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Ausgabe 63-3/1995

"Keine Angst vor den Amerikanern"

Gespräch mit dem Produzenten Gerhard Schmidt zu dem Kinofilm "Der Prinz und der Prügelknabe"

(Interview zum Film DER PRINZ UND DER PRÃœGELKNABE)

Der Märchenfilm "Der Prinz und der Prügelknabe" von Syd Macartney erzählt von der Freundschaft zweier sehr unterschiedlicher Jungen in einer deutschen Kleinstadt im 18. Jahrhundert. Die deutsch-amerikanisch-französische Co-Produktion wurde mit großem Ausstattungsaufwand gedreht und zielt auf den internationalen Markt. Mit beträchtlichem Erfolg – der farbenprächtige Kostümfilm wurde bereits in 15 Länder verkauft. Neben dem Disney-Channel war die Kölner Produktionsfirma Gemini an dem sieben Millionen Mark teuren Kinofilm beteiligt.

KJK: Wie ist das Projekt entstanden?
Gerhard Schmidt: "Witzigerweise brachte uns ein Franzose auf der Programm-Messe MIP in Cannes zusammen. Er wusste, dass der amerikanische Partner einen europäischen brauchte und wir einen Stoff suchten, den wir mit Amerikanern machen wollten. Wir haben dann ein Jahr gebraucht, um die Finanzierung auf die Beine zu bringen."

Wie war das Team zusammengesetzt?
"Von 100 Mitarbeitern waren zwei Amerikaner: der Drehbuchautor und der Regieassistent. 25 waren Briten oder Franzosen, 75 waren Deutsche. Es ist also ein rein europäischer Film mit amerikanischem Storytelling Know How."

Was war Ihr Motiv für eine Zusammenarbeit mit den Amerikanern?
"Wir wollten das Know How nutzen, um Programmware für den deutschen und europäischen Markt herzustellen. Also keine Angst vor den Amerikanern, sondern Zusammenarbeit! Das ist eine Chance für die europäische Filmindustrie. Wir können ruhig neidlos anerkennen, dass die Amerikaner die besseren Drehbücher haben. Meistens sind es übrigens Europäer, die da drüben die Drehbücher schreiben."

Wie lief die Zusammenarbeit mit Disney?
"Disney hat diesen Film künstlerisch bestimmt. Das haben wir akzeptiert. Wir mussten also nicht zwischen einem deutschen und einem amerikanischen Fernsehsender verhandeln, sondern wir haben das Know How der Amerikaner respektiert. Auf dem Gebiet des Familienfilms haben sie sehr viel mehr internationale Erfahrung. Dennoch haben wir eineinhalb Jahre härteste Diskussionen gehabt, bis in jedes Detail, aber sehr konstruktive, muss ich sagen."

Können Sie ein Beispiel nennen?
"Wir hatten zum Beispiel sieben Monate statt drei Post-Produktion, weil Disney immer wieder auf Detailänderungen bestanden hat. Als sie zum Schluss mit der Musik nicht einverstanden waren, haben sie 70.000 Mark investiert und die gesamte Musik mit dem Münchner Symphonie-Orchester hier in Deutschland neu aufgenommen. Der Erfolg gibt ihnen Recht."

Wie ist der Regisseur zum Projekt gekommen?
"Er hat das Buch gelesen und war begeistert. Es ist sein zweiter Kinofilm. Syd Macartney ist einer der großen Werbefilmregisseure. Er hätte in der Zeit ein Mehrfaches in der Werbung verdienen können. Er hat eine großartige Arbeit geleistet. Es ist unglaublich, dass der Film in 24 Tagen gedreht ist."

Wurde die Produktion von Deutschland aus gesteuert?
"Ja. Zu 100 Prozent."

Wie hoch war der französische Anteil am Budget?<
"Der ist ganz gering. Er liegt bei fünf Prozent. Zwei Millionen Dollar kamen von den Amerikanern. Unsere zwei Millionen haben wir aufgebracht durch Eigenkapital, Filmstiftung und Bundesinnenministerium."

Kann man den Film noch als deutschen Film bezeichnen?
"Er hat ein deutsches Ursprungszeugnis. Er hat deutsche Kosten von weit über 50 Prozent und ist nach allen Definitionen ein deutscher Film."

Warum sind kaum deutsche Schauspieler zu sehen?
"Uns war von vornherein klar, dass wir nur durch ein perfektes englischsprachiges Produkt unser Geld wieder hereinkriegen. Deshalb haben wir nur an englischsprachige Schauspieler gedacht. Wir haben allerdings auch zwei deutsche Schauspieler, Christoph Orth und Michael Kausel aus 'Liebling Kreuzberg' eingesetzt."

Nach meiner Ansicht hat die Dramaturgie einige Schwächen. So gibt es im Mittelteil einen Hänger. Außerdem sind die Bösen nicht böse genug, um die Gefährdung der beiden Hauptfiguren glaubhaft zu machen ...
"In der Tat hat es etwas Märchenhaftes. Es sind keine echten Figuren, es ist eben Unterhaltung. Trotzdem ist es auf der anderen Seite nicht einfach nur pure Unterhaltung, sondern es ist schon ein Kern Wahrheit über die Bedeutung von Freundschaft drin – eines der klassischen Disney-Themen. Alle Disney-Filme handeln eigentlich von Freundschaft, Familie und Unabhängigkeit."

Liegt der Schwerpunkt mehr beim Humor oder mehr bei der Spannung?
"Das ist schwer zu sagen. Die Balance soll schon gehalten werden. Es ist also kein Film, aus dem man mit einem schalen Gefühl herausgeht, sondern so, dass man eine schöne Geschichte über die Bedeutung von Freundschaft gesehen hat."

In dem Film fällt die sorgfältige Ausstattung besonders auf.
"Der Ausstatter ist ein Deutscher, Norbert Scherer. Den haben wir vorgeschlagen. Er hat zum Beispiel die Ausstattung von 'Die Ehe der Maria Braun' gemacht und arbeitet schon seit 20 Jahren mit uns zusammen. Disney sagte aber: Kennen wir nicht, hat so was noch nicht gemacht, geht nicht. Pro forma wurde daher noch zusätzlich ein Engländer engagiert. Am Ende hat Disney aber gesagt: beim nächsten Film nur Norbert Scherer. Disney war ungeheuer misstrauisch gegenüber dem gesamten Team. Es war der erste Film, den sie außerhalb des englischsprachigen Raums koproduzierten. Am Ende haben sie anerkannt, dass man hier auf diesem Niveau produzieren kann. Ein toller Erfolg auch für das Filmland Nordrhein-Westfalen. Wir sprechen bereits über das nächste Projekt."

Betrachten Sie diese deutsch-amerikanische Kooperation als ein empfehlenswertes Muster für die Produktion von Kinderkinofilmen?
"Es ist sicher ein Weg. Ich würde Produzentenkollegen in Deutschland und anderen europäischen Ländern raten, beide Wege zu gehen: die europäischen Co-Produktionen bzw. die nationale Produktion und diesen amerikanisch-europäischen Weg. Es ist nicht der einzige Weg, aber einer, bei dem man viel lernen kann, und das strahlt dann auch wieder auf andere Produktionen aus. An Know How haben wir zweifellos sehr viel gelernt."

Interview: Reinhard Kleber

 

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