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Ausgabe 64-4/1995

KES

Produktion: Kestrel Film Production / Woodfall Films, Großbritannien 1969 – Regie: Kenneth Loach – Buch: Kenneth Loach, Tony Garnett, Barry Hines – Kamera: Chris Menges – Schnitt: Ray Watts – Musik: John Cameron – Darsteller: David Bradley (Billy), Fredie Fletcher, Lanne Perrie, Colin Welland u. a. – Länge: 110 Min. – Farbe – Verleih: BJF-Clubfilmothek; KJF (16mm) – Altersempfehlung: ab 10 J.

 

Filmdokumentation

Der vierzehnjährige Billy lebt mit seiner geschiedenen Mutter und seinem älteren Bruder in einem düsteren Außenbezirk der nordenglischen Industriestadt Bansley. Da die Mutter wenig verdient und der Bruder nicht viel zum Lebensunterhalt beiträgt, muss auch Billy neben der Schule arbeiten und Zeitungen austragen. Eines Tages holt er sich aus einem Falkenhorst einen jungen Falken, stiehlt in einer Buchhandlung ein Buch über Falknerei und beginnt, den Falken Kes abzurichten. Er macht große Fortschritte und kann eines Tages sogar in seiner Klasse einen Vortrag über Falken halten. Als Billy das Geld seines Bruders nicht – wie ihm aufgetragen – zum Wettbüro bringt, sondern Fleisch für den Falken davon kauft, tötet Billys Bruder im Zorn den Falken.

"Kes" war der Wunschfilm der Lehrer für das Wanderkino, der Aktion des Bundesverbands Jugend und Film zum 100-jährigen Filmjubiläum 1995, in Bad Münstereifel. So voll war das Zelt weder vorher noch nachher – etwa 200 Menschen im Alter von 11-14 Jahren drängten sich zur Vorführung dieses Films. Die Schulen hatten ausführliche Informationen über das Wanderkino im Zirkuszelt und speziell über den Inhalt von "Kes" bekommen. Vor dem Film stellten wir das Wanderkino und seine Besonderheiten vor, erzählten vom 100. Geburtstag des Kinos und von der Tournee. Der Leiter des Wildgeheges Hellenthal hatte auf meine Bitte hin einen zwölfjährigen Falkner mit seinem Falken mitgebracht.

Erfahrungen/Bewertung

Zu Beginn des Films lachten die Schüler, um ihre Betroffenheit zu kaschieren. Manche Bemerkung zum Bruder von Billy wurde gemacht; sie wollten Billy ermuntern, sich zu wehren. Aber schnell sahen sie ein, dass Billy das nie schaffen würde. Die 110 Minuten des Films ließen interessierte, aber auch sehr betroffene Zuschauer zurück. Besonders die brutalen Szenen, bei denen die Schüler geschlagen wurden, bewegten. Sie freuten sich, dass wenigstens ein Lehrer sich für Billy und seinen Falken interessierte und meinten, das müsse doch gefördert werden. Damit könne Billy sicher etwas in seinem Leben machen. "Soviel Einfühlungsvermögen hat noch lange nicht jeder!" sagten sie. Im Gespräch wollten wir wissen, wie das Leben von Billy denn weitergehen könnte. Die Filmbesucher stellten sich viele unterschiedliche Möglichkeiten für seinen Lebensweg vor. Sie fragten, ob es früher wirklich so in der Schule gewesen sei, dass geschlagen wurde. Gerade über diese Szenen gab es heiße Diskussionen. Viele der Anwesenden meinten, sie würden solch arme Kinder nicht kennen, andere erzählten aus ihrer Nachbarschaft, in der es Kinder gäbe, denen es auch nicht gut geht.

Die Gruppe von Behinderten malte ihre Erlebnisse am nächsten Tag. Dabei konnten wir feststellen, dass sie ganz unterschiedliche Dinge wichtig gefunden haben. Der Falke kam oft vor, aber auch die abgerissene Kleidung von Billy. Der tote Falke und der Bruder waren ebenso Gegenstand ihrer Bilder wie die Mutter, deren Hilflosigkeit zu sehen war.

Nach dem Film zeigte der jugendliche Falkner draußen vor dem Zelt einige Kunststücke mit seinem Falken. Fragen zur Falknerei wurden vom Gehegeleiter sachkundig beantwortet. Mittlerweile schwang sich der Falke in die Lüfte und setzte sich oben auf das Wanderkino.

Elke Andersen

 

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Ausgabe 64-4/1995

 

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