Produktion: Werner Kubny Filmproduktion / WDR, BRD 1989 – Regie und Drehbuch: Werner Kubny, nach der Erzählung "Der Mann, der die Bäume pflanzte" von Jean Giono – Kamera: Werner Kubny – Schnitt: Christel Maye – Ton: Günther Hahn, Jörg Adams – Musik: Piet Klocke, Omar Kelatrischwili – Darsteller: Anna Ludwig (Anna), Ferdinand Dux (Opa Kolander), Franz Bulin (Elzéard Bouffier), Wolfgang Kaven (Herr Schmidt) – Laufzeit: 81 Min. – Farbe – FSK: o. A. – FBW: wertvoll – Verleih: Comet-Film (35mm) – Altersempfehlung: ab 8 J.
Nach einer Fahrt durch die Stadt kommt die achtjährige Anna ganz aufgeregt bei ihrem Opa, einem Möbelschreiner, an. Jemand hat ihr Bäumchen überfahren, und nun soll er ihr beim Einpflanzen helfen. Doch der Opa ist mit einem Auftrag befasst und erst als Anna ihm das Bäumchen in die Hand drückt und nicht nachlässt, wendet er sich ihr zu und erzählt ihr von einer Begegnung, die er vor 70 Jahren hatte. Auf einer Wanderung durch eine karge Hochebene der Provence traf er den Schäfer Elzéard Bouffier, der sich nach dem Tod von Frau und Kind in ein Eremitendasein zurückgezogen hatte. Eines Tages hatte er begonnen, Bäume zu pflanzen, weil er glaubte, dass das Land ohne Bäume sterben müsse. Über Jahrzehnte und durch zwei Kriege folgte er unbeirrbar seinem Weg und als er am Schluss der Erzählung schier mit einem Baum verschmilzt, da hat er den Nachkommen ein blühendes Land voller Bäume und Leben hinterlassen, in das nun auch die Menschen zurückkehren.
Kameramann und Regisseur Kubny hat sich bei dieser Interpretation der Geschichte des französischen Zivilisationskritikers Giono gänzlich auf die meditative Atmosphäre der Vorlage konzentriert und diese in beeindruckenden Natur-Totalen auf die Leinwand übertragen. Dabei unterstützt ihn das natürliche Spiel der Schauspieler – allen voran Franz Bulin, der wirkt, als sei er Bouffier und spielte ihn nicht nur. Das Publikum vermag so die stille, fast kontemplative Liebe dieses Mannes zur Natur nachzuempfinden. Das verdankt der Film neben seinen Bildern vor allem der Montage und der ruhigen, bedächtigen Erzählweise. So lässt er uns den Mythos Baum neu entdecken, und das ist es wohl auch, was Kinder an diesem Film so fasziniert. Bedauerlich nur, dass sich der preisgekrönte Kameramann Kubny nicht immer auf die Kraft seiner Bilder verlässt. So werden mitunter in der Erzählung aus dem Off Dinge berichtet, die wir gleichzeitig im Bild sehen. Zuweilen scheint diese Erzählung geradezu mit der Poesie der Bilder um die Gunst des Publikums zu konkurrieren, ein recht störender Eindruck.
Trotz kleiner Schwächen ist Kubny hier ein wichtiger Film zur rechten Zeit gelungen, der zudem seine Botschaft fast gänzlich ohne Zeigefinger zu vermitteln vermag, auch wenn die "pädagogische" Absicht mitunter durchschimmert. Lobenswert auch, dass Kubny hier nicht in New-Age-Demagogie verfällt, wie wir sie in "Koyaanisquatsi" zu sehen und hören bekamen. Er zeigt uns die Dinge, die zu zerstören sich niemand mehr leisten kann, wenn wir alle überleben wollen. Kein agitatorisches Pamphlet, sondern eine meditative Aufforderung, über das, was im entwickelten Teil der Welt geschieht, noch mal nachzudenken und endlich einzuhalten mit der unerbittlichen Kriegführung gegen die Natur.
Lutz Gräfe
DER MANN MIT DEN BÄUMEN im Katalog der BJF-Clubfilmothek unseres Online-Partners Bundesverband Jugend und Film e.V.
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