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Ausgabe 9-1/1982

"Tollwut" – ein Film, der in keine gängige Kategorie passt

Gespräch mit Ilse Hofmann über ihren neuen Film

(Interview zum Film TOLLWUT)

Wir haben die Arbeitskopie des neuen Films von Ilse Hofmann gesehen. "Tollwut" zeichnet sensibel und realistisch die Gefühlswelt und das Milieu von zwei 13-jährigen Jungen – ein perfekt gemachter Jugendfilm, der bei Jugendlichen wie bei Erwachsenen gleichermaßen ankommen dürfte. Doch Ilse Hofmann geht es wie manchen anderen Regisseuren von Kinder- und Jugendfilmen: Sie hat Schwierigkeiten, einen Verleih zu finden. Die Verleihfirmen Filmverlag der Autoren, Filmwelt und Prokino haben abgelehnt – ein Termin bei Basis-Film stand bei Redaktionsschluss noch aus.

KJK: Was ist, wenn wieder ein 'nein' kommt?
Ilse Hofmann: "Ich bin zum ersten Mal mit dem Problem konfrontiert, dass ich etwas gemacht habe und keiner es haben will. Bisher habe ich nur fürs Fernsehen gearbeitet, da waren alle zufrieden, fanden's wunderbar und großartig – und es wurde gesendet. Und bei 'Tollwut' sieht es aus, als würde der Film nie den Weg ins Kino finden."

Mit welchen Begründungen wurde der Film von den Verleihern abgelehnt?
"Das ist ja gerade das Frustrierende, dass er nicht mit Qualitäts-, sondern mit wirtschaftlichen Argumenten abgelehnt wird. Man sagt mir: Wir müssen 50.000 Besucher haben, um Plus-Minus herauszukommen. Das ist bei einem Jugendfilm kaum zu schaffen. Ich kann das nicht beurteilen, weiß nicht, wie ehrlich die Leute zu mir sind, ob sie das vielleicht nur vorschieben, um sich um inhaltliche Kritik zu drücken. Erst wird der Film hoch gefördert, weil er ein Jugendfilm ist – und dann wird er aus denselben Gründen nicht in einen Verleih genommen."

Wer hat den Film gefördert?
"Das ZDF, die Hamburger Filmförderung, die Berlin-Förderung, die spezielle Kinderfilmförderung vom Kuratorium junger deutscher Film und vom BMI. Insgesamt hat der Film über eine Million DM gekostet."

In welcher Kategorie soll der Film laufen?
"Er läuft unter Jugendfilm, und das Problem scheint mir zu sein, dass er als Jugendfilm kein Geschäft verspricht. Denn eigentlich passt er in keine gängige Kategorie. Es gibt die kleinen, 'schmutzigen' Filme – dilettantisch von der Technik her, und es gibt die großen tollen Filme. 'Tollwut' ist eine kleine Geschichte, aber er ist technisch perfekt gemacht, und damit scheinen viele Leute Schwierigkeiten zu haben. – Ich habe viele Filme mit Kindern gemacht, aber es sind eher Filme für Kinder und Erwachsene, auch 'Die Ilse ist weg' war ein solcher Film: Er lief erst im Nachmittags-, kurze Zeit später im Abendprogramm des Fernsehens."

Wie möchtest Du Deinen neuen Film gestartet wissen?
"Man könnte ihn z. B. in Stadtrandsiedlungen gut einsetzen und in Zusammenarbeit mit Schulen und Jugendclubs. Ich versuche immer wieder, herauszufinden, was Kinder gerne sehen, und sie sagen alle, dass sie auch mal Filme sehen wollen, die etwas mit ihrem Alter zu tun haben. 'Tollwut' ist so ein Film. Aber bis sich herumgesprochen hat, ist er – falls er mal im Kino läuft – schon weg. Das ist eine Sache, die man längerfristig planen müsste, weil ein gezielter Einsatz Zeit braucht. Man muss sich selbst drum kümmern und 'wirbeln'. Ein gutes Beispiel ist "Die Kinder aus Nr. 67'"

