(Interview zum Film DER STEINERNE FLUSS)
KJK: "Der steinerne Fluss" ist ein sehr phantasievoller und poetischer Film, der sich doch sehr von den herkömmlichen Sehgewohnheiten der Kinder absetzt. Damit ist ja auch ein gewisses Risiko verbunden.
Thorsten Näter: "Das bin ich bewusst eingegangen; ich wollte einen Film machen, der nicht der verlängerte Arm der Sesam-Straße im Kino ist. Meine Vorstellung war ein Film von Kindern für Kinder, aber dabei wollte ich nicht gleich vergessen, was ich über Filmsprache gehört und gelernt habe, und was ich selbst daran liebe. Es existieren bei uns zu wenige Kinderfilme, somit auch zu wenige Vorbilder, an denen man sich orientieren kann. Man muss also seinen eigenen Weg, seine eigene Sprache finden und nicht auf gängige Klischees schielen. Für mich ist das der Weg eines poetischen Realismus, der auch phantastische Elemente oder künstliche Überhöhungen bei der Charakterisierung von Personen nicht scheut. Darin liegt gewiss auch ein Risiko."
Idee und Buch stammen von dir, wie kamst du zu dem Stoff?
"Das sind eigentlich zwei Geschichten. Zum einen hatte ich schon lange ein Bild im Kopf: Ich gehe hier in Berlin einen Hügel hinauf, durch eine grüne Landschaft, und plötzlich wächst das Märkische Viertel vor mir aus dem Boden, wie ein fremder Planet. Und dann wollte ich mit den beiden Kindern – es sind die Kinder meiner Schwester – schon immer einen Film machen. Die Geschichte hat sich natürlich im Lauf der Zeit stark verändert, sie ist mit den Kindern und den aktuellen Entwicklungen mit gewachsen, aus dem Märkischen Viertel ist inzwischen eine Autobahn geworden."
In welchem Maße waren die Kinder in das Konzept mit einbezogen?
"Das Buch ist sehr stark von ihnen geprägt, von ihrer Sprache, ihren Umgangsweisen. Weniger beteiligt waren sie an der Entwicklung und Ausarbeitung der Geschichte direkt; erst später, als es um die Inszenierung ging, stellten sie ein wichtiges Korrektiv dar."
Konnten sie sich denn in der Geschichte wiederfinden?
"Ja, das haben sie beim Lesen der Geschichte bestätigt. Das war mir auch wichtig, es sollte eine für Kinder nachvollziehbare Sache sein, deswegen stehen im Angelpunkt des Konfliktes immer Menschen, die ihnen bekannt und vertraut sind. Zwar wird von Autobahnen oder Bäumen gesprochen, schlussendlich geht es aber um den Zauberer Rudi und seine Tiere oder um Annas Vater, zu dem eine Beziehung besteht. Ich wollte, dass es eine ganz sinnliche Geschichte bleibt, die nicht mit vielen Ideologien voll gepackt wird, eine Geschichte über eine wünschenswerte Form von Lebensqualität. Eigentlich ist es ein exemplarischer Film, denn der Konflikt hätte auch anders aussehen können. Was er aber sagen will: Man darf sich nicht von Zahlen und Fakten blenden lassen, sondern muss sich seine Menschlichkeit bewahren."
Lässt du den Schluss bewusst offen?
"Der Film will keine fertigen Lösungen anbieten, die es gar nicht gibt, er will – auf eine kindgerechte Ebene transformiert – einen kleinen Ausschnitt des beharrlichen Widerstandes zeigen, der langsam eine immer breitere Basis bekommt und sich mitunter sehr phantasievoller Formen bedient, die auch für Kinder adäquat sein können."
Das Gespräch führte Thomas Thiel
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Filmografie:
Thorsten Näter, 1974-78 Studium an der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF), München, seit 1978 Arbeit als Autor, Cutter und Regisseur.
Filme: "Wolfgang & LO", 1975 – "Bits", 1976 – "Die Einbürgerung", 1976 – "Die Verwandlung", 1977 – "Märzlicht", 1978 – "Familientag", 1978 – "Der steinerne Fluss", 1982.
Arbeit als Cutter bei folgenden Produktionen: "Perle de Karibik", 1980/81 – "Jetzt und alles", 1980 – "Schnelles Geld", 1981 – "Kamikaze", 1981/82.
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