Produktion: USA 1994 – Regie: Maurice Hunt (Animation), Joe Johnston (Real-Szenen) – Buch: David Casci, David Kirschner – Musik: James Horner – Darsteller: Macaulay Culkin, Christopher Lloyd, außerdem die deutschen Stimmen von: Ozean Uenal, Hanns Joachim Friedrichs, Evelyn Hamann, Harald Juhnke, Manfred Krug – Länge: 75 Min. – Farbe – Verleih: Twentieth Century Fox
Eigentlich ist es eine wunderbare Idee: Richie Tyler ist ein neurotischer Angsthase, der sich in seinem Jungenleben vor allem an Verbotsschildern und Unfallstatistiken orientiert. Eines Tages verschlägt ihn die Suche nach einem Telefon in die Stadtbibliothek. Auf regennassen Schuhen rutscht Richie aus, und als er nach dem Sturz auf den Kopf die Augen wieder aufschlägt, ist die Welt der Bücher um ihn herum lebendig geworden. Auf seiner Suche nach dem Ausgang aus dem Regal-Labyrinth findet er drei Freunde, die nicht von Pappe sind: Abenteuer, Phantasie und Grusel sind Stellvertreter ihres jeweiligen Buchgenres, und in ihrer Begleitung begegnet Richie den Gestalten aus den Klassikern der Weltliteratur, von Dr. Jekyll und Mr. Hyde über Moby Dick und Kapitän Ahab hin zu Feuer speienden Drachen und rettenden Bohnenranken. Die Welt der Bücher weckt endlich Richies Interesse für die Welt jenseits seiner Ängste.
In der Tat eine wunderbare Filmidee, und gerade bei der Umsetzung als Zeichentrickfilm wären dem Streifzug durch die Phantasien der Jahrhunderte keine Grenzen gesetzt gewesen, und alle Plagiate wären als gewollt entschuldigt gewesen. Das Ergebnis enttäuscht jedoch trotz eines massiven Aufgebotes an Star-Stimmen im Original (Macauley Culkin, Christopher Lloyd, Whoopi Goldberg, Leonard Nimoy) und in der deutschen Fassung (siehe oben). Verblüffend langweilig und mit pathetischen Sinnsprüchen fade gewürzt ziehen sich Richies Abenteuer durch die lieblose Billig-Animation. Auch bei den Tricks in der real gefilmten Rahmenhandlung wackelt die Pappe – pardon, der Computer.
"Halte dich an die Bücher" rät der weise Pagemaster dem Jungen, und er hat ja so recht: Im Heyne Verlag erschien das hinreißend illustrierte Bilderbuch, das Richies Geschichte in stehenden, aber ungleich lebendigeren Bildern erzählt. Und beim Betrachten des technisch aufwändigen, phantasievollen amerikanischen CD-ROM-Computerspiels zum Film stellt sich der Verdacht ein, als sei hier das Merchandising die Hauptsache und der Film nur noch ein Abfallprodukt gewesen.
Bärbel Schnell
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