Wo hast Du die beiden Hauptdarsteller, Thomas (Olli) und Tilmann (Micki) gefunden?
"Ich habe mit 350 Kindern Probeaufnahmen gemacht, das ist normal. Da gibt es verschiedene Wege: Man kann von Schule zu Schule wandern und die Kinder ansprechen. Dann wird meist noch in einer Tageszeitung eine Aktion gestartet. Die beiden Jungen in meinem Film kamen nicht über die Zeitung, ich habe sie selbst gefunden. Dabei habe ich nicht nach dem Elternhaus gefragt, aber ihre Herkunft stimmte mit den Filmrollen genau überein: Thomas kommt aus einfachen Verhältnissen und hat mehrere Geschwister, Tilmanns Vater ist Rechtsanwalt, und sie wohnen in Pöseldorf (Hamburgs Prominentenviertel)."

Hast Du diesen Film mit den Kindern zusammen entwickelt?
"Nein, das mache ich nie – im Gegensatz zu Gloria Behrens z. B. ('Die Kinder vom Hasenberge', 'Rosi und die große Stadt'), die ihre Projekte mit Kindern zusammen erarbeitet."

Arbeitest Du gern mit Kindern?
"Ja, schon. Die Arbeit mit Kindern ist immer sehr direkt. Man muss nicht versuchen, sich vorsichtig an sie heranzutasten. Übrigens, es ist erstaunlich, wie schnell die Kinder den technischen Ablauf begreifen. Da bin ich jedes Mal wieder fasziniert. Sie sind fünf Minuten dabei, und schon wissen sie, wie alles läuft.
Kinder lassen sich nicht schauspielerisch führen: Entweder stimmen sie auf den Punkt, oder es wird nichts. Das hat Vor- und Nachteile. Ich mache keine Mätzchen mit den Kindern, wenn sie nicht wollen, dann eben nicht, dann wird die Szene auf den nächsten Tag verschoben."

Deine Film-Kinder sind allesamt Laien. Besteht da nicht die Gefahr, dass sie nach Beendigung der Dreharbeiten Mühe haben, in ihren Alltag zurückzufinden?
"Das ist kein Problem. Ich versuche immer, zu allen Kindern den Kontakt auch nach der Drehzeit aufrechtzuerhalten, aber das klappt meistens nicht. Für die Kinder ist die Geschichte mit dem letzten Drehtag abgeschlossen, sie gehen dann wieder in ihren Alltag zurück. Für sie war es eine tolle Erfahrung, ein Spaß und eine Gaudi – mehr nicht. Außerdem: Es ist Vorschrift, einen pädagogisch ausgebildeten Betreuer für die Kinder dabei zu haben. Diesmal hatten wir damit besonders Glück. Er hat das toll gemacht, er glich Temperamente aus, spielte in den Pausen Fußball mit ihnen und fing Konflikte auf. Dazu wäre ich nur begrenzt fähig."

Man hat über "Tollwut" bisher nichts gehört. Warum hast Du z. B. nicht schon während der Dreharbeiten Öffentlichkeitsarbeit gemacht?
"Ich wollte den Wirbel so gering wie möglich halten, schon um die Kinder nicht unnötig aufzuregen. Deshalb gab's keine Interviews und Reportagen während der Dreharbeiten. Ob das richtig war, kann ich nicht beurteilen ..."

Gudrun Lukasz-Aden/Christel Strobel

 

Ilse Hofmann (geb. 1949), war eine der ersten Absolventinnen der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film (1968-71). Danach arbeitete sie zwei Jahre als Regieassistentin beim WDR, von dem sie auch ihre nächsten Regie-Aufträge bekam ("Winterreise", "Die Ilse ist weg", "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl", "Die Welt in jenem Sommer"). "Tollwut" erscheint als Buch in der rororo-Reihe 'Rotfuchs'.

 

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