(Hintergrund zum Film BRIEFE AN ERWACHSENE)
Filmdokumentation
Inhalt:
Der Film schildert die Erlebnisse des sechsjährigen kambodschanischen Flüchtlingsmädchens Ria. – Als Ria mit ihrer Familie nach der Flucht wieder nach Hause zurückkehren kann, wird ihr Bruder von einer Mine getötet. Ria, die Tänzerin werden will, versucht Antworten auf ihre vielen Fragen zu bekommen: Warum gibt es Minen? Woher kommen sie? Gemeinsam mit ihrem Freund möchte sie möglichst vielen Menschen in der Welt berichten, wie sehr das Leben der Kinder von diesen Minen beeinträchtigt wird. Aber auch Ria gerät, trotz aller Vorsicht, auf eine Mine und verliert ein Bein.
Zum Film:
Der Spielfilm mit teilweise dokumentarischem Charakter zeigt eindrucksvoll am Beispiel dieses kambodschanischen Mädchens den Alltag von Kindern, die in minenverseuchten Gebieten leben. Der Einsatz dieser Videoproduktion muss sorgfältig vor- und nachbereitet werden. So sollten die zuschauenden Jugendlichen Informationen über den politischen Hintergrund bekommen und Möglichkeiten diskutieren, wie eine Aufklärung über die Minenproblematik stattfinden kann.
Erfahrungen der Filmemacherin auf ihrer Tournee:
(Der Film wurde an Schulen und in öffentlichen Abendveranstaltungen in Tübingen, Stuttgart, Reutlingen, Ravensburg, Blomberg, Detmold, Gnadau, Magdeburg, Weimar und Augsburg gezeigt)
"Die Schüler sind voll dabei, erstaunlich wach und konzentriert. Die Mittagsglocke hören sie nicht. – 'Schwarze Witwen, Thermosflaschendeckel, grüne Papageie, Drachenzähne, Konservendosen, Stolperdrahtminen, Schmetterlingsminen ... über 400 verschiedene Minen. Und immer wieder neue ... Hast du das gewusst?' – Erleichtertes Lachen bei der witzigen Sau im Korb, Erschauern bei der Heimkehr ins verminte Dorf. Und die Diskussion wird genauso wach geführt wie das Betrachten des Films. – 'Was können wir tun? Gibt's denn immer noch Länder, die nach diesem Film solche Minen produzieren? Könnten wir auch Briefe schreiben? An wen? Hat's denn überhaupt einen Sinn?' – Ein Mädchen möchte herausfinden, wer den Minen Namen gibt. Ein Knabe möchte genau wissen, wie eine Mine technisch funktioniert. Die zwei Stunden sind um, die Schüler rennen zum Bus. Der Alltag holt sie wieder ein.
Eine junge Mutter schildert ihre ersten Filmeindrücke: 'Ich hatte Angst um das kleine Mädchen Ria bis zum Schluss. Jeder Schritt machte mir Herzklopfen. Immerzu musste ich an meinen Sohn denken. Er geht in den Kindergarten und hat am liebsten, wenn im Fernseher geschossen wird. Wachsen unsere Kinder nicht auch mit der Gewalt auf? Diese Filmgeschichte berührt mich sehr, ist ganz anders. Ich kann nur schweigen, nicht klatschen. Was kann ich als Mutter tun?'
Ich weiß nicht, ob das gut ankommt, warnt mich eine Lehrerin: 'Es hat ein paar ganz schwierige Jungs in dieser Klasse. Die werden herumalbern.' Also trete ich ganz nah vor die harten Jungs hin, und sie werden schnell weich, als ich vom Leben der 16-jährigen Soldaten in ihrem Alter erzähle, wie so ein verminter Alltag aussieht, wie einer der Soldaten seinen besten Freund im verminten Feld verloren hat und was ich in den Krankenhäusern alles gesehen und erlebt habe.
'Weshalb haben Sie diesen Film gemacht?' fragt mich ein neugieriger Junge aus Vietnam. 'In der Hoffnung, dass Du und Ihr alle immerzu Fragen stellt im Leben, dass keiner von Euch je in eine Munitions- oder Waffenfabrik arbeiten geht, dass Ihr informiert seid, was auf der Welt geschieht, damit Ihr darüber sprecht, immer wieder.' Ich möchte wissen, ob er noch Kontakt pflegt und welchen Bezug er zu seinem Heimatland hat: 'Ich will da nicht mehr hin. Vietnam ist primitiv!'
Die Erwachsenen erzählen, die Kinder stellen vor allem Fragen: 'Weshalb dürfen die Deutschen Minen herstellen? Weshalb verkaufen die, legen die immer weiter Minen? Kann das niemand verbieten? Ist der Film eine wahre Geschichte? Ist der Kleine wirklich gestorben und haben die von der Filmgruppe alle überlebt? Metall-, Plastik-, Hightechminen? Das schreibe ich an die Schulhaustüre, damit es alle erfahren. Und ich schreibe es in die Schülerzeitung.' "
Alice Schmidt
Minenproduktion in Deutschland:
Der Minenwerfer Skorpion der Firma Dynamit Nobel verfügt zum Beispiel über 30 Minenmagazine mit 600 Minen und kann in nur zehn Minuten eine 1.500 Meter lange Minensperre anlegen. Die Menschenrechtsorganisation "medico international" hat herausgefunden, dass mindestens elf Firmen in Deutschland an der Herstellung von Minen beteiligt sind. Neben Dynamit Nobel in Troisdorf, das als führendes Unternehmen in dieser Branche gilt, werden genannt: Buck Werke (Bad Reichenhall und Neuenburg), Deutsche Aerospace DASA (München), Diehl GmbH & Co. (u.a. Nürnberg), Gerätebau Brieselang (Falkensee / Brieselang), Honeywell-Regelsysteme (Maintal bei Frankfurt a. M.), Kuko Schweißanlagen & Roboter GmbH (Augsburg), MLRS / Europäische Produktionsgesellschaft (Ottobrunn), Rheinmetall (Berlin), Sensys AG (Neuss / Uedesheim), Wegmann & Co. (Kassel).
Quelle: "Global lernen", Service für LehrerInnen Nr. 2/1995, c/o Brot für die Welt, Stafflenbergstr. 76, 70184 Stuttgart, Tel. 0711-21590
Weitere Informationen zum Film "Briefe an Erwachsene" bei:
EZEF (Evangelisches Zentrum für entwicklungsbezogene Filmarbeit), Kniebisstr. 29, 70188 Stuttgart, Tel. 0711-9257750, Fax 0711-9257725.
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