wir uns für sie entschieden und angefangen haben, mit ihr zu drehen, war es beeindruckend, wie erwachsen sie plötzlich wirkte, welche zu Herzen gehende traurige Ausstrahlung sie hatte, obwohl sie ja eigentlich ein ganz normales fröhliches Kind von damals dreizehn Jahren war. Vor der Kamera wechselte sie blitzschnell ihren Gesichtsausdruck und überwältigte uns durch ihr herausragendes Schauspiel. Alle Regungen, die wir uns für die Rolle vorstellten, konnte sie im Nu hervorzaubern.

Durch die langen Einstellungen und eindringlichen Sequenzen, die manchmal geradezu auf der Stelle treten, stellt der Film eine große Herausforderung an das Publikum dar.
Ja es gibt tatsächlich sehr lange Pausen und Szenen – es gibt Leute, die das mögen, andere eben nicht. Film ist Geschmacksache, finde ich.

Haben die Ereignisse der Nuklear-Katastrophe von Fukushima vom März 2011 bei Ihrem Film eine Rolle gespielt?
Zum Glück waren die Dreharbeiten vor Fukushima beendet, der Film wurde im Februar fertig. Aber durch dieses Ereignis bekam die Premiere, die im Februar 2011 in Osaka und im Juli 2011 in Tokio stattfand, in Tokio eine zusätzliche Bedeutung. Die Menschen fühlten sich durch den Film ermutigt und Mut brauchen wir – für uns selbst und für unser Land.

Mit Kaori Imaizumi sprach Uta Beth

 

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