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Ausgabe 63-3/1995

SIXTEN

SIXTEN

Produktion: AB Svensk Filmindustri, Schweden 1994 – Regie: Catti Edfeldt – Buch: Ulf Stark – Kamera: Rolf Lindström – Schnitt: Christer Furubrand – Musik: Bjorn Isfält – Darsteller: PeterViitanen (Sixten), Hans Henriksson (Vater), Jonas Magnusson (Jonte), Marie Thulin (Emma) u. a. – Länge: 78 Min. – Farbe – Vertrieb: Nordisk Film-TV Distribution, Box 9011, S-10271 Stockholm, Tel. 8-669 05 50, Fax 8-841312 – Altersempfehlung: ab 10 J.

Fürsorge kann etwas sehr Schönes sein, aber sie kann auch höllisch nerven. Dem zehnjährigen Sixten geht es jedenfalls mächtig gegen den Strich, dass sein alleinerziehender Vater ständig besorgt ist: Wenn er nachts als Busfahrer unterwegs ist, lässt er schon mal die schlafenden Fahrgäste zurück, um zu Hause anzurufen, damit er ganz sicher sein kann, dass Sixten nicht mit Streichhölzern spielt und auch pünktlich ins Bett geht. Viel schlimmer ist es aber, dass der Vater sich nicht darum kümmert, dass die kaputte Waschmaschine wieder in Gang kommt: Schon vor drei Wochen hat sie ihren Geist aufgegeben ...

Natürlich fällt Sixten in der Schule unangenehm auf, als er mitten im Sommer Winterklamotten trägt, weil die gesamte Sommerkleidung dreckig ist, aber nicht gewaschen werden kann. Das kann Sixten ganz gut wegstecken, größere Probleme bereiten ihm da schon die Konflikte mit einer recht brutalen Schüler-Bande. Solche Tiefschläge verheimlicht er allerdings vor seinem Vater, dem er weismachen will, dass er sich die blutige Lippe beim Fußballspiel geholt hat. Nachdem sich Sixten zusammen mit seinem Freund Jonte ein Aufklärungsvideo angesehen hat, beratschlagen die beiden darüber, wie sie den Übereifer von Sixtens Vater bei der Erziehung stoppen können: "Wenn er wieder eine Frau hätte, würde er sich weniger um dich kümmern", meint Jonte. Sixten ist jedoch fest davon überzeugt, dass sein Vater von alleine nie auf die Idee kommen würde, sich eine neue Frau zu suchen.

Für Sixten und Jonte steht deshalb fest: "Vater braucht eine Frau", und sie fühlen sich dafür verantwortlich. Wenn der Papa nicht so recht will, müssen die Jungs eben entsprechend nachhelfen. Der erste Versuch allerdings, den Vater für ihre Lehrerin zu interessieren, geht schon gleich daneben. Also wollen sie einen anderen Weg einschlagen und ziehen die Bekanntschaftsanzeigen der Zeitung zu Rate. Natürlich nehmen sie nicht das erstbeste Angebot, als sie aber eine Anzeige finden, in der eine Frau nach einem starken Mann in Uniform Ausschau hält, sind sie ganz sicher, dass dies die Richtige ist. Sixten schenkt seinem Vater zum Geburtstag eine Kinokarte und auch die Inserentin erhält einen liebevollen Brief samt Kinokarte: Das Zusammentreffen beim Tarzan-Film mit Johnny Weißmüller kommt tatsächlich zustande, das ist aber auch schon alles – eine neue Frau für Papa hat es wieder nicht ergeben.

Aller guten Dinge sind drei, eine neue Anzeige bringt eine neue Chance: Der poetisch veranlagte Jonte muss zur Feder greifen und einen verlockenden Brief schreiben. Dieses Mal soll alles viel besser klappen. Mit seiner Freundin Emma und seinem Freund Jonte bereitet Sixten daheim ein wundervolles Abendessen mit Kerzenlicht vor. Und dann ist es soweit: Die junge Frau Anna klingelt an der Tür, dummerweise hält der Papa sie für die Handwerkerin, die die Waschmaschine in Ordnung bringen soll ...

Das Zusammenleben von Vater und Sohn klappt in dieser heiteren Familiengeschichte im Großen und Ganzen trotzdem recht gut. Eigentlich vermisst Sixten nicht unbedingt eine Mutter, auch wenn er sich manchmal wünscht, dass seine Mutter zu Besuch kommt oder wenigstens am Telefon für ihn zu sprechen ist. Der erste lange Spielfilm der Regisseurin Catti Edfeldt ist eine schwungvolle Variation des unsterblichen Familienkomödien-Themas "Vater braucht eine Frau". Das Drehbuch schrieb Ulf Stark, dessen Bücher schon oft Vorlagen für schwedische Kinder- und Jugendfilme wurden (unter anderem auch bei "Karlsvognen" / "Der große Wagen", der 1992 beim Kinderfilmfest Berlin zu sehen war). Während ähnliche Geschichten aus den 50er- und 60er-Jahren eher auf Rührung versessen waren, geht es hier immer locker und amüsant zu. Die Zeichen der 90-er-Jahre sind unverkennbar: Sixten muss sich einer brutalen Schülergang erwehren, und die Heiratskandidatinnen sind eindeutig emanzipierter.

Manfred Hobsch

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 91-3/2002 - Interview - "Bei einem guten Kinderfilm sollte man alle Fäden wieder zusammenbringen"
KJK 91-3/2002 - Hintergrund - Porträt Ulf Stark
KJK 64-3/1995 - Interview - "Es muss immer ein Spiel sein"

 

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