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Ausgabe 68-4/1996

"Es ging mir einfach um eine emotionale Geschichte"

Gespräch mit Igor Zaritzki zu seinem Spielfilm "Game Over" während des Internationalen Kinder- und Jugendfilmfestivals in Frankfurt am Main

(Interview zum Film GAME OVER)

KJK: Wo wurde der Film gedreht?
Igor Zaritzki: "In Berlin, in Brandenburg, in Potsdam, bei Schönefeld und Hamburg."

Wie lange haben die Dreharbeiten gedauert?
"Wir haben 35 Tage gedreht. Am Tag war die Drehzeit zum Teil ziemlich lang, weil wir im Kinoformat 35mm gedreht haben, relativ wenig Geld hatten und die Infrastruktur nicht so ausbaufähig war. Wir mussten uns eben viel Zeit lassen zum Aufbauen und Einleuchten. Die Schauspieler konnten ja nur fünf Stunden am Tag drehen."

Wie hoch war das Budget?
"Das waren 650.000 Mark."

Sie haben das Drehbuch selbst geschrieben – gibt es einen autobiografischen Hintergrund?
"Autobiografisch nicht, aber biografisch. Es gibt eine wahre Geschichte, die einem Freund von mir passiert ist. Dessen Vater ist von Berlin nach Köln gegangen, als der zwei Jahre alt war, und hat sich auch nie mehr gemeldet. Der Freund ist dann allein mit der Mutter aufgewachsen. Als er etwa 25 Jahre alt war, ist er nach Köln gefahren und hat den Vater ausfindig gemacht. Sie haben sich kennen gelernt. Es war eine sehr gespannte Stimmung. Der Vater wollte sich ein bisschen erklären. Aber es gibt einfach keine Erklärung dafür, wenn man so weggeht und sein Kind im Stich lässt. Sie haben sich krampfig unterhalten. Dann ist mein Freund wieder nach Berlin gefahren. Sie haben auch weiterhin keinen Kontakt."

Welche Bedeutung hat denn der Filmtitel?
"Der Originaltitel war: Am Rande der Stadt. Damit hatte das ZDF, das koproduziert hat, Probleme. Sie sagten, das klingt wie die RTL-Serie 'Das Krankenhaus am Rande der Stadt'. Dann haben wir lange überlegt und sind auf den Titel 'Game Over' gekommen, weil nach dem Film für den Helden quasi das Spiel vorbei ist und das wahre Leben beginnt. 'Game Over' ist auch ein Begriff aus der Videospiel-Welt, und Videospiele haben im Film ja eine kleine Bedeutung."

Das Festival empfiehlt den Film ab 13 Jahren. Sind Sie damit einverstanden?
"Ja, warum nicht. Ich glaube schon, dass die Kids heute viel aufnahmefähiger sind als man so ahnt. Ich habe den Film auch zwölf Jahre alten Kids gezeigt und die kamen zum Teil mit ganz interessanten Fragen. Die hatten auch keine Probleme bei kleinen Sexszenen, im Gegenteil, die sind so aufgeschlossen und weit entwickelt, dass man sich wundern kann."

Haben Sie den Film denn für ein junges Publikum hergestellt?
"Das spielte keine große Rolle. Ich wollte eine spannende Geschichte erzählen, eine emotionale Geschichte, die die Zuschauer – seien es Kinder oder Erwachsene – bewegt. Es sind viele Elemente im Film drin, die die Kids ansprechen, und solche, die die Erwachsenen ansprechen. So haben alle etwas vom Film und jeder kann sich das rausziehen, was ihn anspricht."

Ist der Film schon im Fernsehen gelaufen?
"Es gab bisher nur eine Ausstrahlung im ZDF am 7. Juli 1996. Wir hatten eine sehr gute Einschaltquote – rund 1,2 Millionen Zuschauer, für Sonntagabend ist das sehr gut."

Wird der Film auch ins Kino kommen?
"Es gibt Gespräche mit kleinen Verleihern, die Interesse gezeigt haben. Aber jeder weiß, dass es sehr schwierig ist mit deutschen Filmen, wenn es nicht gerade Komödien sind. Wir reden mit den Verleihern und schauen, wer das beste Konzept zeigt."

