Produktion: Children's Film Unit, Großbritannien 1990 – Regie: Colin Finbow – Drehbuch: Colin Finbow und die Kinder – Musik: Dave Hewson – Darsteller: Ian Hogg, Susan Curnow, Damian Hodges, Charlton Taylor u. a. – Laufzeit: 70 Min. – Farbe – Altersempfehlung: ab 10 J.
Produktionen der Londoner Children's Film Unit (CFU) sind seit Jahren beim Frankfurter Kinderfilmfestival vertreten. 1989 errang sie mit "Hard Road" sogar einen "Lucas". 1991 kam die CFU mit einem neuen Film: "Survivors" entstand erneut unter der Regie und Anleitung von Colin Finbow.
Erzählt wird die Geschichte einer Gruppe schwieriger Jungen, die von ihrem Sportlehrer, Ben Todd, zu einem Abenteuerurlaub auf eine kleine Insel mitgenommen werden. Dort sollen sie eine Woche lang von dem leben, was die Natur ihnen gibt. Alsbald jedoch wird aus dem Spiel blutiger Ernst. Als Todd verschwindet, entbrennt unter den Jugendlichen ein auch mit Gewalt ausgetragener Streit, doch bald schon müssen sie sich mit einem gemeinsamen Gegner befassen: Todd ist durch die Erinnerung an den Tod seines Sohnes auf eben dieser Insel ausgerastet und beginnt, seine Schüler mit Waffengewalt zu bekämpfen. Es kommt zu mehreren Konfrontationen, bevor es den Kids gelingt, die Insel mit einem Floß zu verlassen. Doch erneut erwartet sie Todd, und im Showdown müssen sie ihn verletzt aus dem Wasser ziehen.
Soweit die Geschichte dieses 11. Films der CFU, der wie kein anderer die Schwächen dieses eigentlich beachtlichen Konzeptes offen legte. Obwohl er recht interessant und spannend beginnt, verliert der Film im weiteren Verlauf zunehmend an Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft. Nun mag man einwenden, dass es unfair ist, eine von Jugendlichen selbst erstellte Low-Budget-Produktion (200.000 DM) mit professionellen Kinderfilmen zu vergleichen. Andererseits muss, wer sich auf ein Festival begibt, sich auch messen lassen. Da fällt "Survivors" stark ab. Vor allem liegt das im Mangel an professioneller Dramaturgie. So beginnt die Geschichte wie eine Variante vom "Herr der Fliegen", geht dann aber in Richtung eines Action-Thrillers, um schließlich recht abrupt zu enden. Der Film ist auch sonst voller Brüche und Lücken. Fragen bleiben offen, z. B.: Warum verhält sich Todd so? War er schuld am Tod seines Sohnes oder waren es andere Jugendliche? Die Ungenauigkeiten in der Psychologie der Figuren verleiden einem den Spaß am Film. Warum sollte ich mich für Figuren interessieren, die so ungenau ausgeformt sind, dass ich das Gefühl habe, auch den Machern sei diese Figur egal. Wenn man aber einen psychologisch motivierten Täter einführt, dann muss seine Psychologie auch stimmig sein, sonst verliert der Film in einem zentralen Moment an Glaubwürdigkeit.
Dabei hat der Film auch Stärken: Nach wie vor trauen sich die Kids Einstellungen und Schnitte, die man "so nicht macht". Diese Frische in der Inszenierung war es ja auch, die schon in "Hard Road" zu überzeugen wusste, wenn auch damals schon Mängel in der Story unverkennbar waren. Dem Zuschauer erscheint es oft so, als habe Finbow seine Kids genauso allein gelassen wie Todd seine Schützlinge im Film. Es ist sicher richtig, ihnen so viel Freiraum wie möglich zugeben, andererseits heißt es, 15-Jährige zu überfordern, verlangte man von ihnen professionelle und ausgefeilte Dramaturgie. Aber ohne diese geht es nun mal nicht. Die CFU sollte aus ihren Fehlern lernen. Gezielte professionelle Einflussnahme muss nicht heißen, dass man den jungen Leuten gegen ihren Willen etwas aufzwingt. Sonst werden die Filme der CFU nie mehr sein als eine interessante Spielwiese, deren Ergebnisse jedoch nicht zu ernst genommen werden können.
Lutz Gräfe
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