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Ausgabe 125-1/2011

NEUILLY, DU KANNST MICH MAL

NEUILLY SA MÈRE

Produktion: Miroir Magique, Vito Films; Frankreich 2009 – Regie: Gabriel Julien-Laferrière – Buch: Marc de Chauveau, Philipe de Chauveau, Gilles Laurent, Djamel Bensalah, nach einer Geschichte von Djamel Bensalah – Kamera: Pascal Gennesseaux – Schnitt: Jean-François Elie – Darsteller: Samy Seghir (Sami Benboudaoud), Denis Podalydès (Stanislas de Chazelle), Rachida Brakni (Djamila de Chazelle), Jérémy Denisty (Charles de Chazelle), Joséphine Japy (Marie) u. a. – Länge: 90 Min. – Farbe – Vertrieb: Oter Angle Pictures, Frankreich / Kontakt: Filmfestival Chemnitz, info@ff-schlingel.de – Altersempfehlung: ab 14 J.

Soziale Brennpunkte und Stadtviertel, in denen ein besonders hoher Anteil von Sozialhilfeempfängern und von Menschen mit unmittelbarem Migrationshintergrund lebt, gibt es in Frankreich und in Deutschland gleichermaßen. Die Franzosen verstehen es allerdings häufig besser als die Deutschen, aus der Begegnung zwischen den Kulturen und sozialen Schichten nicht nur Sozialdramen zu entwickeln, sondern mit einer ganz speziellen Art von Humor und Leichtfüßigkeit auch vergnügliche und kurzweilige Komödien. Nicht zu vergessen ist, dass gerade solche Komödien mitunter besser als manche Förderungsprogramme helfen können, soziale Schranken und gegenseitige Vorurteile zu überwinden oder zumindest zu relativieren. Ein besonders populäres Beispiel dafür ist die französische Komödie "Willkommen bei den Sch’tis" von Dany Boon aus dem Jahr 2008. Auch "Neuilly, du kannst mich mal", der 2010 im Juniorfilmwettbewerb des Schlingel-Festivals in Chemnitz lief, hat das Potenzial für die Herausbildung von mehr Toleranz bei gleichzeitiger Stimulierung der Lachmuskeln. Selbst das erzählerische Grundprinzip ist vergleichbar.

In diesem Fall muss die Hauptfigur, der 14-jährige Sami Benboudaoud aus einer schäbigen Trabantensiedlung in Châlon in der Nähe von Paris, allerdings nicht so weit reisen, obwohl auch er eine ihm bisher verschlossene andere Welt kennen lernt. Eigentlich fühlt sich der arabischstämmige Sami mit seiner alleinerziehenden Mutter wohl und hat auch einen festen Freundeskreis. Als die Mutter jedoch eine neue Arbeit findet und ein Jahr auf einem Schiff arbeiten kann, soll Sami solange zu seiner Tante Djamila nach Paris ziehen. Die Tante hat seinerzeit eine gute Partie gemacht und wohnt mit ihrem Mann Stanislav und ihren Kindern in dem Pariser Viertel Neuilly-sur-Seine, in dem bevorzugt die Reichen wohnen. Sami hat in dieser Familie keinen leichten Stand, es herrschen strenge Sitten und besonders sein ehrgeiziger Cousin Charles, der später einmal Präsident der Republik Frankreich werden möchte, hält sich mit abfälligen und rassistischen Bemerkungen nicht zurück. Dennoch versucht der aufgeweckte und schlagkräftige Sami, sich auch in der Eliteschule Respekt zu verschaffen. Wäre da nur nicht seine neue Mitschülerin Marie, in die sich Sami augenblicklich verliebt. Denn Marie hasst jede Form von Gewalt und erwartet auch von Sami höfliche Ausdrucksformen und perfektes Benehmen. Keine leichte Aufgabe für Sami, der seine Wurzeln und seine Identität nicht verleugnen kann, aber zum Glück ist er nicht der einzige, der in diesem Film noch eine Menge dazulernt.

Bekanntlich verlangt die französische Filmindustrie oft traumhafte Preise für ihr Kulturgut. Obwohl sich dieser Film speziell an ein jüngeres Publikum richtet, sollte sich aber doch ein wagemutiger Verleiher finden, der den Film nach Deutschland bringt. Die Juniorjury des "Schlingel"-Festivals in Chemnitz mochte den Film und gab ihm eine Lobende Erwähnung.

Holger Twele

 

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Ausgabe 125-1/2011

 

Inhalt der Print-Ausgabe 125-1/2011|

Filmbesprechungen

ALABAMA MOON| CHANDANI UND IHR ELEFANT| ELI UND BEN| HARRY POTTER UND DIE HEILIGTÜMER DES TODES – TEIL 1| HEXE LILLI – DIE REISE NACH MANDOLAN| DIE KINDER VON PARIS| NEUILLY, DU KANNST MICH MAL| NOWHERE BOY| RAPUNZEL – NEU VERFÖHNT| SASCHA| SOUL BOY| VOM ANFANG UND VOM ENDE| VORSTADTKROKODILE 3| WINTERTOCHTER| ZOOMER| DER ZWÖLFTE SOMMER|

Interviews

Fattachutdinow, Pawel und Irina Uralskaja - Unser Ziel ist es, dass junge Zuschauer sich etwas Mühe geben, etwas aus dem Film lernen und mit der Seele verstehen| Harbauer, Michael - Es gibt noch Luft nach oben| McCanlies, Timothy - Wie ein junger Tarzan| Schmid, Johannes und Philipp Budweg - Vom klanglich attraktiven Titel "Wintervater" zur heller anmutenden "Wintertochter"|


KJK-Ausgabe 125/2011

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