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Ausgabe 44-4/1990

LAND IN SICHT

Produktion: Thilo von Arnim Filmproduktion, BRD 1990 – Regie und Drehbuch: Berno Kürten – Kamera: Martin Gressmann – Schnitt: Bettina Böhler – Musik: Hanno Rinne – Darsteller: Alexandra Schalaudeck, Acam Coen, Theo Gostischa u. a. – Laufzeit: 89 Min. – Farbe – Vertrieb: Thilo von Arnim Filmproduktion, Wittelsbacherstr. 25, 1000 Berlin 31, Telefon 030/873409

Die Filmgeschichte ist in der norddeutschen Küstenlandschaft angesiedelt und handelt von einem 14-jährigen Mädchen aus der Großstadt und zwei etwas älteren Jungen vom Lande. Yvonne, das gut situierte Mädchen aus Hamburg, verbringt ihre Herbstferien auf einem Reiterhof. Dort lernt sie Alex, den Sohn ihrer Gastgeber, kennen und macht auch die Bekanntschaft mit Reiner, seinem Freund. Beide verlieben sich in Yvonne und wollen ihr bei jeder Gelegenheit imponieren. So umworben zu werden, gefällt ihr – bis Reiner nicht mehr nur flirten will. Mit einer Ohrfeige quittiert sie die Handgreiflichkeiten des Draufgängers. Von nun an versucht er ihr die Abfuhr heimzuzahlen und Alex auf seine Seite zu ziehen, was ihm aber nicht gelingt. Stattdessen empfindet Alex, besonnener und unaufdringlicher als Reiner, immer mehr für Yvonne. Doch Reiner fädelt eine Intrige ein, und in der ohnehin zwielichtigen Dorf-Disco kommt es zur Konfrontation zwischen den dreien. Die nichts ahnende Yvonne fühlt sich von Alex betrogen und von dessen Vater, der mit harter Hand in den Konflikt eingreift, ungerecht behandelt. Sie will nur noch allein sein und flüchtet mit ihrem Lieblingspferd. Als Alex Reiterin und Pferd im Wattenmeer entdeckt, hat Reiner ihm bereits gestanden, wie es zu diesem Auftritt in der Disco gekommen ist. Während die Flut das Meer zurückbringt, sitzen Alex und Yvonne am sicheren Ort und wissen, dass sie "Land in Sicht" haben – für sie wird eine aufregende Zeit der Freundschaft beginnen.

Berno Kürten (geb. 1956) hat in seinem ersten Kinospielfilm keine abgehobene, peinliche Dreierbeziehung gestaltet, sondern erzählt eine nachvollziehbare, spannende Freundschafts- und Liebesgeschichte über drei junge Menschen, die ihren Gefühlen Ausdruck zu geben versuchen. Ohne viele Worte versteht er es, die Zuschauer zu interessieren und zu fesseln. Ein sensibler und zugleich flott inszenierter Film, der auf die Bilder vertraut und soziale Umfelder wie Dorf und Disco, städtische und ländliche Lebensweise – sowie die norddeutsche Landschaft zu nutzen versteht. Auch das natürliche Spiel der drei Hauptdarsteller trägt zur Glaubwürdigkeit der Geschichte bei und schafft Identifikationsmöglichkeiten mit den Träumen, Gefühlen und Problemen Heranwachsender. Nur die Vaterfigur ist dem Regisseur zu einseitig, d. h. zu aggressiv und simpel, geraten. Es ist zum Beispiel kaum glaubhaft, dass ein Gastgeber seinem Gast gegenüber so auftritt wie Alex' Vater, der auch nicht davor zurückschreckt, dem Mädchen eine Ohrfeige in der Disco zu geben.

Hervorzuheben ist die stimmige Verwendung von Musik; ein schönes Beispiel dafür ist die Szene im Boot: erst schottet sich Yvonne mit ihrem Walkman von der Außenwelt ab, dann lässt sie Alex mithören. Die Musik wird zur Verbindung zwischen den beiden im Boot – und zum Kinopublikum, "Musik liegt in der Luft".

Obwohl "Land in Sicht" vom Thema her mehr ein Jugendfilm ist, fand er beim Internationalen Kinderfilmfestival in Frankfurt die Zustimmung des Kinderpublikums und der Kinderjury, die dem Film eine lobende Erwähnung zuerkannte. Dieser gelungene Erstlings-Spielfilm verspricht für die Zukunft von Berno Kürten einiges. Es ist zu hoffen, dass er die spielerische Unbefangenheit behält, die "Land in Sicht" so sympathisch macht.

Hans Strobel

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 44-4/1990 - Interview - "Raus aus der Kindheit"

 

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Ausgabe 44-4/1990

 

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