Dachten Sie schon beim Schreiben ans Kino?
"Beim Schreiben war's mir klar, dass es mehr eine Fernsehgeschichte ist. Deshalb bin ich mit dem Projekt zum Fernsehen gegangen und nicht zu einem Kinoproduzenten. Es gibt eine Fernsehdramaturgie in dem Film. Im Kino muss man nicht alles erzählen und lässt gewisse Freiräume für die Zuschauer. Bei 'Game Over' habe ich wenige Freiräume gelassen, was auch ganz schön ist, denn die Kids verstehen alles und ich lasse keine Fragen offen."

Der Kontrast zwischen Ost und West spielt ja eine gewisse Rolle – war das für Sie ein wichtiges Thema?
"Nein, ein radikales Nein. Ich hab auch erst mal überlegt, ob ich diese Ost-Thematik reinbringen soll, weil es mir darum gar nicht ging. Es ist ja kein Ost-West-Film. Es gibt gewisse Elemente, zu denen ich stehe. Es ging mir einfach um eine emotionale Geschichte. Ich habe nach einem kleinen Mikrokosmos gesucht. Das lag dann zum Schluss auf der Hand, dass man es im Osten ansiedeln muss, wo die Zeit ein bisschen stehen geblieben ist, wo der Junge allein für sich ist und nicht in so einer riesengroßen Stadt aufwächst. Der Film konnte schlecht in Berlin oder Frankfurt spielen."

Ist denn die Identitätsgeschichte des Jungen wichtiger als die Liebesgeschichte?
"Ich habe auch beim Schreiben überlegt, wie setzt man das Gewicht, und versucht, einen Balanceakt zu vollbringen. Die Liebesgeschichte dramaturgisch so zu gestalten, dass sie spannend bleibt, und die Geschichte mit der Mutter so aufzubereiten, dass sie interessant bleibt."

Welche Rolle spielt die Musik?
"Eine sehr große. Mit Musik kann man eben Stimmungen erzeugen, Emotionen rauskitzeln beim Zuschauer. Ich liebe gute Musik im Kino und im Fernsehen. Es war so konzipiert, dass wir radikal mit einer Rap-Geschichte in den Film einsteigen und dann, wenn die emotionalen Szenen kommen, auf die klassische Ebene rübergehen. Ich hatte einen tollen Komponisten – Christoph Örtel aus Berlin – und das Glück, das Rias-Jugendorchester zu bekommen. Das sind so zwanzig Jungen und Mädchen im Alter zwischen zwölf und sechzehn. Die haben die Musik in drei Tagen eingespielt."

Wie hast Du die jungen Hauptdarsteller gefunden?
"Ich habe ein halbes Jahr vor dem Drehbeginn angefangen, Kinderdarsteller zu suchen. Ich habe einige Kinder-Agenturen in Berlin angeschrieben, habe Anzeigen geschaltet. Der Radiosender Kiss FM und die Zeitschrift Tip unterstützten mich. Ich habe mir um die 300 bis 400 Jungs und Mädchen angeguckt. Es musste eine Harmonie zwischen dem jugendlichen Hauptdarsteller und dem Vater entstehen – der musste ihm auch ein bisschen ähnlich sehen – und auch zwischen der Mutter und dem Mädchen. Der Richard Kropf war schon bei dem Vorstellungsgespräch sehr selbstsicher und witzig. Mit ihm machte ich Videoaufnahmen, ließ ihn improvisieren und lesen. Danach habe ich den Rainer Vinkelvoss, der den Vater spielt, eingeladen, und wir probierten zusammen. So nahm ich ihn dann, und er hat seinen ersten Langspielfilm gemacht."

Und wie lief es bei der jungen Hauptdarstellerin?
"Im Prinzip genauso, aber nicht so aufwendig. Die Isabell Gerschke wohnt in Potsdam und spielt und unterrichtet Ballett. Die traf ich über eine Frau, die Kinder castet. Es war unproblematisch, als ich sie gesehen habe. Wichtig war, die Eltern kennen zu lernen. Denn es ist unglaublich schwierig, wenn die Eltern den Regisseur nicht unterstützen."

Interview: Reinhard Kleber

 

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