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Ausgabe 109-1/2007

7 JUNGFRAUEN

7 VÍRGENES

Produktion: Tesela / La Zanfona Prod.; Spanien 2005 – Regie: Alberto Rodríguez – Buch: Alberto Rodríguez, Rafael Cobos López – Kamera: Alex Catalán – Schnitt: J. Manuel G. Moyano – Musik: Julio de la Rosa, Haze (Titelsong) – Darsteller: Juan José Ballesta (Tano), Jesús Carroza (Richi), Vincente Romero (Santacana), Alba Rodríguez (Patri) u. a. – Länge: 86 Min. – Farbe – FSK: ab 12 – Verleih: Kool Filmdistribution – Altersempfehlung: ab 14 J.

"Um 'Sieben Jungfrauen' zu spielen, musst du zwei Kerzen vor einem Spiegel aufstellen und dich sechzig Sekunden anstarren, wie bei einem Countdown. Dein Spiegelbild wird dir dann die Zukunft voraussagen." (Andalusischer Volksglaube)

Doch die Zukunft des 16-jährigen Tano scheint auch ohne magisches Orakel klar. Er stammt aus einem der ärmeren Viertel des sonnendurchglühten Sevilla jenseits touristischer Sehenswürdigkeiten. Wegen vergangener Vergehen sitzt er bereits im Jugendknast fernab seiner Freunde, seiner Liebsten und seines geliebten "Bario" (Viertels). Doch nun hat er wegen der Heirat seines älteren Bruders Santacana 48 Stunden Freigang. Als Santacana ihn abholt, schärft er ihm gleich ein: "Bau keinen Mist!". Doch Tano will vor allem eines: seinen Spaß. Und Spaß heißt für ihn: Mit den Kumpels kiffen und saufen, seine Liebste treffen und rumhängen. Doch sein Bario hat sich verändert, wie er alsbald merken muss, er ist fast wie ein Fremder im eigenen Land. Diese 48 Stunden werden sein Leben verändern und er wird lernen müssen, dass die Vorhersagen des Orakels auf grausame Weise eintreffen. Am Ende wird er sich entscheiden müssen: Weitermachen wie bisher oder zurück in den Knast und ein "ehrbarer Bürger" werden. Doch sein Weg ist anders und selbst sein Bruder hat inzwischen verstanden, dass Tano seinen eigenen Weg gehen muss: Als der auf dem Rückweg in den Knast aus dem Wagen steigt, lässt sein Bruder ihn ziehen, Tano läuft ziellos durch die Straßen und das Bild friert auf seinem Gesicht ein.

Der dritte Film des Sevillaners Rodríguez bietet zwar in der Geschichte vom zornigen jungen Mann, der schneller erwachsen werden muss, als ihm lieb ist, kaum Neues, besticht aber durch eine akzentuierte Inszenierung und seine Kunst, die zumeist Laiendarsteller mit den wenigen Profis (u. a. der aus "Station 4" bekannte Juan José Ballesta) zu einem stimmigen Ensemble zu verschmelzen. Und wie die Kamera die Atmosphäre der sonnendurchglühten Barios fernab der Glitzermeilen der Innenstadt einfängt, lässt sie die gehetzte Atmosphäre dieses Lebens unmittelbar spürbar werden. Dazu trägt auch der variable Schnitt zwischen ruhigen Sequenzen und stakkatoartigem Videoclipstil bei. Vor allem aber ist es das exzellente Sounddesign, das das Leben-(sgefühl) dieser Kids so unmittelbar erlebbar macht, sowie eine Musik irgendwo zwischen HipHop, Jazz und Anklängen an traditionelle Folklore, die die ganze Zerrissenheit der Figuren spiegelt.

Jugend-Kino aus der wirklichen Welt, das intensiv und ohne falsches Mitleid jene in den Mittelpunkt stellt, von denen der Filmemacher sagt: "Ich glaube, dass für die meisten Leute die Hauptfiguren meines Films nicht wirklich existieren. Sie gehören zu einer Wirklichkeit, die nur in Zeitungsschlagzeilen stattfindet; einem unerforschten geografischen Niemandsland, das den Angehörigen der Mittelschicht jedes Landes unbekannt ist, ... Abweisung provoziert Abweisung, und du kannst mich nur missbilligen, weil ich eben doch existiere! Das ist es, wodurch 'die Unsichtbaren' sich ausdrücken."

Lutz Gräfe

 

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Ausgabe 109-1/2007

 

Inhalt der Print-Ausgabe 109-1/2007|

Filmbesprechungen

7 JUNGFRAUEN| GILLES| HAPPY FEET| LITTLE MISS SUNSHINE| LITTLE RED FLOWERS| LOTTE IM DORF DER ERFINDER| LUCAS, DER AMEISENSCHRECK| NICELAND| PINGPONG| ROSSO COME IL CIELO| DAS SCHNITZELPARADIES| STILLE SEHNSUCHT – WARCHILD| DIE WILDEN KERLE 4 – DER ANGRIFF DER SILBERLICHTEN| YES I AM!| ZOMBIE PROM|

Interviews

Cattaneo, Peter - "Filme, das sind doch reine Träume"| Ganz, Bruno - "Kinder haben noch immer Hunger auf Märchen"| Hailer, Thomas - "Thank God, we can spell it"| Koolhoven, Martin und Marco van Geffen - "Jeder muss seinen eigenen Weg finden."| Taihyung, Lim - Während der Dreharbeiten dachte ich viel über Glauben und Religion nach|


KJK-Ausgabe 109/2007

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