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Ausgabe 17-1/1984

"Franzl greift ein"

(Hintergrund zum Film FRANZL GREIFT EIN)

GESCHICHTE DES DEUTSCHEN KINDERFILMS (1945 – 1970)

Das Projekt "Geschichte des deutschen Kinderfilms" wird von der Stiftung Kuratorium junger deutscher Film, Wiesbaden, finanziell gefördert.

Anmerkung: Das Projekt "Geschichte des deutschen Kinderfilms" wird durchgeführt vom Kinderkino München e.V., die Filmvorführungen finden im 'Kinderkino Olympiadorf/forum 2' statt.

Kurzinhalt

Der Film besteht aus vier Episoden, in denen gezeigt wird, wie der Bergbauernjunge Franzl verschiedene Situationen meistert: Zuerst schlägt er Schafdiebe in die Flucht, dann gewinnt er bei einer Bubenfuchsjagd ein paar neue Ski, danach gerät Franzl in Gefahr, da er allein versucht, eine Bergwand zu erklimmen, schließlich rettet er einige Kinder, die auf einem Floß flussabwärts treiben.

Kritik zum Film

"Wolfgang Gorter, Berg-, Ski- und Kulturfilmer, hat unter den erschwerten Bedingungen der Nachkriegszeit in 1 1/2jähriger Arbeit den Film 1948 fertig gestellt. Er wurde 1950 auf der Biennale in Venedig mit dem ersten Preis für Kinderfilme ausgezeichnet. Die frische, natürliche Lebendigkeit des kleinen Helden hat nicht den leisesten Beigeschmack eines Kinderstars. Die Bilderwelt des Milieus ist bodenständig echt und heute schon eine Oase in einer durch den Massentourismus veränderten Landschaft und Kultur. Gorter, selbst Alpinist mit Erstbesteigungserfahrungen in Europa und Asien, hat auch in diesen Film investiert, wofür seine Filme preisgekrönt wurden: Leidenschaft für sein Metier und höchste Ansprüche an Präzision und Bravour in der Gestaltung. Stoff und Umwelt des Films liegen zwar abseits der Erfahrungswelt, in der Kinder heute aufwachsen, aber nicht jenseits ihrer zeitlosen Abenteuerlust und Identifikationen mit einer Figur, die der eigenen Kindheitsstufe zugehörig ist, wie Erfahrungen in Kindervorstellungen bestätigen. Der Film ist ein unaufdringliches Lehrbeispiel, wie sich Tapferkeit und Imponiergehabe voneinander unterscheiden und wie das Leben selbst zum spannenden Spielfeld werden kann.

Paula Linhart

Stellungnahme der Kommission: Vier Episoden aus dem Leben und Milieu eines zwölfjährigen Hirtenjungen in den bayerischen Bergen und seiner tapferen Bewährung und Hilfsbereitschaft im Alltag und in Gefahrenlagen. Ein sehenswerter Kinderfilm mit Abenteuerluft, milieuecht und spannend inszeniert. – Ab 6."
(Aus 'film-dienst' 15/1981)

Auszüge aus der Dokumentation des Kinderkino München

(Der Film wurde im Kinderkino Olympiadorf eingesetzt und zusammen mit dem Regisseur diskutiert.)

"Der Film gefiel mir sehr gut, der Franzl hat eine Menge Schneid gehabt, der war immer zur Stelle, wo es was zu helfen gab. Für das, was er geleistet hat, stellte er keine Ansprüche, er hat das freiwillig getan und das finde ich gut von ihm. Bei der Fuchsjagd ging es ihm ums Fahren und nicht um die Ski."

Die Kinder wollten auch genau etwas über die Rettung der Kinder auf dem Floß erfahren: Wieso Franzl die Kinder gerettet hat, warum die Kinder einfach mit dem Floß losgefahren sind und vor welcher Gefahr der Franzl sie gerettet hat (Wehr, Brückenpfeiler, Felsen usw.).

