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Ausgabe 69-1/1997

"Für einen Kinderfilm muss außergewöhnlich intensive Verleiharbeit geleistet werden"

Gespräch mit Clara Burckner und Horst Conradt, Basis-Film Verleih Berlin, zum Film "Die Spur der roten Fässer" im Dezember 1996

(Interview zum Film DIE SPUR DER ROTEN FÄSSER)

KJK: Am 25. April 1996 hatte Kai Wessels Kinderfilm "Die Spur der roten Fässer" Premiere. Warum haben Sie sich für diesen Film besonders engagiert?
"Für eine Autorenfilm-Firma wie Basis-Film war die langfristige Zusammenarbeit mit unseren Filmemachern immer einer unserer wichtigsten Grundsätze. In diesem Fall kommt die langjährige Zusammenarbeit mit dem Produzenten Ottokar Runze noch hinzu, der auch schon die beiden ersten Kinofilme von Kai Wessel, 'Martha Jellneck' und 'Das Sommeralbum', zu uns in den Verleih gab. So kannten wir also das Drehbuch schon von der ersten Fassung an und wussten, dass von einem Filmemacher, den wir schätzen, sicherlich ein guter Film zu einem wichtigen Thema zu erwarten war. – Unsere ersten Kinderfilmerfahrungen haben wir übrigens vor Jahren mit 'Die Kinder aus Nr. 67' gemacht, der damals ein richtiger Erfolg war – allein in Berlin sahen ihn über 40.000 Kinder, weil wir dank einer Verleihförderung der FFA und des Kuratoriums junger deutscher Film sehr intensiv für diesen Film arbeiten konnten. Wobei wir gleich beim Hauptproblem sind: Für einen Kinderfilm muss außergewöhnlich intensive Verleiharbeit geleistet werden."

Haben Sie für "Die Spur der roten Fässer" wieder eine Verleihförderung bekommen?
"Ja, wir hatten das große Glück, dass Marieanne Bergmann, die ja sehr viel von Verleih versteht, sich dafür eingesetzt hat, dass die Hamburger Filmförderung und das Filmboard Berlin-Brandenburg für diesen Film eine für Basis-Film besonders hohe Verleihförderung bewilligten. Normalerweise arbeiten wir ja mit sehr kleinen Budgets. Für 'Die Spur der roten Fässer' jedoch gaben uns diese beiden Förderungen 550.000 DM, allerdings mit der Auflage, dass wir 100.000 DM Eigenmittel investieren mussten. Mit dieser Förderung sollten im Rahmen eines Pilotprojekts Erfahrungen gesammelt werden, unter welchen Bedingungen auch ein anspruchsvoller deutscher Kinderfilm in den Kinos kommerzielle Auswertungschancen haben kann."

Wie haben Sie den Kinostart vorbereitet, welche Begleitmaterialien haben Sie erstellt?
"Dank der Verleihförderung konnten wir zwei Mitarbeiterinnen für sechs Monate zusätzlich einstellen, die vor allem die umfangreichen Materialien zum Film konzipierten. In Previews für Kinder haben wir getestet, welche Altersgruppe der Film anspricht und wie demzufolge die Materialien zum Film aussehen müssten. So ist z. B. auch eine Kinderfilmzeitung für die Zielgruppe der 7- bis 12-Jährigen (Auflage 350.000 Stück) entstanden, die sechs Wochen vor Start in allen 55 Startkinos auf roten Fässer-Aufstellern in den Kinos auslag. In dieser Kinderfilmzeitung rief die BUNDjugend die Kinder dazu auf, Mitglied in einem Club der Umwelt-Detektive zu werden. Für die Lehrer wurde eine pädagogische Arbeitshilfe entwickelt und bundesweit an alle Schulen der Städte geschickt, in denen der Film terminiert war. Empfehlungen z. B. der Schulsenatorin in Berlin und des Präsidenten des Deutschen Kinderhilfswerks unterstützten diese Einsätze.
Für die Pressearbeit, für die eine Presseagentur bezahlt werden konnte, wurden z. B. neben der Pressemappe auch eine CD/CD-ROM und Presskits mit Interviews, Filmausschnitten und fertigen Sendeteilen für Funk und Fernsehen erstellt, womit regional und bundesweit Presse, Funk und Fernsehen den Film ankündigen konnten. Auch die Anzeigenschaltung konnte einer Werbeagentur übertragen werden. Und jedes Kino in der Bundesrepublik wurde mit einem eigens konzipierten Kinoprospekt angeschrieben, mit dem wir nicht nur den Film ankündigten, sondern auch, mit welchen Werbemaßnahmen und Verleihinitiativen wir den Einsatz dieses Kinderfilms unterstützen würden. Die Reaktion der Kinos war jedoch leider so, dass sich ausgerechnet die Kinos, die sich für Kinderfilm besonders engagieren, nicht für 'Die Spur der roten Fässer' interessierten, was vermutlich auch darin begründet war, dass das Kinderfilmfest der Berlinale die Uraufführung abgelehnt hatte und es vorzog, lieber mal wieder gar keinen deutschen Kinderfilm zu zeigen.
Mit großer Anstrengung gelang es uns dann zum Glück jedoch, den Film einzelnen Disponenten großer Kinoketten zu zeigen und diese zu motivieren, den Film in ihr Programm zu einem bundesweiten Start in 55 Kinos zu nehmen. Das war natürlich nur möglich, weil Film und Ausstattung diese Kinodisponenten überzeugten. Mit den Kinos wurde dann der Start geplant und zwar so, dass z. B. unsere Kinderfilmzeitung während des Einsatzes von 'Toy Story', vor dem unser 'Fässer'-Trailer lief, die Kinder im Kino zusätzlich auf 'Die Spur der roten Fässer 'neugierig machen sollte."

