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Ausgabe 88-4/2001

"Produzenten und Regisseure sollten mehr wagen"

Ein Gespräch mit Rose-Marie Strand von Folkets Bio

Interview

Rose-Marie Strand ist bei Folkets Bio verantwortlich für den Bereich Kinder- und Jugendfilm. Der schwedische Arthaus-Verleih Folkets Bio wurde 1973 von Filmemachern und Filmstudenten gegründet. Mit Sitz in Stockholm vertreibt der Verleih schwedische und internationale Spiel-, Kurz- und Dokumentarfilme. Zu Folkets Bio gehören außerdem 14 Programmkinos in Schweden und das Videolabel Cinemagi. Für den Vertrieb von Kinder- und Jugendfilmen hat Folkets Bio ein erfolgreiches Konzept entwickelt, das neben den Kino-Aufführungen auch in großem Maße Schulvorführungen umfasst. Der Verleih stellt den Lehrern darüber hinaus Unterrichts-Material zur Verfügung.

KJK: Was ist Ihre Aufgabe bei Folkets Bio?
Rose-Marie Strand: "Ich kaufe Kinder- und Jugendfilme an und entwickle die Vertriebspläne sowohl für die Kino- als auch für die Schulvorführungen. Letztere machen einen großen Teil unseres Umsatzes in dieser Sparte aus. Die Filmvorführungen werden von den Kinobesitzern und Lehrern selbst organisiert. Mein Job ist es, interessante, gute und witzige Filme zu finden und den Lehrern pädagogische und methodische Ideen an die Hand zu geben, wie sie mit den Filmen im Unterricht arbeiten können. Wir stellen das Lehrmaterial auch auf unsere Website und das Schwedische Filminstitut veröffentlicht das Material zu unseren Filmen in der Zeit ZOOM."

Was verstehen Sie unter Medienerziehung?
"Im weitesten Sinne bedeutet es, bewegte Bilder im Unterricht einzusetzen. Im engeren Sinne sollen Kinder lernen, Filmsprache zu verstehen. Dazu gehört aber auch, selbst Filme zu machen."

Wie groß ist der Anteil der Kinder- und Jugendfilme im Gesamtprogramm von Folkets Bio?
"Wir sind ein kleiner Verleih mit acht Angestellten, davon zwei Einkäufer. Mein Kollege kauft jährlich 20-22 Arthausfilme und ich kaufe vier bis sechs Kinder- und Jugendfilme. Dies zeigt schon, dass es schwer ist, Kinobetreiber und Lehrer zu überzeugen, Kinderfilme zu zeigen. Unser Umsatz wird vor allem mit dem regulären Arthaus-Repertoire erwirtschaftet."

Wer finanziert Ihr Engagement im Kinderfilmbereich?
"Das Schwedische Filminstitut unterstützt uns über einen Zeitraum von zehn Jahren mit einem Betrag, der die Kosten für eine ganze Stelle sichert. Die Filme, die ich kaufe, müssen dennoch ihre Kosten wieder einspielen und natürlich einen kleinen Gewinn abwerfen. Wir arbeiten in einem absolut kommerziellen Bereich. Auch wenn wir unterstützt werden, unterliegen wir den Marktgesetzen."

Zahlen Lehrer und Kinder für die Filmvorführungen und Diskussionen?
"Ja, aber nur wenig."

Wie groß ist der Anteil der Dokumentarfilme für Kinder im Verleih von Folkets Bio?
"Wir verleihen etwa 24-28 Filme pro Jahr, mindestens 5-6 davon sind Dokumentarfilme, die in den Kinos laufen. Leider sind dabei nur selten Filme für Kinder. Ein positives Beispiel war 'Aligermas Abenteuer', der ein schöner Erfolg in den Kinos und ein Riesenerfolg in den Schulaufführungen war."

Haben Sie den Eindruck, dass Dokumentarfilme von Kindern anders rezipiert werden als Spielfilme?
"Es gibt bei Kindern großes Interesse, etwas über andere Menschen, Länder und Kulturen zu sehen und zu lernen. Aber es muss auf interessante Weise erzählt werden."

Wann ist ein Dokumentarfilm für Kinder geeignet? Welche Kriterien haben Sie bei der Filmauswahl?
"Sie müssen einen humorvollen Touch haben und die Charaktere dürfen nicht zweidimensional sein, es müssen lebendige Personen sein. Kinder sehen gerne starke Kinder, die mutig sind und dennoch Spaß haben. Es dürfen keine Tragödien sein."

Glauben Sie, dass das Angebot von künstlerisch anspruchsvollen Dokumentationen für Kinder eine größere Nachfrage in diesem Bereich erzeugen kann?
"Auf jeden Fall. 'Aligermas Abenteuer' hat gezeigt, dass ein Interesse an anspruchsvollen Kinderdokumentarfilmen besteht und diese ihr Publikum finden, im Kino und später auf Video. Produzenten und Regisseure sollten mehr wagen und künstlerische Dokumentarfilme mit Blick auf eine Kino-Vermarktung drehen."

Interview: KJK-Redaktion

 

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Ausgabe 88-4/2001

 

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