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Ausgabe 11-3/1982

MEISTER EDER UND SEIN PUMUCKL

Produktion: Infafilm, BRD 1980 – Regie: Ulrich König – Buch: Ellis Kaut und Ulrich König, nach dem Spiel von Ellis Kaut – Kamera: Horst Schier – Musik: Howard Carpendale – Darsteller: Gustl Bayrhammer (Meister Eder), Pumuckl (Zeichentrickfigur; Stimme: Hans Clarin), Helga Feddersen (Frau Steinhausen), Hugo Eindinger (Butler), Gisela Uhlen (Gräfin), Wolfgang Völz, Margot Mahler, Willy Harlander, Maria Stadler, Erni Singerl, Ludwig Schmid-Wildy – Länge: 84 Min. – Farbe – 35mm: Filmwelt, München – FSK: ab 6, ffr. – Deutsche Erstaufführung: 2.4.82

In Meister Eders Schreinerwerkstatt geschehen merkwürdige Dinge: Werkzeug verschwindet, Nägel fallen plötzlich zu Boden, Töpfe bewegen sich. Meister Eder glaubt zunächst, das sei wohl das Werk einer Maus. Als sich der Leimtopf zu bewegen beginnt, holt er folglich mit dem Holzhammer aus, schlägt dann aber doch nicht zu, weil der Unruhestifter ein kleiner Kobold ist: der Pumuckl, der für Meister Eder sichtbar geworden ist, weil ein ehernes Koboldgesetz verlangt, dass ein Kobold dem Menschen sichtbar wird, dem er auf den Leim gegangen ist.

Meister Eder erzählt im Wirtshaus seinen Freunden von der erstaunlichen Entdeckung, aber die Freunde glauben ihm nicht. Ein besonders ungläubiger Nachbar wird da von dem für ihn unsichtbaren Pumuckl schnell eines besseren belehrt. Obwohl die Streiche des kleinen Kobolds für den Schreinermeister gelegentlich strapaziös sind, entsteht zwischen den ungleichen Partnern eine Freundschaft. Bei Ausflügen aus der Schreinerei sorgt der rothaarige Pumuckl für allerlei Aufregung. Aber nachdem er im Schloss einer Gräfin alle Uhren angehalten, den Butler der Gräfin geärgert und eine Hochzeitsfeier in ein chaotisches Happening verwandelt hat, kehrt der Pumuckl immer wieder in die Geborgenheit der Ederschen Schreinerei zurück, wo er – zum Happy End – von neuen Streichen träumt.

Die Geschichte vom Pumuckl war vor diesem Film seit vielen Jahren aus Hörfunk, Büchern und von Schallplatten bekannt. Die Verfilmung musste sich also an bestimmte Vorgaben halten. Das heißt, der Pumuckl konnte als eine mit Realfilm zu kombinierende Trickfilmfigur nicht frei interpretiert werden, sondern musste sich in Form und Farbigkeit an existierenden Plattenhüllen und Buchillustrationen orientieren. Aus diesem Grund kann man dem Film die Buntheit seiner Hauptfigur nicht zum Vorwurf machen. Man hätte aber bei dem für den Film gemachten Aufwand vielleicht erwarten dürfen, dass die Farben der Trickfigur der Beleuchtung der Realszenen bei Tag oder Nacht etwas angepasst werden. Für einige Kombinationsszenen von Trick- und Realfilm hätten sich vielleicht auch noch wirkungsvollere Möglichkeiten ausdenken lassen. Insgesamt gesehen ist die Kombination der beiden Aufnahmetechniken jedoch gelungen, so dass der Film als solcher "funktioniert".

Zum Gelingen der Geschichte trägt vor allem natürlich bei, dass weder die Pumuckl-Stimme von Hans Clarin noch Gustl Bayrhammer als Meister Eder fehlen. Ohne diese beiden vertrauten Bezugspunkte würde die Geschichte vom Pumuckl einfach nicht stimmen. Auch die Struktur der zugrunde liegenden Erzählung wurde weitgehend beibehalten, so dass man durchaus von einer werkgetreuen Verfilmung sprechen kann, auch wenn die Nebenrollen eher unter Wert verkauft werden. Aber wer könnte schon einen Kobold an die Wand spielen?

Zwei Dinge waren für mich bei diesem Film überraschend: Zum einen, dass die Handlung im Herzen Münchens spielt. So exakt platziert hatte ich die Handlung von den Hörspielen nicht in Erinnerung. Vielleicht hatte ich das auch nur vergessen. Zum anderen fiel mir bei der Verfilmung deutlicher eine Verwandtschaft der Erzählung zu "Pinocchio" auf. Im Film ist der Pumuckl für den alten Meister Eder fast so eine Art Ersatzsohn wie das hölzerne Bengele für den alten Meister Gepetto. Auch die Suche nach dem plötzlich verschwundenen Pumuckl weist Parallelen zu "Pinocchio" auf, auch wenn sie weniger drastisch verläuft. Diese Dimension der Geschichte war bei den Hörspielen weniger deutlich. Sie sorgt im Film für einige gute Szenen.

Der Gesamteindruck ist, dass das moderne Hörfunk-Kindermärchen vom Pumuckl ziemlich werkgetreu auf die Leinwand gebracht wurde. Der Film ist zwar nicht unbedingt ein Meisterwerk der Filmkunst, aber er ist doch immerhin so unprätentiös und handwerklich solide, dass der herbe Charme der Vorlage weitgehend gewahrt worden ist. Das allein ist schon fast mehr, als man zu erwarten hoffte. Und da der Film ohne Hauruck-Humor auskommt und nicht von einem Gag zum anderen hetzt, ist er bei aller Behäbigkeit ein gemütlicher, vergnüglicher Unterhaltungsspaß mit zwei Hauptfiguren, die nahezu ideale Identifikationsfiguren für Jung und Alt darstellen.

Wolfgang J. Fuchs

 

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