Zum Inhalt springen

Ausgabe 66-2/1996

MEIN FREUND JOE

MY FRIEND JOE

MEIN FREUND JOE

Produktion: Gemini Filmproduktions GmbH / Promedia / Portman Entertainment Group; BRD / Irland / Großbritannien 1995 – Regie: Chris Bould – Buch: David Howard, nach dem Roman "Jan, mein Freund" von Peter Pohl – Kamera: Michael Faust – Schnitt: Rodney Holland – Musik: Ronan Hardiman – Darsteller: Schuyler Fisk (Joe), John Cleere (Chris), Stephen McHattie (Curt), Stanley Townsend (Mr. Doyle), Pauline McLynn (Mrs. Doyle) u. a. – Länge: 96 Min. – Farbe – Weltvertrieb: Portmann Entertainment Group, Advance House, 101-109 Ladbroke Grove, GB-London W11 1TG, Tel. 0044-171-468 3456, Fax 0044-171-468 3455 – Altersempfehlung: ab 8 J.

Joe gesellt sich zu einer Jungen-Clique im Vorort von Dublin: Er schafft es locker, vom fahrenden Lieferwagen eine Cola-Flasche zu klauen. Und auch bei der Wette, ob er sich traut, mit dem Mountainbike die 132 Stufen zum Meer hinunterzuradeln, hält er mit: "Ich kann mehr als du träumst", meint Joe und saust die Treppe hinab. Am Ende hat er zwar die Wette gewonnen, allerdings ist sein Rad lädiert. Auf jeden Fall hat Chris an diesem Tag einen neuen Freund gefunden ...

"Jan, mein Freund" heißt das auch in Deutschland erfolgreiche Jugendbuch von Peter Pohl, das in Schweden mit dem Preis für den besten Erstling eines Autors und mit der Nils-Holgersson-Medaille ausgezeichnet wurde: Der irische Regisseur Chris Bould drehte den überzeugenden Kinderfilm "Mein Freund Joe" nach Motiven dieses Buches. "Joe ist doch ein Mädchen – oder?" Was dem Zuschauer ganz schnell klar wird, bleibt für Chris und alle anderen im Film bis zum Schluss ein großes Geheimnis. Es gibt kaum etwas Schöneres im Kino: Der Zuschauer weiß mehr als die Beteiligten, das macht herrlich überlegen und sorgt für zusätzliche Spannung.

Joe heißt Joanne und ist mit dem "Circus Rosseti" unterwegs. Gemeinsam mit einem Partner tritt sie dort auf: The Aerial Brothers vollführen gefährliche Kunststücke auf dem Drahtseil. Joes Onkel Curt möchte auf keinen Fall, dass sich Joe auf dem Seil als Mädchen zu erkennen gibt: "Ich will da oben nicht deine Mutter sehen", sagt Curt einmal, denn das erinnert ihn an den tragischen Absturz, bei dem Joes Mutter ums Leben gekommen ist und er selbst schwer verletzt wurde. Curt trainiert hart mit Joe, denn sie soll Erfolg haben – um jeden Preis. Wenn Joe nicht tut, was er will, schlägt er sie mit einem Gürtel.

Joanne ist ein Zirkuskind, aber sie sehnt sich auch nach einem intakten und vor allem liebevollen Familienleben. Und sie möchte nicht immer für einen Jungen gehalten werden. Als sich Joe und Chris einmal einen Hasen näher betrachten, gibt es eine hübsche Anspielung, dass man nicht immer gleich erkennt, woran man ist: "Da haben wir uns im Geschlecht geirrt." Die Freundschaft zu Chris gibt Joanne die nötige Kraft und Selbstsicherheit: Sie kann sich von ihrem brutalen Onkel befreien und ihn bei der Polizei anzeigen. Und noch eine schwere Entscheidung muss sie treffen – zwischen Zirkuszelt und der Familie von Chris, zwischen Herumreisen und Stetigkeit.

"Mein Freund Joe" ist ein rundum gelungener Kinderfilm, er hat Tempo und keine Szene ist überflüssig: Die Kinder sind glaubwürdig, ihre Mutproben gefährlich, die Geschichte vom Jungen Joe, der viel lieber das, was "er" wirklich ist, nämlich das Mädchen Joanne, sein will, ist aufregend und psychologisch differenziert.

Manfred Hobsch

 

Bundesverband Jugend und Film e.V.MEIN FREUND JOE im Katalog der BJF-Clubfilmothek unseres Online-Partners Bundesverband Jugend und Film e.V.

 

Permalink für Verlinkungen zu dieser Seite Dauerhafter, direkter Link zu diesem Beitrag


Ausgabe 66-2/1996

 

Filmbesprechungen

BELMA| BENJAMIN, DIE TAUBE| DIE BRENNENDE SCHNECKE| EINS UND EINS MACHT VIER| DER JUNGE, DER NICHT MEHR SPRECHEN WOLLTE| KEINE ANGST VORM FLIEGEN| KIDS| DAS MÄRCHEN VON DEN DREI JUWELEN| MEIN FREUND JOE| DER SOMMERGARTEN – DIE FREUNDE| DIE SPUR DER ROTEN FÄSSER| THE KILLING OF A CAT| TOY STORY| UNTER DEM MAULBEERBAUM| WALLACE UND GROMIT UNTER SCHAFEN| WILLIES KRIEG|

Interviews

Brouwers, Lou - "Es reizt mich, Geschichten mit der Kraft des Bildes zu erzählen"| Hesselholdt, Lars - "Ich will zuerst die Herzen der Zuschauer, nicht ihren Kopf"| Ried, Elke - Nestwärme für den Spatzen in einer kargen Zeit| Wessel, Kai - "Es war eine große Freude zu beobachten, welche Kraft in den kleinen Menschen steckt"|


KJK-Ausgabe 66/1996

 

Anzeigen:

Einzelne Ausgaben:

Filmtitel nach Alphabet:

Zusatzmaterialien:

Volltext-Suche:

 

 


Sonderausgaben bestellen!