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Ausgabe 74-2/1998

PRINZESSIN MONONOKE

MONONOKE HIME

( zum Film PRINZESSIN MONONOKE)

Produktion: Studio Ghibli / Tokuma Shoten Publishing Co. / Nippon Television Network / Dentsu Inc.; Japan 1997 – Regie und Buch: Hayao Miyazaki – Animation: Hayao Miyazaki, Nizo Yamamoto, Naoya Tanaka u. a. – Kamera: Atsushi Okui – Schnitt: Hayao Miyazaki, Takeshi Seyama – Musik: Joe Hisaishi – Länge: 133 Min. – Farbe – Verleih: Buena Vista (35mm) – Alterseignung: ab 10 J.

Vor langer Zeit töteten die Menschen den Großen Gott des Waldes. Er besaß menschliche Gesichtszüge und den Körper eines wilden Tieres. Den Grund kennt das Menschenmädchen San, das vom Wolfsgott Moro aufgezogen wurde und zur Prinzessin Mononoke heranwuchs, die die Sprache der Tiere versteht. Entschlossen kämpft sie gegen die Menschen, die in den Wald einfallen und dessen Bodenschätze rücksichtslos ausbeuten. Ihre Hauptgegner sind die Bewohner einer Siedlung, die Eisenerz schmelzen und zu Waffen schmieden. Zwischen die Fronten gerät der junge Krieger Ashitaka, der ein Wundermittel für seine böse Wunde sucht, die ihm ein Amok laufender Dämon beigebracht hat, den er bei der Verteidigung seines Dorfes im Norden des Landes getötet hat. Da der niedergestreckte Dämon ein Tiergott war, lastet seitdem ein Fluch auf dem Krieger. Mononoke und Ashitaka scheinen füreinander bestimmt zu sein, doch ihre Interessen liegen weit auseinander. Außerdem mischen im Kampf um den Wald noch weitere Parteien mit, so eine große Schweinebande, die unter Führung des mächtigen Ebergotts Otsukotonushi nicht nur eine Offensive gegen die Menschen beginnt, sondern auch den Wolfsgott Moro hasst.

Mit seinem 133 Minuten langen Zeichentrickfilm hat Hayao Miyazaki, Japans berühmtester Animationsregisseur, an den Kinokassen seiner Heimat sämtliche Hollywood-Hits geschlagen: "Prinzessin Mononoke" ist mit 13 Millionen Zuschauern der erfolgreichste japanische Zeichentrickfilm aller Zeiten und in Japan der erfolgreichste Film überhaupt. Geschickt kombiniert Miyazaki Motive mittelalterlicher Heldensagen und moderner Ökologie zu einem effektvollen Fantasy-Epos. Im Hinblick auf die Überlänge gab sich Miyazaki auf der diesjährigen Berlinale, wo sein Film als Sondervorführung im Wettbewerb lief, zuversichtlich. Auch in Japan hätten Kritiker zuerst gewarnt, dass der Film vor allem für Kinder zu lang sei. Dennoch hätten gerade Kinder zum enormen Erfolg des 20 Millionen US-Dollar teuren Films beigetragen. Eine Ursache für den sensationellen Erfolg sieht er in der ökologischen Thematik. Er habe versucht, sich in heutige japanische Kinder hineinzuversetzen, die oft das Gefühl hätten, in einer verschmutzten Umwelt aufwachsen zu müssen.

Der 1941 in Tokio geborene Regisseur trat 1963 als Zeichner in die Dienste der Trickfilmabteilung des Toei-Studios, heute das größte Zeichentrickstudio Asiens. Als Chefanimator war er unter anderem an der "Schatzinsel"-Adaption von Kei Iyima und Hiroshi Ikeda (1971) und der "Heidi"-Serie beteiligt. 1978 führte er erstmals Regie bei dem TV-Animationsfilm "Mirai shonen Conan". 1985 gründete Miyazaki das Ghibli-Studio.

Während die beiden Hauptfiguren auch jüngeren Zuschauern vielfältige Ansätze zur Identifikation bieten, bleibt die Phalanx der zahlreichen übrigen Figuren unübersichtlich. Es mag an westlichen Sehgewohnheiten liegen, aber warum nun gierige Affen und riesige Wildschweine, wilde Samurai und fleißige Arbeiter und ein gigantischer Hirschgott gegeneinander kämpfen, wird allzu oft nicht verständlich. Irritationen dürfte das turbulente Spektakel beim Disney-Standard gewohnten Familienpublikum aber mehr noch wegen der drastischen Gewaltszenen hervorrufen, etwa wenn der Kriegerheld mit Pfeil und Bogen und Zauberkräften im Arm seinen Widersachern Köpfe und Gliedmaßen vom Rumpf wegballert. In der japanischen Kultur Japan mögen derartig brutale Darstellungen keine Unruhe auslösen, in Europa stellen sie jedoch ein Handicap dar. Ob die putzigen Kobolde, die farbenfrohe Animation und das aufgesetzt wirkende, versöhnliche Ende dies wettmachen können, bleibt zweifelhaft.

Reinhard Kleber

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 86-2/2001 - Filmbesprechung - PRINZESSIN MONONOKE

 

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Ausgabe 74-2/1998

 

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