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Ausgabe 19-3/1984

Die unendliche Geschichte

(Kinder-Film-Kritik zum Film DIE UNENDLICHE GESCHICHTE)

"Der Film 'Die unendliche Geschichte' ist wunderschön, solange man ihn sieht und das Buch nicht kennt. Filmische Tricks und die Tatsache, dass alle Aufnahmen in unseren Bavaria Filmstudios gedreht wurden, machen abgesehen von der Geschichte selbst den Film sehr interessant und ansprechend. Er ist es wirklich wert, dass man sich Zeit nimmt und ihn anschaut. Doch wenn man das gleichnamige Buch, das die Grundlage für die Story des Films bildet, schon gelesen hat oder noch liest, ist man ehrlich enttäuscht. Aus technischen und zeitlichen Gründen mussten einige Erlebnisse gekürzt oder umgewandelt werden, was die Story des Films gegenüber der Handlung des Buches verändert.

Ich war im Film, bevor ich das Buch gelesen hatte. Es war für mich ein schönes Erlebnis, diesen Film zu sehen. Am meisten beeindruckte mich Atréju (Noah Hathaway). Er wurde wirklich sehr gut von seinem Darsteller gespielt. Trotz seiner nicht sehr leichten Aufgabe, vor glühenden Scheinwerfern, vom strengen Regisseur beobachtet, in den "engen" Bavariastudios den Atréju so zu spielen, dass es nicht den Anschein hat, als sei alles gestellt, sondern den Eindruck zu erwecken, gerade als Hauptperson, in diesem Augenblick alles natürlich spontan zu denken und zu tun. Ich glaube, er erfüllte diese Aufgabe am besten von allen Schauspielern.

Etwas anders dagegen war es bei Tami Stronach, der kindlichen Kaiserin. Sie war etwas zu theatralisch, aber das war wahrscheinlich die Absicht des Regisseurs. Ihre Sprache und das ruhige Sitzen im weiten weißen Kleid auf dem Sofa (Bett?) verlieh ihr etwas Majestätisches, Geheimnisvolles. Gut war, dass oft das Gesicht der kindlichen Kaiserin aufgenommen wurde. Tami Stronach hat ungeheure Mimik in ihren Augen und ihrem Gesicht.

Auch Barret Oliver war gut in der Rolle Bastians. Auf dem Dachboden seiner Schule bewegte er sich so, wie es auch jeder andere Junge im normalen Leben in einer ähnlichen Situation getan hätte. Er machte es sich erst einmal bequem, bevor er begann, in diesem rätselhaften Buch zu lesen. Später, als ich das Buch las, freute ich mich sehr, als ich merkte, dass die ersten Sätze im Buch ungefähr dieselben waren, wie Bastian im Film las.

Der Dachboden der Schule erinnert an eine alte vergessene Rumpelkammer, in der man die Umrisse mehr oder weniger deutlich erkennen kann. Dies verlieh dem eigentlichen Kern der unendlichen Geschichte noch etwas Seltsameres und Märchenhafteres, da Pflanzen, Sträucher, Bäume und Moore von Phantásien künstlich waren. Deshalb schienen die ganzen Landschaften wie gezeichnet, in denen sich die Wesen Phantásiens bewegten.

Die Unterbrechungen der Geschichte, an denen man zurück zu Bastian kehrt, diese sind auch im Buch sehr wichtig. Nur hätten sie wenigstens am Anfang weniger plötzlich kommen sollen. Dadurch ist der Zuschauer sehr irritiert und verliert manchmal sogar das Interesse. Auch da hätte man etwas verbessern können. Das vorherige Bild z. B. hätte langsam verschwimmen können, um dann zurück zu Bastian oder zu Atréju in Phantásien zu blenden.

Meiner Meinung nach ist das Buch 'Die unendliche Geschichte' und der gleichnamige Film jeweils für sich allein ein einzigartiges Erlebnis, doch wenn man sie vermischt, ist es nicht mehr so schön. Wäre ich einer der wichtigen und großen Filmkritiker, würde ich bis auf ein paar Kleinigkeiten 4 Sterne geben – Gut!"

Miriam Bonnau, 13 Jahre

 

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