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Ausgabe 138-2/2014

"Riesengroße Verantwortung"

Gespräch mit Pepe Danquart zu seinem Film "Lauf Junge lauf"

(Interview zum Film LAUF JUNGE LAUF)

KJK: Sie sind nicht zuletzt dank der Trilogie "Heimspiel", "Höllentour" und "Am Limit" vor allem als Dokumentarfilmer bekannt. Wie kam es zu dem Spielfilm "Lauf Junge lauf"?
Pepe Danquart: Ich drehe seit Jahren immer wieder auch Spielfilme; es ist eine Frage des Stoffes, ob ich ein Thema dokumentarisch bearbeite oder in die Fiktion gehe. In diesem Fall kann man aber streng genommen gar nicht von Fiktion sprechen, denn die Ereignisse sind authentisch und ich habe versucht, mich so weit wie möglich an der wahren Geschichte zu orientieren. Grundsätzlich geht es mir immer um die große Kinoerzählung. Welche Art von Film letztlich daraus wird, ist mir eigentlich egal.

"Lauf Junge lauf" basiert auf den Lebenserinnerungen von Yoram Friedman. Hat der Stoff Sie gefunden oder Sie ihn?
Mir ist das gleichnamige Buch von Uri Orlev angeboten worden, als die Filmrechte frei wurden. Ich habe abends angefangen, es zu lesen, und konnte es nicht mehr aus der Hand legen. Am nächsten Morgen war mir klar: Das muss ich verfilmen! Es gab allerdings noch viele andere internationale Interessenten. Yoram Friedman hat sich einige meiner Filme angeschaut und sich dann für mich entschieden. Das hat mich natürlich sehr gefreut, auch wenn mir klar war, dass ich damit eine riesengroße Verantwortung übernehme; und das nicht nur, weil der Protagonist dieser Lebensgeschichte ja noch lebt.

War Friedman an der Entwicklung des Drehbuchs beteiligt?

Wir haben mehrere Male miteinander gesprochen, aber er war nicht direkt eingebunden. In dem Buch von Uri Orlev steht ja schon alles drin.

Wie findet er den Film?
Er hat "Lauf Junge lauf" bei der Weltpremiere in Warschau gesehen und hat allen versichert, er habe 95 Prozent der Handlung genau so erlebt, es sei alles authentisch, was für mich natürlich ein großes Kompliment war.

Die Besetzung der Hauptrolle war entscheidend für die Qualität des Films. Wie sind Sie bei der Suche vorgegangen?
Wir haben uns 700 Jungs angeschaut und uns schließlich für Andrzej Tkacz entschieden. Er hat mir dann erzählt, dass er noch einen Zwillingsbruder hat, Kamil, und da ich ja auch ein Zwilling bin, habe ich ihm gesagt, er soll ihn mitbringen. Äußerlich sind sich die beiden zum Verwechseln ähnlich, charakterlich aber sind sie ganz unterschiedlich: Der eine ist eher introvertiert und sensibel, der andere eher extrovertiert und gerade in Auseinandersetzungen sehr stark. Das war für mich als Regisseur natürlich ein unerhörter Glücksfall, weil ich die Rolle auf diese Weise aus zwei Darstellern zusammensetzen konnte. Beide verfügen zudem über eine enorme Ausdruckskraft, so dass sie ohne Weiteres neben ausgebildeten Schauspielern bestehen können.

Wenn Kinder in Filmen große Rollen spielen, suchen Produzenten ja oft nach Zwillingen, weil man sonst wegen der restriktiven Schutzbestimmungen nicht genügend Drehzeit hat. Was halten Sie von diesen Bestimmungen?

In Ländern wie Polen, Frankreich oder Italien geht man viel gelassener mit dem Thema um. Dass Kinder nur fünf Stunden am Drehort verbringen und nur vier Stunden drehen dürfen, das gibt es eigentlich nur in Deutschland. Aber Dreharbeiten sind für Kinder ein Riesenabenteuer, sie sammeln Erfahrungen, die sie in ihrem Leben ganz klar weiterbringen. Meine beiden Hauptdarsteller haben zwischen dem ersten und dem letzten Drehtag eine unübersehbare Entwicklung vollzogen, sie sind mit der Herausforderung gewachsen und gereift. Neben ihren Eltern waren auch Lehrer da, damit gewährleistet war, dass ihre schulischen Leistungen nicht leiden, und das ist auch nicht passiert, die beiden haben nach wie vor die besten Noten ihrer Klasse.

War es für Ihre Arbeit mit den Jungs von Vorteil, dass Sie selbst ebenfalls Zwilling sind?
Ich würde sagen, das war sogar der Schlüssel zum Erfolg, weil ich mir im Gegensatz zu einem Regisseur, der ein "Einling" ist, darüber im Klaren war, dass die beiden ihrer äußerlichen Ähnlichkeit zum Trotz ganz eigene Persönlichkeiten sind. Ich kann mich noch gut an die psychologischen Prozesse erinnern, die man als Zwilling mit ungefähr zehn Jahren durchläuft; in diesem Alter ist das Wir noch wichtiger als das Ich. Ich hatte daher einen Zugang zu den beiden, der einem "Einling" gar nicht möglich ist.

Für welche Altersgruppe haben Sie den Film gedreht?
Es war mein Ziel, ein junges Publikum zwischen 13 und 30 anzusprechen, deshalb hat der Film auch immer wieder diese heiteren Huckleberry-Finn-Momente. Die Perspektive der jungen Zuschauer hat auch Ausstattung und Bildgestaltung beeinflusst. Als Kind nimmt man Dinge ja größer wahr, als sie tatsächlich sind, deshalb wirken die Wälder so riesig. Aber natürlich richtet sich "Lauf Junge lauf" auch an ältere Zuschauer, die glauben, sie wüssten schon ganz viel über den Zweiten Weltkrieg und die nun aus der Perspektive eines Kindes einen ganz neuen Blickwinkel erleben.

Der Film hat die FSK-Freigabe ab zwölf. Ist das in Ihrem Sinn?
Ja. Gerade für Kinder wäre "Lauf Junge lauf" eine echte Herausforderung. Der nächtliche Wald ist in dem Alter noch stark angstbesetzt, und sie können die Vorstellung, sich völlig auf sich allein gestellt in einer feindlichen Welt durchschlagen zu müssen, nicht so rationalisieren wie Erwachsene.

Sie haben den Film auch Jugendlichen gezeigt. Wie war die Reaktion?
Großartig. Wir haben "Lauf Junge lauf" in einem riesigen römischen Kino zweitausend jungen Leuten vorgeführt, und die Reaktion hat mich umgehauen: Während des Films waren sie mucksmäuschenstill, danach haben sie derart frenetisch applaudiert, dass ich mir vorkam wie ein Popstar; ein sehr bewegendes Erlebnis. Kinder und Jugendliche haben einen ganz speziellen Zugang zu der Geschichte, das habe ich auch in Warschau erlebt, wo Yoram Friedman und ich den Film gemeinsam mit deutschen und polnischen Schülern gesehen haben.

Interview: Tilmann P. Gangloff

 

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