Produktion: Walt Disney Productions, USA 1964 – Regie: Robert Stevenson – Buch: Bill Walsh, Don DaGradi, nach den gleichnamigen Büchern von Pamela L. Travers – Kamera: Edward Colman – Schnitt: Cotton Warburton – Musik und Liedtexte: Richard M. Sherman, Robert B. Sherman – Darsteller: Julie Andrews (Mary Poppins), Dick van Dyke (Bert), David Tomlinson (Mr. Banks), Glynis Johns (Mrs. Banks), Karen Dotrice (Jane Banks), Matthew Garber (Michael Banks) u. a. – Länge: 138 Min. – Farbe – FSK: ab 6 – Verleih: Buena Vista International (35mm) – Altersempfehlung: ab 8 J.
Neunundzwanzig Jahre lang stellte sich die englische Schriftstellerin Pamela L. Travers gegen eine Verfilmung ihrer Mary Poppins. Das 1934 erschienene Buch, das im London des Jahres 1910 spielt, war schon kurz nach seinem Erscheinen ein Bestseller. Erst Walt Disney gelang es nach einem ausführlichen Gespräch, die Autorin umzustimmen. 1964 wurde in den Disney Studios unter der Regie von Robert Stevenson das Filmmusical "Mary Poppins" gedreht und erhielt auf Anhieb fünf Oscars, einen für die Schauspielerin Julie Andrews, zwei für die Brüder Richard und Robert Sherman für Komposition und Liedtexte, zwei weitere für Schnitt und Spezialeffekte.
"Mary Poppins" ist der erste Disney-Film, in dem gezeichnete Figuren mit den realen mühelos zusammen agieren, in dem die Schauspieler sich in bunten Träumen bewegen – ein geglückter, real-phantastischer Film, der jetzt wieder im Kino zu sehen ist.
Die Geschichte um das zauberhafte Kindermädchen, das Glück und Heiterkeit um sich verbreitet, beginnt mit einer Vorahnung: "Wind dreht nach Ost, Nebel kommt auf, der Himmel sieht plötzlich so merkwürdig aus. Was uns bevorsteht, das zu sagen, ist schwer. Doch ich fühle, es kommt etwas her ..." Lebenskünstler Bert, immer freundlich und sangesfreudig, kündigt große Ereignisse an, die sich im Londoner Kirschbaumweg Nr. 17 anbahnen. Dort wohnt Mister George Banks mit seiner Frau Winifred, den Kindern Jane und Michael. Der Vater hat nur seine Bank im Kopf, die Mutter ist für die Rechte der Frauen unterwegs. Für die Kinder hat man eine Gouvernante engagiert, übrigens die sechste in den letzten vier Monaten. Und auch die steht bereits mit Sack und Pack an der Tür, schimpft auf die "kleinen Biester", die sie nie wieder zu sehen wünscht.
Trotz des fliegenden Personal-Wechsels weicht der Vater nicht von seinen Ansichten über eine Erzieherin ab: "Diktatorisch muss sie sein und nicht charmant." Die Kinder sind da ganz anderer Meinung, aber ihr Wunschzettel landet im Kamin. Bald drängt sich eine Schar finster dreinblickender Kinderschwestern vor der Tür. Den Kleinen wird angst und bange, doch ein Wind wirbelt den ganzen Kinderschreck durch die Lüfte. Herein tritt eine junge Frau, mit wachen Augen und entschlossen, diese Stellung zu übernehmen. Die Kinder beobachten die Szene und sind entzückt: "Das ist sie ... so hatten wir es aufgeschrieben, hübsch sieht sie aus und so freundlich." Aus der leeren Reisetasche zaubert sie Hutständer, Spiegel, Zimmerpflanze und Stehlampe. Michael ist fassungslos, Jane hingerissen. Dann packt sie noch ihr Maßband aus, und das Ergebnis ihrer Vermessung der Kinder sieht so aus: "Michael: außergewöhnlich dickköpfig und naseweis. Jane: kichert äußerst viel und räumt nie etwas auf." Und bei ihr selbst zeigt das Band: "Mary Poppins – so gut wie vollkommen."
Vollkommen verrückt, denn mit Fingerschnipsen und einem lustigen Lied ordnet sie die unaufgeräumte Kinderzimmerwelt. Nach getaner Arbeit unternimmt sie mit den Kindern einen Spaziergang, keinen gewöhnlichen natürlich. Sie treffen Bert, diesmal Pflastermaler, und springen gemeinsam in sein wunderbares Landschaftsbild. Alle vier erleben in einer phantastischen Welt phantastische Dinge. Bis Mary Poppins' Zeit bei der Familie Banks abgelaufen ist, hat sich die Welt der Kinder verändert und auch die der Erwachsenen. Jane und Michael verlieren zwar am Ende ihr zauberhaftes Kindermädchen, haben aber einen vergnügten Vater und eine liebevolle Mutter wieder gewonnen.
Mary Poppins macht Laune, die Handlung macht staunen. Die Lieder haben auch in der deutschen Übertragung ihren Sinn, sind witzig, nicht kitschig, die Melodien stimmen heiter. Lediglich die Filmlänge von 138 Minuten ist beim Besuch mit kleinen Kindern zu bedenken, deshalb die Altersempfehlung ab 8.
Gudrun Lukasz-Aden / Christel Strobel
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