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Ausgabe 27-3/1986

"Am liebsten würde ich die Welt retten"

Janosch

(Interview zum Film JANOSCH'S TRAUMSTUNDE – Serie)

Janosch, 55 Jahre, nach eigenem Bekunden menschenscheu, wagte sich unter Menschen. Wir sprachen mit dem Schriftsteller und Zeichner, der sich vor sechs Jahren auf eine Insel zurückgezogen hat, anlässlich eines Besuchs in München. Wir trafen auf einen Mann mit Widersprüchen, der gar nicht so behaglich und herzig denkt und spricht, wie er zeichnet und schreibt.

KJK: In Ihren Geschichten verbreiten Sie das Gefühl von Wärme und Harmonie. Hatten Sie eine glückliche Kindheit?
Janosch: "Meine Kindheit war schrecklich, wie ein Haus ohne Grundmauern – ein Gefühl, das mir heute noch gegenwärtig ist. Wenn man eine Phase im Leben nicht erlebt hat, muss man sie nacherleben. Sonst kommt man nicht in Ordnung. Das, was ich hätte erleben wollen, ist in meinen Büchern. Ich schreibe für mich und nicht für die Kinder."

Sie leben auf Teneriffa, weit weg von den Menschen in einem selbst entworfenen Haus, wo genügend Platz für eigene Kinder wäre. Warum haben Sie keine?
"Meine Kindheit ist Grund genug, keine eigenen Kinder zu haben. Eltern sind immer überzeugt, ihren Kindern das Beste zu geben. Auch meine Eltern waren überzeugt, dass ich das schönste Leben der Welt hätte."

Inzwischen gibt es über 100 Bilder- und Kinderbücher von Ihnen, übersetzt in 77 Sprachen. Wie hoch ist die Gesamtauflage?
"Das weiß kein Mensch. Wozu soll man das wissen? Keiner erzählt einem das. Ich habe eines Tages alles vergessen, was früher war. Es lohnt nicht, man stopft sich den Kopf mit Zahlen voll. Wozu? Geld habe ich genug ..."

Sind Sie ein einfacher Verhandlungspartner, wenn es um die Rechte an Ihren Büchern geht, um die Vermarktung Ihrer Figuren, kurz wenn es ums Geld geht, von dem Sie genug haben?
"Fragen Sie mal beim WDR nach ... Eine Woche waren die bei mir und haben mit mir geredet. Ich habe den Preis immer weiter in die Höhe zu ziehen versucht, erst kurz bevor das Flugzeug abflog, habe ich unterschrieben, und das hat genau gereicht, um mir das Haus auf Teneriffa zu bauen. Ich piesacke die Leute aus Gemeinheit. Geld ist keine Motivation für mich, aber ich gebe den Leuten zurück, was sie mir früher (nicht) gegeben haben. Ich pokere so hoch es nur geht."

Stört Sie nicht die Vermarktung, die Kommerzialisierung, die mit Ihnen und Ihren Werken getrieben wird? Bär und Tiger auf T-Shirts, Postkarten und anderes, was man nicht unbedingt braucht ...
"Mich stört es nicht. Vermarktung ist eher gut als schlecht. Ich bekomme ja Geld dafür."

Sind Sie eigentlich zuverlässig?
"Zuverlässigkeit ist meine einzige Krankheit! Ein zuverlässiger Mensch ist furchtbar, man kann sich immer darauf verlassen, dass er funktioniert, er ist berechenbar."

Wie gefällt Ihnen "Janosch's Traumstunde", die dreizehnteilige Fernsehserie aus der Egenolf & Jeske-Produktion?
"Die können besser zeichnen als ich! Es ist unendlich schwer, einen solchen Film zu machen. Die Musik ist sehr schön, aber mir sind viele der Folgen zu ruhig, ein bisschen mehr action wäre gut. Es sollte wahrscheinlich ein Gegengewicht zu Walt Disney sein, und es ist für mich ein bisschen zu ruhig, mal sehen, bei den nächsten ..."

Wie groß war Ihr Einfluss?
"Leider nicht allzu groß, weil ich soweit weg wohne ..."

Haben Sie das Endprodukt gesehen?
"Zwischendurch kamen die (Egenolf & Jeske) schon mal vorbei, brachten Filme mit, die sind aber jetzt anders. Vielleicht erreichen wir, wenn wir zwanzig Folgen machen, ein Spitzenprodukt."

Ein Grund für Sie, öfter nach Köln zu reisen?
"Nee, nee ..."

Obwohl Ihre Geschichten einen realistischen Hintergrund haben – am Ende bleibt doch immer ein Gefühl von heiler Welt.
"An sich würde ich lieber die grausame Welt schildern, aber das kauft niemand. Die Leute wollen ein Gegengewicht zur Realität. Sobald ich eine Geschichte mit einem schlechten Ausgang gemacht habe – denn grundsätzlich geht ja alles schlecht aus im Leben, nur drei von tausend kommen gut durchs Leben – ging das nicht. Also gut, die Leute wollen es gut haben, und so geht's auch gut aus."

Fühlen Sie sich eigentlich verkannt?
"Ich fühle mich grundsätzlich verkannt, habe das Gefühl, dass die Leute gar nicht wissen, worum es geht. Zum Beispiel der 'Hase Baldrian', da wird gesagt, am Ende ist er wieder der Dumme. Das ist total falsch verstanden."

Baldrian, ein Hase, der sich nicht wehrt, der keine Ansprüche hat, der sich selbst genug ist, ein weiser Narr, der die wundersam-friedfertige Wirkung, die von ihm ausgeht, nicht einsetzt. Identifizieren Sie sich mit ihm?
"Der Hase Baldrian ist meine Lieblingsfigur."

Auch Sie haben sich zurückgezogen auf eine Insel – ist das ein Rückzug von der Realität?
"Eine Art Selbstschutz. Denn wenn ich hier bin, gerate ich in einen unheimlichen Zorn. Ich engagiere mich zu stark – das ist es. Am liebsten würde ich die Welt retten."

Und wie?
"... Die Mütter sollten mal auf ihr eigenes Glück verzichten, aber kaum eine kommt auf die Idee, dass sie ihrem Kind das Leben rettet, indem sie es nicht gebiert. Ich möchte wetten, dass die Welt zu retten wäre, wenn die Mütter sagten: Wenn ihr nicht aufhört mit den Atombomben, gibt's keine Kinder mehr."

 

Das Gespräch führten Gudrun Lukasz-Aden und Christel Strobel

 

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