Hat Ihre Überlegung, sich an die "Toy Story" "anzuhängen", funktioniert?
"Nein, überhaupt nicht."

Und die Zusammenarbeit mit der BUNDjugend und den Schulen? Hat die sich bewährt?
"Beides hat nicht geklappt. Der gesamte Schulversand blieb ohne jede Reaktion, obwohl es doch wirklich nur wenige Filme gibt, die geeignet sind, den Kindern auf unterhaltsame Weise das Thema 'Umwelt' nahe zu bringen."

War der Kinostart erfolgreich? Entsprach er Ihren Vorstellungen oder sind Sie eher enttäuscht von den Besucherzahlen?
"Der Start war keineswegs erfolgreich, sondern sehr enttäuschend und deprimierend, wenn man bedenkt, was wir im Vorfeld alles getan haben. In vielen Kinos wurde der Film schon nach der zweiten Woche abgesetzt, ohne die Chance für einen längeren Einsatz zu bekommen. Also ehe sich überhaupt herumsprechen konnte, dass da ein besonderer Film gezeigt wird, gab es ihn schon nicht mehr. Inzwischen gibt es allerdings auch erfolgreiche Kino-Einsätze – in der Regel jedoch in den Kinos, die bereits ein besonderes Kinderkino-Programm pflegen und die ermäßigte Eintrittspreise für Kinderfilme anbieten, was in den Start-Kinos z. T. nicht der Fall war. Die Einsätze werden natürlich nach wie vor von uns besonders betreut, u. a. durch Anschreiben der Schulen, die in diesen Kinos auch in Sondervorstellungen den Film gern besuchen.
In Berlin lief der Film in den Startkinos katastrophal, anschließend jedoch im Broadway-Kino noch 20 Wochen im täglichen regulären Kinderkino und ist auch heute dort noch im Einsatz für Schulvorstellungen. Auch in vielen anderen Berliner Kinos lief der Film dann erfolgreich, so dass er insgesamt 33 Wochen ohne Unterbrechung seit Start in Berlin im täglichen Kinoprogramm zu sehen war. Also, mit viel Geduld und Engagement ist es uns nach Monaten doch gelungen, den Film durchzusetzen. Denn immerhin haben inzwischen über 60.000 Kinder den Film gesehen, was für einen deutschen Kinderfilm sicherlich ein Erfolg ist."

Kann und muss man bei deutschen Kinderfilmen auf Langfristigkeit setzen?
"Ja, unbedingt. Wir haben eindeutig erfahren, dass der Kinderfilm eine viel längere Auswertungszeit benötigt als jeder andere Film."

Welche Voraussetzungen müssen Ihrer Meinung nach geschaffen werden, damit der deutsche Kinderfilm in unserer Kinolandschaft eine Chance hat?
"Die Deklassierung des Kinderfilms muss aufhören und zwar in allen Bereichen. Vor allem: Produktion und Verleih von guten Kinderfilmen müssen als eine besondere kulturpolitische Aufgabe gesehen, anerkannt und gefördert werden, und sie dürfen nicht an den herrschenden Bedingungen des Kinomarkts, bei dem es nur um den kommerziellen Erfolg geht, gemessen werden. Die Bedürfnisse und Sehgewohnheiten werden im Kindesalter geprägt, das weiß jeder, und auch, wie heute schon die Kinder von der Filmindustrie als Konsumenten missbraucht werden, aber niemand fühlt sich dafür verantwortlich, wenn es ums Geldverdienen an der Kinokasse geht. Das ist das Problem. Um dem entgegenarbeiten zu können, müssten engagierte Verleiher unterstützt werden, die bereit sind, sich für gute Kinderfilme auch langfristig einzusetzen."

Zum Beispiel durch eine angemessene Verleihförderung. Wie kann die wirksam eingesetzt werden?
"Indem den Verleihern eine Mindestgarantie für jeden Einsatz eines guten deutschen Kinderfilms aus dem großen Förderungstopf der FFA sicher ist und zwar ohne jede Einschränkung, wie sie jetzt schon wieder von der FFA geplant wird. Auch müssten die Richtlinien bei der Verleihförderung für Kinderfilme so geändert werden, dass Personalkosten für Verleiharbeit selbstverständlich als Vorkosten anerkannt werden, weil gute Kinderfilme nachweislich besonders intensiver Verleihbetreuung bedürfen."

Werden Sie bald wieder einen Kinderfilm in den Verleih nehmen
"Nichts lieber als das."

Interview: Barbara Felsmann

 

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