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Ausgabe 9-1/1982

TOLLWUT

Produktion: Astral-Film, BRD 1981 – Regie: Ilse Hofmann – Buch: Jürgen Breest – Kamera: Axel Block – Schnitt: Rolf Basedow – Musik: Andreas Köbner – Darsteller: Thomas Tolksdorf (Olli), Tilmann Hähle (Micki), Claus Eberth (Herr Oldenburger), Ingeburg Kanstein (Frau Oldenburger), Eberhard Feik (Herr Fredemann), Kornelia Boje (Frau Fredemann) – Länge: 102 Min. – Farbe – 35 mm: Astral-Film, Hiltenspergerstr. 32, 8000 München 40

Der Film erzählt die Geschichte von Olli und Micki, zwei 13-jährigen Jungen, deren Freundschaft an der Unversöhnlichkeit der Eltern zerbricht. Ollis Vater ist ein "Aufsteiger" aus der Elektrobranche, angestrengt und unbeherrscht. Mickis Vater ein souverän wirkender Bildungsbürger, der sein Hobby zum Beruf gemacht hat: er spielt Geige. Sie wohnen Wand an Wand in einer Reihenhaussiedlung. In ihrer schichtenspezifischen Spießigkeit stehen sich die beiden in nichts nach. Mickis Eltern präsentieren ihren Wohlstand lässig unterkühlt – frei nach dem Motto: Über Geld spricht man nicht, das hat man. Sie zeigen vornehme Lebensart vom gestylten Bettbezug des Sohnes bis hin zur silbergrauen Seidenbluse der Mutter, passend zu ihrem Haar und zum Fell des Pudels. Der Alltag von Ollis Eltern hingegen ist von Geldproblemen bestimmt. Sie wissen kaum, wovon sie den Kinderwagen für das dritte Kind bezahlen sollen, ganz zu schweigen von der erdrückenden Schuldenlast des Hauses. Trotzdem: Ein neues Auto muss her, ein Rennrad für Olli – schon, um es den "feinen Pinkels" von nebenan zu zeigen.

Die Kinder können sich auf Dauer dem elterlichen Denken und Handeln nicht entziehen. Die Probleme der Väter werden schließlich zu ihren eigenen. So ist ihre Freundschaft immer härter werdenden Belastungen ausgesetzt. Olli spürt, dass Micki sich innerlich absetzt von ihm, fühlt sich unterlegen, weil er nicht auf dem Gymnasium ist, keine Freundin hat, weniger weiß und weniger besitzt. Er versucht, Micki zu halten, und sei es mit Gewalt. Aus dem anfänglichen spielerischen Kräftemessen wird ein verbissener Kampf – nicht nur körperlich, auch materiell. Micki gibt an mit dem, was er hat – Olli mit dem, was er vorgibt, zu haben. Die Geschichte eskaliert, als die Siedlung zum Tollwut-Sperrbezirk erklärt wird ...

Allein auf einer Insel wären Micki und Olli die besten Freunde, was in so gefühlvollen Szenen wie in ihrem Baumversteck, auf der Wippe am Spielplatz und beim gemeinsamen Pilze sammeln sichtbar wird. Aber in der scheinbar wohlanständigen, heilen Welt einer Eigenheimsiedlung am Stadtrand bleibt ihnen schließlich keine Chance, vorurteilsfrei miteinander umzugehen.

 

Gudrun Lukasz-Aden/Christel Strobel

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 9-1/1982 - Interview - "Tollwut" – ein Film, der in keine gängige Kategorie passt

 

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Ausgabe 9-1/1982

 

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DAS DOPPELTE LOTTCHEN – 1950| KLEINER MANN, WAS TUN| TOLLWUT|

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Hofmann, Ilse - "Tollwut" – ein Film, der in keine gängige Kategorie passt|

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Können Kinderfilme alt werden? Oder: "Das doppelte Lottchen" heute|


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