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Ausgabe 71-3/1997

ICH HABE AUCH EINEN PAPA

WO YE YOU BA BA

Produktion: Shanghai Film Studio; VR China 1996 – Regie: Huang Shuqin – Buch: Peng Xiaolian, Zhang Qi, Xia Xiaoyun – Kamera: Pan Feng – Schnitt: Liu Jialin – Musik: Yang Mao – Darsteller: David Wu (Lin Tian-Hai), Wang Quan (Da Zhi), Ma Xiaoqing (Liu Mei) – Länge: 101 Min. – Farbe – Weltvertrieb: Shanghai Film Studio, No. 595 Cao XI, Road North, Shanghai 200030, VR China, Tel. +86-21-64878241 – Altersempfehlung: ab 8 J.

Der kleine, schmächtige Da Zhi ist ein begeisterter Fußballfan. Als sein Idol, der berühmte Spieler Lin Tian-Hai, mal wieder tatkräftig zum Sieg seiner Mannschaft beigetragen hat, versucht Da Zhi, ein Autogramm von ihm zu bekommen. Der Straßenjunge rennt ihm nach, stürzt aber plötzlich. Blut läuft ihm aus der Nase und aus dem Mund. Erst im Krankenhaus kommt Da Zhi wieder zu sich. Auf der Station für leukämiekranke Kinder erklärt ihm die kleine Xiao Yaomei, dass mit seinem Blut etwas nicht in Ordnung ist und er wohl wie sie einige Zeit bleiben muss. Der Junge will nicht glauben, dass er schwer krank ist, und versucht abzuhauen. Doch das Personal ist wachsam.

Als die jungen Patienten ein Fußballspiel im Fernsehen anschauen, fragt eines der Kinder Da Zhi nach seinem Vater. Zum allgemeinen Erstaunen zeigt der auf den Bildschirm und behauptet, der Fußballstar Lin Tian-Hai sei es. Natürlich glaubt ihm keiner, aber die aufmerksame Krankenschwester Liu Mei beschließt, Vater und Sohn zusammenzubringen. Da Zhi kommt ihr zuvor und bittet den Kicker, den Schwindel nicht auffliegen zu lassen. Zunächst lehnt Lin ab; als ihm die Krankenschwester vom Schicksal des Jungen erzählt, lässt er sich überreden und besucht "seinen" Sohn im Krankenhaus. Da Zhi und die anderen Patienten sind begeistert. Lin Tian-Hai erkennt, dass er noch mehr tun kann.

Wie viele andere Kinderfilme aus der Volksrepublik China setzt auch diese Produktion des Shanghai Film Studios vor allem auf elementare familiäre Konflikte und starke Emotionen, deren expressive Darstellung westlichen Sehgewohnheiten jedoch nicht unbedingt entspricht und daher oft etwas exaltiert erscheint. Wer jedoch etwas Geduld mitbringt und sich auf die Erzählweise einlässt, wird das Kino mit neuen Einsichten verlassen. Zum Beispiel der, dass sich unbändige Lebenslust und traurige Todesgewissheit in einem für Kinder bestimmten Film nicht ausschließen müssen. Der 1939 geborenen Regisseurin Huang Shuqin gelingt es nämlich, beides glaubwürdig miteinander zu verbinden, etwa wenn die kleinen Patienten auf der Station herumtollen und dabei ihren Kummer vergessen. Besonders hervorzuheben ist die ausgezeichnete Führung der Jungdarsteller, so vor allem in der ergreifenden Szene, in der Da Zhis Leidensgefährtin Xiao Yaomei spürt, dass sie nun sterben muss und sich von ihm verabschiedet. Gerade dem jungen Publikum ermöglicht die Regie hier, sich eindringlich mit dem Thema Tod und dem schwierigen Umgang damit zu befassen, ohne es dabei zu überfordern.

Zwischen solchen inszenatorischen Höhepunkten verzettelt sich das 101 Minuten lange Melodram allerdings in allerlei Nebenhandlungen, die vom dramatischen Kern zu weit wegführen. Und dass das Schicksal am Ende nicht nur "Vater und Sohn" zusammenführt, sondern wahrscheinlich die Krankenschwester die konventionelle Kleinfamilie komplettiert, befriedigt zwar das verbreitete Bedürfnis nach Happy End und heiler Welt, wird hier aber reichlich sentimental bebildert.

Reinhard Kleber

 

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Ausgabe 71-3/1997

 

Filmbesprechungen

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Interviews

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Kinder-Film-Kritiken

Die kleine Zauberflöte|


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