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Ausgabe 75-3/1998

DIE SEEKÖNIGIN

JEZERNI KRALOVNA

Produktion: ARTOKO Filmproduktion München / BR / CNTS-Nova Film TV / InFilm Prag; Deutschland / Tschechische Republik 1997 – Regie: Václav Vorlícek – Buch: Milos Macourek, Václav Vorlícek, nach Motiven aus "Der Schwanensee" von Peter Tschaikowski – Kamera: Rudolf Blahacek – Schnitt: Dalibor Lipsky – Musik: Ondrej Soukup – Darsteller: Max Urlacher (Prinz Viktor), Jitka Schneiderová (Prinzessin Odette), Ivana Chylkova (Seekönigin), Jan Niklas (König Richard), Sunnyi Melles (Königin) u. a. – Länge: 86 Min. – Farbe – Weltvertrieb: CD Entertainment Inc., 1603 South Bedford Street. Los Angeles, CA 90035-4410, USA, Tel. 001-310-2058999, Fax 001-310-8581025 – Altersempfehlung: ab 6 J.

Der Blick auf einen von herrlichen Wäldern umgebenen See, dessen Wellen die Spitze eines Turmes umspülen, eröffnet Václav Vorlíceks neuen Film "Die Seekönigin". Sieben Mädchen in weißen Kleidern schwimmen an die Wasseroberfläche und verwandeln sich in Schwäne ... Ein schöner, poetischer Anfang für einen Märchenfilm.

In diesem geheimnisvollen Gewässer regiert die Seekönigin. Sie hat für sich beschlossen, einen Mann zu heiraten, um nicht nur unter Wasser, sondern auch auf dem Lande herrschen zu können. Ausgesucht hat sie sich Prinz Viktor, und um eventuelle Konkurrenz auszuschalten, sperrt sie die sieben schönen Prinzessinnen aus dem Königreich in ihr Unterwasserschloss. Einmal am Tag dürfen sie an die Wasseroberfläche. Allerdings werden sie jedes Mal für diesen Ausflug in Schwäne verwandelt. Eines Tages beschließt die Schönste der Prinzessinnen, Odette, zu fliehen und Hilfe zu holen. Doch nachdem sie sich als Schwan über das Wasser erhoben hat, trifft sie der Pfeil des Dieners Stefan, der mit Prinz Viktor auf einem Jagdausflug unterwegs ist. Beide sind erstaunt, im Gras statt des Schwans ein wunderschönes Mädchen zu finden. Sie nehmen Odette mit auf das Schloss, aber sie kann nicht sprechen und so den beiden auch nicht erklären, wer sie ist und in welcher Not sie steckt. Viktor verliebt sich in die für ihn Unbekannte, und Odette verliebt sich in Viktor. Doch eines Nachts wird sie von den Gehilfen der Seekönigin entführt und wieder zurück in die Unterwasserwelt gebracht. Prinz Viktor begibt sich auf die Suche nach seiner Geliebten, und mit Hilfe einer Wassergeistfrau kann er seine Odette und die anderen sechs Prinzessinnen befreien. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute ...

Im Gegensatz zu Vorlíceks Märchenfilm "Das Zauberbuch" (1995) ist hier die Geschichte konsequent erzählt, ohne groß abzuschweifen und ohne eine Vielzahl anderer Märchenmotive einzubauen. Doch leider berührt einen dieser solide und traditionell gemachte Film nicht wirklich, vermisst man als erwachsener Zuschauer die zweite und dritte Ebene, die Märchen ja eigentlich haben. Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass man das alles schon kennt und dass Regisseur Vorlícek, der sein Handwerk bekanntermaßen versteht, eher auf längst Erprobtes setzt, als neue Wege beschreiten zu wollen. Besonders die Führung der Frauenfiguren, sei es nun Prinzessin Odette oder die Seekönigin, wirkt ziemlich antiquiert. Und damit meine ich nicht nur ihr Make-up, das eher an die 60er-Jahre erinnert, sondern auch die Rolle, die ihnen hier aufgedrückt wird. Während Odette vor allem lächeln oder seufzen und auf jeden Fall schwach sein muss, ist die Seekönigin zwar stark, aber dafür – oder gar deshalb?? – eben auch sehr, sehr böse.

Dabei beginnt Vorlíceks Film so poetisch, macht neugierig, gespannt und fasziniert durch seine wirklich schönen und mit interessanten Special effects gemachten Aufnahmen der Unterwasserwelt. Nicht nur, dass durch das Schloss prächtigfarbene Fische schwimmen, alles bewegt sich im Unterwasserrhythmus, man spürt und sieht den Wellenschlag und hat durch die milchig-wässrige Atmosphäre das Gefühl, als würde man selbst in den tiefen See eintauchen. Für diese gelungenen, märchenhaften Trickaufnahmen erhielt Václav Vorlícek auf dem diesjährigen Internationalen Kinder- und Jugendfilmfestival in Zlín den Preis der Stadt.

Barbara Felsmann

 

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Ausgabe 75-3/1998

 

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