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Ausgabe 17-1/1984

WAS KOSTET DER SIEG?

Produktion: Bannert-Film, Österreich 1980 – Drehbuch und Regie: Walter Bannert Kamera: Hanus Polak – Musik: Hanns Kann – Schnitt: Walter Bannert – Darsteller: Heinz Peter Puff (Trainer), Alexander Bauer (Kapitän Andreas), Andreas Bauer (Torwart Michael) u. a. – Laufzeit: 96 Min. – Farbe – Auszeichnungen: Spezialpreis der Kinderjury, Giffoni / Italien 1980; Preis für den besten Schulfilm, Lecce / Italien 1980; Preis für den besten Sportfilm beim Kinderfilm-Wettbewerb des Intern. Moskauer Filmfestivals 1981

Bei der Vorstellung dieses Films im Kinderfilmprogramm der Internationalen Filmwoche Mannheim (3.-8.10.83) reagierten die Kinder spontan, indem sie zu Fans der im Film gezeigten Schülermannschaft wurden. Als es um das entscheidende Meisterschaftsspiel ging, feuerten sie die Jungen mit Zurufen an und unterstützten sie mit ihrem Applaus. Am Ende forderten sie: "Zugabe, Zugabe!" Es wäre nun aber falsch zu glauben, dass "Was kostet der Sieg?" das Fußballfieber noch hochtreiben würde. Der Film ist eher der Versuch, alle Fans mit diesem Thema anzusprechen und gleichzeitig aufzuzeigen, wie Übereifer und Fanatismus zu Leistungsdruck und Konkurrenzkampf führen können, wodurch Freundschaften aufs Spiel gesetzt werden und noch andere Probleme für den einzelnen Schüler entstehen, wenn Fußball alles andere zu verdrängen droht.

Der Turnlehrer eines Gymnasiums hat die Idee, eine Schulmannschaft aufzustellen, die an der Fußballschülerliga teilnehmen soll. Damit stößt er bei den zehn- bis zwölfjährigen Jungen auf helle Begeisterung. Schnell hat er eine Mannschaft zusammen. Mit hartem Training und Disziplin will er aus den Jungen gute Fußballer und eine siegreiche Mannschaft machen. Pünktliches Erscheinen zum Training und Durchhalten bis zum Schluss sind oberstes Gebot. Schon steht die Mannschaft ihren ersten Gegnern gegenüber. Die Spiele verlaufen fair, die Jungen sind erfolgreich, ihre Begeisterung hält an. Es kommt zu weiteren siegreichen Begegnungen für die Mannschaft. Mit den Siegen wächst aber auch ihr Ehrgeiz – vielleicht kann man es schaffen, ins Finale der österreichischen Schülermeisterschaft zu kommen. – Ihr Trainer und der Direktor der Schule wollen "ihre" Elf siegen sehen. Das spielerische Moment geht verloren und nach und nach ordnet sich alles dem Gedanken unter, im Finale als Sieger hervorzugehen. Die Jungen haben von ihrem Direktor sogar die Erlaubnis, den Unterricht früher zu verlassen, um mehr Zeit in ihr Fußballtraining investieren zu können.

Für einige Jungen führt dieses totale Fußballprogramm zu harten Konflikten mit Lehrern und Eltern. Bei einem sinken die schulischen Leistungen, so dass ihm ein Brief für die Eltern mitgegeben wird, den er unterschrieben zurückbringen soll. Würden sie tatsächlich davon erfahren, bestünde die Gefahr, dass er nicht mehr zum Fußballspielen dürfe, deshalb fälscht er die Unterschrift. Nachher plagt ihn das schlechte Gewissen. Für einen anderen wird es zum Verhängnis, dass er seinen Mitschülern über das Fußballspielen hinaus imponieren will. Er stiehlt seinen Eltern Geld und lädt die Klasse großzügig zu einem Kinobesuch ein.

Der Leistungsdruck spiegelt sich in der Härte der nächsten Spiele wider. Jetzt kommt es zu Fouls, die Jungen haben gelernt, sich verletzt zu stellen, um ein Spiel zu verzögern, schmeißen sich gegenseitig Beleidigungen an den Kopf. Von den Erwachsenen wird diese Hysterie noch unterstützt und gefordert. Andreas, der Kapitän der Mannschaft, wird schließlich von der Presse zum Star der ganzen Schülerliga hoch gelobt. Andreas ist ohne Frage ein guter Spieler, aber durch sein unkameradschaftliches Verhalten und seine Starallüren verdirbt er es sich mit allen. Die anderen wollen ihn aus der Mannschaft ausschließen, jedoch weiß er, dass man beim entscheidenden Spiel nicht auf ihn verzichten kann. Ganz anders dagegen ist Michael, der stille Einzelgänger, der im Tor endlich zeigen kann, was in ihm steckt. Früher war er der Außenseiter in der Klasse, durch seine Glanzleistungen als Tormann hat er jetzt die volle Anerkennung seiner Mitschüler. Bald ist das Finale erreicht, aber am Schuljahresende fordert der Sieg von jedem Schüler seinen Preis.

In diesem Film wird mehr gezeigt, als das harte Training einer Jungenmannschaft. Durch die geschickt eingeflochtenen Probleme der einzelnen Schüler charakterisiert Walter Bannert die Jungen und spricht Konfliktsituationen an, die die Kinder aus eigener Erfahrung gut nachvollziehen können. Den ausdrucksstarken schauspielerischen Leistungen der Kinder verdankt der Film seine Echtheit, durch sie werden Anstrengung, Freude, Wut und Hass spürbar. Der Film setzt mit seinen Bildern und der musikalischen Untermalung ein poetisches Nein zum Leistungssport.

Renate Zylla

 

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Ausgabe 17-1/1984

 

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