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Ausgabe 48-4/1991

SCHACKO KLAK

Produktion: Samsa Film, Luxemburg 1990 – Regie: Paul Kieffer, Frank Hoffmann – Drehbuch: Paul Kieffer, Frank Feitler, nach einem Roman von Roger Manderscheid – Kamera: Jean-Louis Sonzogni, Jos Andries – Schnitt: Nathalie Bosson – Musik: Marcel Wengler – Darsteller: Claude Wagner, Shirin Fabeck, Michèle Clees, Paul Greisch, André Jung u. a. – Laufzeit: 85 Min. – Farbe – Weltvertrieb: Samsa Distributions s.ár.l., Paul Thiltges, 1, rue de Nassau, L-2213 Luxemburg – Altersempfehlung: ab 10 J.

In einem luxemburgischen Dorf marschieren im Zweiten Weltkrieg deutsche Soldaten eine Straße entlang. In umgekehrter Richtung krabbelt die Schildkröte eines Jungen, der auf ihrem Rücken ein Fähnchen mit den Landesfarben befestigt hat. Diese kurze Szene veranschaulicht in einem originellen visuellen Symbol die Ohnmacht der Bevölkerung des kleinen Großherzogtums gegenüber der übermächtigen deutschen Besatzungsmacht. Wie die Truppen Hitlerdeutschlands und der wachsende Widerstand der Einheimischen das dörfliche Leben verändern, zeigt uns der Luxemburger Film "Schacko Klak" am Beispiel des zwölfjährigen Christian. Während er mit der Nachbarstochter Juliette brav die Kühe hütet, treten immer mehr Klassenkameraden der Hitlerjugend bei. Von seinem Lieblingsversteck auf einem Baum sieht er einmal, wie Widerstandskämpfer einen deutschen Polizisten im Wald hinterrücks erschießen. Unter den Dorfbewohnern wächst inzwischen die Angst vor Denunzianten. Sogar Christians Vater gerät unter den Verdacht, mit den Besatzern zusammenzuarbeiten. Dabei wollte er durch ein Gespräch mit einem bekannten Kollaborateur nur versuchen, die 15-jährige Tochter vor der Einberufung zum Arbeitsdienst zu bewahren. Nachdem Christian und seine Familie einen desertierten Sohn aus der Nachbarschaft vor den deutschen Feldjägern gerettet haben, schließen die misstrauischen Dorfbewohner wieder Frieden. Kurz darauf wird die Nachbarsfamilie nach Schlesien zwangsumgesiedelt. Doch dann erscheinen die ersten Bomber am Himmel, die das Kriegsende ankündigen.

Das Ungewöhnliche an diesem Film mit seiner nicht gerade außergewöhnlichen Story ist seine Herkunft aus Luxemburg. Denn dort werden überhaupt erst seit ein paar Jahren Filme gedreht. "Schacko Klak" ist der erste Spielfilm im 35mm-Format, der in der Landessprache gedreht wurde. Das Drehbuch entstand für einen Wettbewerb zum 175. Jahrestag der luxemburgischen Unabhängigkeit. Paul Kieffer und Frank Feitler schrieben es nach einem autobiografisch geprägten Roman von Roger Manderscheid. Schon der merkwürdige Filmtitel, der aus einer Verballhornung von "Tschacko" (für eine Militärkappe) und dem französischen Wort "chapeau claque" (Zylinder) entstanden ist, lässt die nostalgische Stimmung des elegischen Familiendramas erkennen. Kieffer und der Co-Regisseur Frank Hoffmann erzählen in lose aneinander gereihten Episoden, die keine rechte Spannung aufkommen lassen. Selbst die zuweilen pathetisch aufrauschende Streichermusik vermag diese kaum zu steigern. Auch der zuweilen holprige Schnitt verrät, dass das junge Team noch wenig Erfahrung hat. Bei einem Budget von rund 1,5 Millionen Mark verzichtete es leider auch auf einen Militärberater, der peinliche Patzer wie zum Beispiel falsche Befehle eines deutschen Feldwebels hätte verhindern können.

Gleichwohl hatte der nicht als Kinderfilm konzipierte Streifen in Luxemburg erstaunliche Besucherzahlen im Kino, wie ein Mitinitiator des Projekts, Joy Hoffmann vom Luxemburger Kulturministerium, beim Frankfurter Kinderfilmfestival erläuterte. Nach seinen Angaben will die Regierung im Zuge ihrer Förderung des Medienstandortes Luxemburg weitere Filmprojekte unterstützen. Nach den beachtlichen Ansätzen von "Schacko Klak" darf man darauf gespannt sein.

Reinhard Kleber

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 50-4/1992 - Interview - Erster Kinospielfilm aus Luxemburg

 

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