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Ausgabe 104-4/2005

WINN-DIXIE – MEIN ZOTTELIGER HUND

BECAUSE OF WINN-DIXIE

Produktion: Twentieth Century Fox / Winn Prod. / Walden Media; USA 2005 – Regie: Wayne Wang – Buch: Joan Singleton, nach einem Roman von Kate DiCamillo – Kamera: Karl Walter Lindenlaub – Schnitt: Deirdre Slevin – Musik: Rachel Portman – Darsteller: Annasophia Robb (Opal), Jeff Daniels (Prediger), Cicely Tyson (Gloria), Dave Matthews (Otis) u. a. – Länge: 106 Min. – Farbe – FSK: o. A. – Verleih: Twentieth Century Fox – Altersempfehlung: ab 8 J.

Nach dem knuddeligen Bernhardiner "Beethoven" und dem pfiffigen Jack Russell "Skip" war es wieder mal Zeit für einen neuen Film-Hund aus Hollywood. Diesmal sollte allerdings kein Rasse-Exemplar im Mittelpunkt der Handlung stehen, sondern eine jener liebenswürdigen Promenadenmischungen, wie sie auch den Buchumschlag des zugrunde liegenden Kinderbuches von Kate DiCamillo ziert. Aber da man schon aus Versicherungsgründen mehrere "Doppelgänger" engagieren musste, wurde man nicht fündig. Schließlich ließ man aus Frankreich mehrere Film-unerfahrene Picardy-Schäferhunde einfliegen und verpasste ihnen einen Schauspiel-Crashkurs. Denn genau wie die kleine Hauptdarstellerin ist auch Winn-Dixie in fast jeder Szene präsent.

Der zehnjährigen Opal geht es wie jedem Kind, wenn es die gewohnte Umgebung wechselt: Sie ist erstmal einsam und muss sich neue Freunde suchen. Zumal sie allein mit ihrem Vater, einem Pfarrer, in den Wohnwagen-Park einer kalifornischen Kleinstadt gezogen ist. Ihre Mutter hatte die Familie schon vor Jahren verlassen, weshalb ihr Vater immer noch depressiv aus dem Fenster schaut oder sich in seinen Predigt-Vorbereitungen vergräbt. Als Opal eines Tages beim Einkaufen über einen gerade Chaos verursachenden Vierbeiner stolpert, behauptet sie frech, er gehöre zu ihr und rettet ihn so vor dem Hundefänger. Sie benennt ihn nach dem Fundort, der Supermarkt-Kette "Winn-Dixie", und überredet ihren Vater, ihn wenigstens übergangsweise behalten zu dürfen. Winn-Dixie begleitet Opal fortan auf ihren Streifzügen durch Naomi, auf denen sie ungewöhnliche Bekanntschaften schließt, die ihr helfen, ihre Einsamkeit zu überwinden.

Man konnte gespannt sein, wie sich der gebürtige Hongkong-Chinese Wayne Wang, der sich sowohl in Hollywoods Studiosystem ("Töchter des Himmels") bewährt wie auch mit Independent-Produktionen ("Smoke") einen Namen gemacht hatte, im für ihn ungewohnten Genre "Familienfilm" zurechtfinden würde. Im Besonderen auch, weil das hier behandelte Thema von Einsamkeit und der Suche nach Zuwendung auch schon in Wangs bisherigen Filmen eine zentrale Rolle spielte. Auch dank des unprätentiösen Spiels der Kino-Debütantin Anna Sophia Robb, an der nur die plärrende deutsche Synchronstimme stört, gelingt es Wang, den ganzen Film über eine warmherzige Atmosphäre zu schaffen. Aber das kann leider nicht die Eindimensionalität des Drehbuchs überdecken, das den erwachsenen Zuschauer weitgehend außen vor lässt und lediglich die jungen Zuschauer adäquat bedient.

Hinzu kommt, dass man selten den Eindruck hat, ein Stück Wirklichkeit mitzuerleben. Die meisten Erwachsenen wirken eher wie "Märchenfiguren", ohne das die Inszenierung diese Überhöhung dann konsequent vornimmt. Karl Walter Lindenlaub liefert zu Wangs unentschlossener Inszenierung immerhin klare, schnörkellose Bilder, die sich ganz der Geschichte unterordnen. Dafür wird's ein wenig aufdringlicher mit den Botschaften, wenn Opal lernt, dass man, wie Otis, auch schon mal Fehler im Leben machen darf ohne gleich "böse" zu sein. Aber immer wieder sorgt Winn-Dixie, ob er nun in der Messe "mitsingt", den Sheriff in den Hosenboden beißt, für Opal Freundschaften stiftet oder wieder ein Zusammengehörigkeitsgefühl in die Herzen der Kleinstädter pflanzt, für die entspannende Heiterkeit zwischen all den tief schürfenden Gedanken eines kleinen Mädchens, das sich von seiner Mutter verlassen fühlt. Und so fällt der Film letztlich doch noch bei der Zielgruppe der Acht- bis Zwölfjährigen auf fruchtbaren Boden.

Rolf-Ruediger Hamacher

 

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Ausgabe 104-4/2005

 

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Interviews

Haimovitch, Shmuel Peleg - "Der Tod kümmert uns nicht, wenn er weit weg ist."| Karlström, Ewa - "Filme an die man glaubt, letztendlich möglich zu machen – darum geht es ja"| Rothkirch, Thilo Graf - "Wir haben einen hohen Anspruch"|


KJK-Ausgabe 104/2005

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