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Ausgabe 12-4/1982

"Das Königreich der Diamanten"

Interview mit Satyajit Ray

(Interview zum Film KÖNIGREICH DER DIAMANTEN)

Ray's neuer Kinderfilm "Das Königreich der Diamanten" (1980) lief im Programm des 8. Internationalen Kinderfilmfestivals in Frankfurt/M.

KJK: Wie sind Sie dazu gekommen, Filme für Kinder zu machen?
Satyajit Ray: "'Die Abenteuer von Goopy und Bagha' hatten eigentlich den Zweck, endlich meinen Sohn Sandig einmal zufrieden zu stellen, der damals noch ein kleiner Junge war. Er hat sich immer beklagt, dass meine Filme nur für Erwachsene und dazu noch so grimmig, so ernst waren. Es war ein ziemlicher Erfolg und die Tatsache, dass es kaum Filme für Jüngere gab, hat mich bewogen, von Zeit zu Zeit Filme für Kinder und Jugendliche zu machen."

Wie muss nach Ihrer Meinung ein Film sein, um bei Kindern anzukommen?
"Filme, die auch von Kindern gesehen werden sollen, müssen viel Leben haben und zeigen, müssen klar gezeichnete Personen beinhalten und sich mit einfachen, verständlichen Ereignissen auseinander setzen. Solche Filme können es sich nicht leisten, zu nachdenklich oder analytisch zu sein."

Filme, die sich einer allgemeineren Ausdrucksweise bedienen, werden oft als besser geeignet für Erwachsene angesehen, weil sie vielleicht mehr auf soziale, moralische und politische Aspekte des Lebens eingehen. Bei Ihnen würden wir z. B. "Goopy und Bagha" und "Das Königreich der Diamanten" als solche Filme ansehen. Sind diese Filme für Sie Kinderfilme, und wenn ja, warum?
"Natürlich müssen Kinderfilme – wie Kinderbücher – auch Erwachsene ansprechen. Diese Filme müssen also mehrschichtig sein; auf der einen Seite sollen die Kinder richtig darauf eingehen können, ohne das Gefühl haben zu müssen, etwas 'verpasst' zu haben, während die Erwachsenen sich auf einer anderen Ebene damit auseinander setzen. Von meinen vier Kinderfilmen gehören 'Goopy und Bagha' sowie 'Das Königreich der Diamanten' zu dieser Art, wobei da noch als Attraktion und Erleichterung für die Kinder Lieder mit einfachen und leicht zu erinnernden Melodien dazukamen."

Diese beiden Filme übermitteln einige Botschaften. Glauben Sie, dass die Kinder sie direkt herauslesen können?
"Ich glaube schon, dass Kinder ziemlich gut solche Botschaften verstehen, wenn sie mit grundsätzlichen Fragen wie Krieg und Frieden, Reichtum und Armut und ähnlichem zu tun haben. Es kann sein, dass sie das nicht unbedingt auf aktuelle Probleme beziehen, wie das Erwachsene können, aber das ist auch nicht notwendig."

Allgemein hält man Phantasien und Fabeln für die Ausdrucksformen und Bereiche von Kinderfilmen. Zwei Ihrer Filme sind nun im Kriminal- und Detektivmilieu angesiedelt, die zwei anderen im Reich der Fabeln. Aber auch in diesen beiden Filmen geht es sehr realistisch zu: Die Geschichte und Personen spielen in unserer Welt. Sie bevorzugen für Ihre Kinderfilme eine Mischung aus Wirklichkeit und Phantasie, warum?
"Meine zwei Detektivgeschichten sind vor einem aktuellen, realen Hintergrund aufgebaut. Phantasien können offensichtlich nicht in bestimmte Zeiten verlagert werden und müssen wie Zaubergeschichten wirken."

Glauben Sie eigentlich, dass Kinderfilme erzieherisch sein sollten? Falls ja, wie versuchen Sie das zu machen?
"Eigentlich sind alle meine Detektiv- und Phantasiegeschichten erzieherisch, weil sie vollgestopft sind mit Informationen – über Leute, Plätze, Geschichte, Geografie, Archäologie, Zoologie usw. Die Detektivgeschichten behalten diesen Charakter – mit dem Unterschied, dass ein Großteil der Information, die vorher verbal war, nun visuell geliefert wird."

In Ihren Kinderfilmen sind die Hauptdarsteller meistens Erwachsene, wo gegen in einigen Ihrer Filme für Erwachsene die Hauptpersonen Kinder sind. "Pikoo" ist ein Beispiel dafür. Wie erklären Sie das?
"Es ist ja nun nicht unbedingt so, dass in Kinderfilmen auch Kinderdarsteller beteiligt sein müssen. Kinder sind durchaus in der Lage und auch glücklich, sich mit älteren Personen zu identifizieren, wenn die einen grundsätzlich klaren Charakter haben – wie z. B. 'Goopy und Bagha'".

Das Gespräch mit Satyajit Ray führten Ajo Kumar Dey, Generalsekretär der indischen Federation of Film Societies und S. V. Raman vom Goethe-Institut Max Mueller Bhavan, Calcutta

 

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