Eine Reihe weiterer Fragen wurde gestellt, unter anderem wollten die Zuschauer sehr viel über Franzl erfahren: "Wie sind Sie eigentlich dazu gekommen, mit diesem Jungen einen Film zu drehen? Sind Sie auf eine Alm gegangen und haben ihn dort entdeckt?" – Der Regisseur erzählte, dass er Franzl in einer Schulklasse gefunden hat. Daraufhin hat er sich die Genehmigung der Eltern geholt und ist an den Drehort ins Karwendelgebirge gefahren. Wenn die Drehzeiten nicht in die Ferien fielen (was aber meistens der Fall war), bekam der Junge Nachhilfeunterricht, und die Eltern waren damit auch einverstanden.

Ein Mädchen wollte wissen, was denn aus dem Franzl geworden ist. Wolfgang Gorter berichtete, dass er heute unter seinem richtigen Namen, Hans Vonderthann, erfolgreich beim Berchtesgadener Bauerntheater spielt. Außerdem erzählte der Regisseur, dass er immer mit Laiendarstellern gefilmt hat (unter den einfachsten Bedingungen): "Es ist psychologisch sehr interessant, wenn man Naturmenschen vor der Kamera hat. Man glaubt gar nicht, wie begeistert die mitspielen, wenn man das nicht suggeriert, sondern wenn der Regisseur selber mitspielt. Die Naturvölker sind überhaupt die besten Schauspieler."

Nachdem Gorter den Kindern erzählt hatte, wie die Schlussszene mit dem Amerikaner zustande kam, fragte ein Junge, was er denn gemacht hätte, wenn ihm anstatt des Amerikaners ein Russe über den Weg gelaufen wäre. – "Ja, den hätte ich auch genommen. Russen sind sehr feine Menschen. Ich war oft in Russland, das ist ein wundervolles Volk. Das darf man nicht mit der Politik verwechseln."

Bewertung

Wolfgang Gorter ist es gelungen, ein realistisches, eindrucksvolles Bild vom Leben eines armen zwölfjährigen Jungen in den Bergen zu vermitteln. Den Kindern gefiel der Film, und besonders das Leben des Franzl löste fast so etwas wie Neid bei ihnen aus. Auch hier machten wir die Feststellung, dass die jugendlichen Zuschauer erstaunt reagieren, wenn in Filmen Kinder gezeigt werden, die die Gestaltung ihres Lebens selbst übernehmen. Dies kann ihnen wiederum Mut machen, auch selbst eigenständiger zu werden. Insofern ist dies ein positives Beispiel für einen Kinderfilm. Allerdings bedeutet der starke bayerische Dialekt, der im Film gesprochen wird, eine gewisse Einschränkung für einen Einsatz außerhalb des süddeutschen Raums. Aufgrund unserer Erfahrung empfiehlt es sich, auf den Dialekt hinzuweisen, damit die Kinder darauf vorbereitet sind, wenn sie das eine oder andere Wort bzw. Satz nicht ganz verstehen. Trotzdem erschließen sich die Geschichten des Films für jeden Zuschauer.

Informationen zum Regisseur

Wolfgang Gorter (geb. 23. Juni 1908), dessen Filmschaffen bis in die 30er-Jahre zurückgeht, war der erste Deutsche, der nach dem Kriege von den Besatzungsmächten die Erlaubnis erhielt, Filme herstellen und öffentlich vorführen zu dürfen. Seine Filme und Fernsehsendungen entstanden stets mit großem persönlichem Einsatz. "Es gelang Gorter mit Filmen wie 'Franzl greift ein', den Menschen im zerschlagenen Deutschland wieder die Bergwelt in die kaputten Säle zu bringen." – Gorter gilt als Extrem-Alpinist, der neben eigenen Expeditionen, u. a. im afghanischen Hindukusch auch Polar-Filmexpeditionen zum nördlichen Eismeer unternahm.

In den 20er-Jahren begegnete er Luis Trenker und wurde dessen Freund und zeitweiliger Mitarbeiter. Seit 1936 ist Gorter als Berg-, Ski- und Kulturfilmkameramann und -regisseur tätig. Bis heute erhielt er ca. 25 internationale Auszeichnungen. Mit fast 70 Jahren vollbrachte er eine physische Glanzleistung: Als Kameramann begleitete er ohne Sauerstoffgerät die Iranisch-Japanische Himalaya-Expedition 1976 zum 8156 m hohen Manaslu.

Wolfgang Gorter lebt in Bad Tölz und München.

Hans Strobel

 

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