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Ausgabe 72-4/1997

HERCULES

Produktion: Walt Disney Pictures; USA 1997 – Regie: John Musker, Ron Clements – Buch: Ron Clements, John Musker, Donald McEnery, Bob Shaw, Irene Mecchi – Art Direction: Andy Gaskill – Schnitt: Tom Finan – Musik: Alan Menken – Stimmen (DF): Til Schweiger (Hercules/Erwachsener), Dominik Auer (Hercules/Jugendlicher; Fredrik Lycke Gesang), Mogens von Gadow (Phil), Arne Elsholtz (Hades), Jasmin Tabatabai (Meg) u. a. – Länge: 93 Min. – Farbe – FSK: ab 6 – Verleih: Buena Vista (35mm) – Alterseignung: ab 12 J.

Im Griechenland der Antike schenken Zeus und Hera ihrem Söhnchen Hercules ein fliegendes Pferdchen namens Pegasus. Das traute Glück des Götterpaares wird schon bald getrübt von Hades, dem Herrscher der Unterwelt. Weil ihm drei Seherinnen prophezeit haben, dass Hercules sein Vorhaben durchkreuzen wird, die Weltherrschaft an sich zu reißen, lässt er ihn entführen. Doch die beiden Schurken, die Hercules mit einem Zaubertrank sterblich machen und ihn dann ausschalten sollen, versagen. So wächst er bei einfachen Bauern auf der Erde auf. Dort sorgt der Knabe mit seinen Streichen für allerlei Trubel, spürt jedoch schon früh, dass er zu größeren Dingen bestimmt ist. Im Tempel des Zeus erfährt er seine wahre Herkunft. Aber erst wenn er sich auf der Erde mit den Lorbeeren eines wahren Helden schmücken kann, darf er neben seinen Eltern auf dem Olymp Platz nehmen.

Auf seinem abenteuerlichem Weg zum Ruhm hilft ihm nicht nur der treue Pegasus, sondern auch der Satyr Philoktetes (kurz: Phil), eine Art antiker Heldentrainer. Um Hercules Steine in den Weg zu legen, schreckt der böse Hades jedoch vor keinem noch so niederträchtigen Plan zurück. Nachdem der Recke sogar das Ungeheuer Hydra besiegt hat, setzt Hades die verführerische Meg auf ihn an. Die verdreht Hercules zwar den Kopf, verliebt sich aber auch selbst in ihn. Um die Schöne aus der Gewalt des Hades zu retten, muss Hercules ein großes Opfer bringen.

Mit den gewohnten Schulvorstellungen von der klassischen Antike hat der 35. abendfüllende Zeichentrickfilm der Disney-Studios nur wenig gemein, geht doch das Regieduo John Musker und Ron Clements, das schon für "Arielle – Die Meerjungfrau" (1989) und "Alladin" (1992) verantwortlich zeichnete, mit der griechischen Mythologie ziemlich frei, ja respektlos um. Über die Szenerien und Figuren des griechischen Altertums hinaus enthält das kurzweilige und gewohnt perfekt animierte Opus zahlreiche Anspielungen auf aktuelle Phänomene, so etwa wenn Phil Hercules mit Kampftechniken nach dem Muster von "Rocky" und "Karate Kid" vertraut macht oder wenn der Göttersohn zum Star mit Fanclub aufsteigt.

Dabei schreckt das Disney-Team auch nicht vor selbstironischen Volten zurück: Die Hercules-Anhänger kaufen die Merchandising-Produkte in einem "Hercules Store". Allerdings profitieren Regie und Design hier davon, dass die griechische Sagenwelt einen größeren Spielraum für phantastische Einfälle und süffisante Anachronismen bietet als der Wilde Westen oder das französische Mittelalter in den beiden vorangegangenen Disney-Titeln "Pocahontas" und "Der Glöckner von Notre Dame".

Als wirkungsvoller 'running gag' erweist sich ein weibliches Gesangsquintett, das schon gleich zu Beginn von einer Vase hüpft und dessen Gospel-Songs und Outfit an die "Supremes" erinnern. Im Übrigen klingt der eine oder andere gewohnt eingängige Titel von Disney-Stammkomponist Alan Menken hitparadenverdächtig. Leihen in der Originalfassung Hollywood-Größen wie Danny DeVito (Phil), James Woods (Hades) und Rip Torn (Zeus) den Figuren ihre Stimmen, so wurden für die deutschsprachige Fassung prominente Schauspieler wie Til Schweiger und Jasmin Tabatabai als Sprecher verpflichtet.

Im Vergleich zu "Pocahontas" und "Glöckner", die mit erwachsenen Hauptfiguren eher auf ein Familienpublikum als allein auf das Kinderpublikum zielen, liegt der neue Held altersmäßig näher an der Teenager-Gruppe. Vor allem die Initiationsreise des Protagonisten, der von einem zunächst etwas tollpatschigen Kraftprotz zu einem auch charakterlich gefestigten Athleten heranreift, bietet ein hohes Identifikationspotential. Nachdem "Hercules" wie die beiden Vorgängerfilme an den USA-Kinokassen das Rekord-Einspiel des "König der Löwen" nicht annähernd erreichen ereichen konnte, ist ein ähnliches Ergebnis auch hierzulande zu erwarten. Video- und TV-Auswertung sowie die breit angelegte Merchandising-Kampagne werden bei Disney gleichwohl für dicke Umsätze sorgen.

Reinhard Kleber

 

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