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Ausgabe 47-3/1991

FANTASIA, DIE GEISTERINSEL

GEORGE'S ISLAND

Produktion: Salter Street Films Ltd., Kanada 1989 – Regie: Paul Donovan – Drehbuch: Paul Donovan, Maura O'Connell – Kamera: Les Krizsan – Schnitt: Stephan Fanfara – Musik: Marty Simon – Darsteller: Ian Bannen, Maura Chaykin, Sheila McCarthy – Laufzeit: 86 Min. – Farbe – FSK: ab 6 – Verleih: Highlight (35mm) – Altersempfehlung: ab 8 J.

Der zehnjährige George lebt mit seinem Großvater in einem etwas verwilderten kleinen Haus und hat viel mehr Spaß an dessen wüsten Seeräubergeschichten als an dem trockenen Lehrstoff in der Schule. Das ist seiner gestrengen Lehrerin schon lange ein Dorn im Auge, findet sie doch, dass dem Jungen das Zusammenleben mit dem eigenbrötlerischen Großvater nur schadet. Schließlich ist dieser ein gefährlicher Mann, beschießt er doch schon mal unerwünschte Eindringlinge mit Salzschrot. So macht sie sich auf zum Jugendamt und erreicht die Einweisung des Kleinen bei Pflegeeltern. George wird von zwei Polizisten aus der Schule abgeholt und in sein neues "Heim" gebracht. Die Pflegeeltern entpuppen sich als völlig überdrehtes Vorstadtehepaar, das seine Schützlinge als billige Einnahmequelle missbraucht. George kommt in eine Zelle im Keller und wird fortan nur noch "Nummer 2" genannt. Sein Essen verdient diese Bezeichnung nicht, und er darf das Haus nur zur Schule verlassen. Kontakt zu den anderen Kindern im Haus ist ihm strengstens untersagt. Dennoch gelingt es ihm, mit "Nummer 1" zu sprechen und siehe da, es ist die Musterschülerin Bonnie, die man bislang für ein Mädchen aus behütetem Hause gehalten hatte. Sie werden erwischt, und die Pflegeeltern verschärfen ihre Haftbedingungen. Dennoch gelingt es den beiden, an Halloween im Gedränge zu entkommen – natürlich unter der tatkräftigen Mithilfe des Großvaters.

Sie fliehen auf eine kleine Insel – Georges Insel genannt, wo dem Vernehmen nach die Geister von Piraten ihr Unwesen treiben: Sie sollen von einem raffgierigen Piratenkapitän ermordet worden sein, nachdem sie seinen Schatz vergraben hatten. Den Kindern dicht auf den Fersen: die Lehrerin und der Jugendpfleger. Aber mit Hilfe der Piratengeister kommt es doch noch zum Happy End. Der Schatz wird gefunden, und die Erwachsenen bekommen eine Lektion, die sie ihr Lebtag nicht vergessen werden. Am Schluss ist George wieder bei seinem Opa und auch für Bonnie wird eine Lösung gefunden.

Soweit die Story dieser übermütigen kanadischen Kinderkomödie, die 1988 auf dem Kinderfilmfestival in Frankfurt zu sehen war. Ein Film voller verrückter Ideen und ebensolcher Figuren. Hervorstechend dabei vor allem die Lehrerin, wunderbar verkörpert von Sheila McCarthy (bekannt aus dem Film "I've Heard the Mermaids Singing"). Mit einer an Maggie Smith erinnernden Verve gibt sie eine spätviktorianische Lehrerin: So etwa, wenn sie zur Probe, ob die Klasse auch still ist, mehrfach eine Stecknadel fallen lässt, bis man sie hören kann, und das, während die Kinder eigentlich schon Pause haben. Dennoch sind die Erwachsenen – besonders die Lehrerin und der Jugendpfleger – keine Pappkameraden zum Umstoßen, die nur der Belustigung dienen, sondern ganz reale Menschen mit ganz realen Sehnsüchten und Bedürfnissen. Sie handeln auch weniger aus purer Bosheit, denn aus übertriebener Sorge, wie das Erwachsene im Umgang mit Kindern zu oft zu tun pflegen. Und auch die gewitzten Kinder nehmen für sich ein. Alles in allem eine gelungene Kinderkomödie,die ihre wilde Geschichte vor einem ernsten – wenn auch satirisch überspitzten – Hintergrund erzählt und dabei nie zur Klamotte wird.

Lutz Gräfe

 

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Ausgabe 47-3/1991

 

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