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Ausgabe 111-3/2007

DER KLEINE KÖNIG MACIUS

Produktion: Studio88 GmbH / Saxonia Media GmbH / Studio Orange Reklamy / KI.KA/Der Kinderkanal ARD/ZDF / Home Made Movies, in Koproduktion mit Hessischer Rundfunk, Disney Channel France, Telewizja Polska; Deutschland / Frankreich / Polen 2007 – Regie: Lutz Stützner, Sandor Jesse – Buch: Hans-Werner Honert, Ines Keerl, Bernd Roeder-Mahlow – Artdirektion und Figurendesign: Lutz Stützner – Schnitt: Reinhard Schütz – Musik: François Élie Roulin – Stimmen: Otto Sander, Hans Teuscher, Hans-Peter Korff, Peer Augustinski, Dieter Hallervorden, Eva Kryll u. a. – Länge: 83 Min. – Farbe – Verleih: Senator – Altersempfehlung: ab 5 J.

Ab 20. September hüpft "Der kleine König Macius" über die große Kinoleinwand. In die Herzen kleiner Fernsehgucker hat er sich schon 2002 geschlichen, als der Kinderkanal die erste Staffel der 26 jeweils knapp halbstündigen Trickfilmfolgen zum ersten Mal ausstrahlte. Das bewährte Duo Sandor Jesse und Lutz Stützner führt auch bei der Kinoadaption Regie, allerdings im Rahmen einer internationalen Koproduktion.

Knapp neun Jahre zählt der kleine Macius, als sein Vater, der König, stirbt und er die Nachfolge antreten soll. Sein Lehrer und Freund, Erasmus, ermutigt das traurige Kind dazu. Sogleich beginnt ein finsterer kriegslüsterner General an seinem Thron zu sägen und lässt den Berater entführen. Macius nimmt die Verfolgung auf. Dabei trifft er auf die Kinder Felix, Anton und Hanna. Sie helfen ihm, Erasmus zu befreien. Macius träumt von einer besseren Welt für die Kinder – mit Verständnis, Liebe, Schokolade und Spielzeug. Dazu beruft er ein Kinderparlament ein, das nun über die Geschicke des Landes entscheiden soll. Das führt zu einem Tohuwabohu im ganzen Land. Dann droht auch noch das Nachbarland, in dem die Kinder dieselben Rechte wünschen, aus diesem Grund mit Krieg. Krieg sei das schlimmste aller Übel – das hat Macius' Vater immer gesagt. Leider kann Macius die Kinder und seine Freunde nicht davon überzeugen. Der General reibt sich die Hände. Doch in letzter Minute lässt sich das Schlimmste noch abwenden.

Die Kinder beschließen, nur noch über Dinge zu entscheiden, die sie scheinbar überblicken können, etwa einen Tierpark einzurichten. Aus dem fernen Tungupungu sollen Elefanten, Löwen und Affen geholt werden. Was Macius und seine Freunde allerdings nicht ahnen: dort gibt es auch Menschenfresser. Zum Glück stellt sich heraus, dass die Eingeborenen nur so tun als ob sie Kannibalen seien, um Feinde abzuschrecken. So reist Macius samt seinem Tross und vielen wilden Tieren per Schiff zurück in die Heimat, nicht ohne unterwegs noch weitere Abenteuer zu bestehen.

Aus dem Jahr 1923 stammt die komplexe abenteuerliche Geschichte um den Jungen, der sein Land zum Wohl der Untertanen reformieren wollte. Der deutsche Titel lautete ursprünglich "König Hänschen I." Der unter dem Pseudonym Janusz Korczak berühmt gewordene Verfasser gilt als einer der bedeutendsten Pädagogen des 20. Jahrhunderts. Man kann den Namen nicht nennen, ohne daran zu denken, dass der jüdische Pole 1942 gemeinsam mit den Kindern seines Warschauer Waisenhauses in den Gaskammern der Nazis ermordet wurde. Schon in seinen Jugendjahren engagierte sich Korczak für benachteiligte Kinder in den Armenvierteln Warschaus und ebenfalls früh begann er, sozialkritische Schriften zu publizieren. Mit "Wie liebt man ein Kind" (früher als "Wie man ein Kind lieben soll" übersetzt) und "Das Recht des Kindes auf Achtung" rief er die Erwachsenen zur Achtung und zum respektvollen Umgang mit der nachfolgenden Generation auf.

Bei allem Verständnis für die schwierige Marktlage wünscht man sich doch, die Produzenten des Kinofilms hätten den Mut gehabt, einen Familienfilm zu entwickeln, der nicht nur Motive aus Korczaks weltberühmten Kinderroman "Der kleine König Macius – Eine Geschichte in zwei Teilen für Kinder und Erwachsene" aufnimmt, sondern deren spannende, zeitlose Inhalte wirklich umzusetzen sucht. Stattdessen entschied man sich, die Zielgruppe der Kleinsten ins Visier zu nehmen. Daraus folgt ein nahezu episodenhaftes Erzählen. Obwohl es in der Figur des Generals, Macius' Widersacher, einen roten Faden gibt, könnte man den Film auch in Häppchen zeigen. Die Gestaltung wurde mit den riesigen Köpfen auf Winzkörpern ebenfalls kindlichen Vorlieben angepasst. Stärkere Licht- und Schattenwirkungen sowie 3-D-Elemente im Unterschied zur Fernsehserie tragen der großen Leinwand Rechnung. Die Hintergründe wirken insgesamt aufwändiger, wechseln aber vom Stil her. Im Palast des kleinen Königs erscheinen sie ganz schlicht, oft monochrom flächig, in späteren Szenen wie auf der fernen Insel detailliert mit 3-D-Tiefenwirkung.

In sich ist der Film ganz stimmig geraten und bietet kleinen Kindern harmlose Unterhaltung. Beim Internationalen Trickfilm Festival Stuttgart, wo die Kinoproduktion außer Konkurrenz seine Premiere feierte, schwärmten die wenigen in der Abendvorstellung anwesenden Kids hinterher vor allem von den munteren Songs. Das mag nicht das primäre Ziel der Filmemacher gewesen sein, zeigt aber, dass sie durchaus wissen, was Kindern gefällt.

Ina Hochreuther

 

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Ausgabe 111-3/2007

 

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Interviews

- Gespräch mit der erfolgreichen Münchner Kinderfilmproduzentin Uschi Reich| Anner, Eitan - "Die Spitze des Eisbergs"| Bollók, Csaba - "Wenn wir in ihr Gesicht sehen, dann erblicken wir ihr Leben"| Buck, Detlev - Gespräch mit Detlev Buck| Lechner, Norbert - Gespräch mit Norbert Lechner über sein Kinderfilmdebüt "Toni Goldwascher"| Müntefering, Gert K. - "Kinderfernsehen braucht eine provokante Seite, um wahrgenommen zu werden" | Schmidt, Manfred - "Wenn es ein gesellschaftlicher Wunsch ist, dass Kinder sich mit Filmen auseinander setzen, dann müssen wir dafür auch etwas tun"|


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