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Ausgabe 59-3/1994

"Der Kinderfilm war immer ein wichtiger Bestandteil unserer Produktionsarbeit"

Gespräch mit Milon Terc, Generaldirektor des Atelier Zlín und Direktor des Internationalen Kinderfilm-Festivals Zlín /Tschechische Republik

Interview

KJK: Seit wann werden in Zlín Kinderfilme produziert?
Milon Terc: "Der weltbekannte mährische Industrielle Tomas Bata, der 1923 auch Bürgermeister von Zlín wurde, hat mit dem Aufbau seiner Schuhfabrik gleichzeitig sein innovatives Sozialwerk ins Leben gerufen. Er baute moderne Wohnhäuser für die Arbeiter, Krankenhäuser, Schulen und ein Filmstudio. Die ersten Filme dieses Studios waren neben Werbefilmen auch Filme für den Schulunterricht. Diese Schulfilmproduktion wurde kontinuierlich ausgebaut und existiert heute noch, allerdings natürlich unter Verwendung modernster multimedialer Techniken. Die Produktion von Animationsfilmen und Spielfilmen für Kinder entwickelte sich in den 40er-Jahren und wurde bald zu einem wichtigen Produktionszweig der Zlíner Filmstudios."

Sie haben bei dem diesjährigen Festival eine Kachyna-Retrospektive gezeigt. Arbeitet Kachyna auch wieder in Zlín?
"Karel Kachyna hat früher viel in Zlín gearbeitet. Seine Karriere hat hier ihren Anfang genommen. Später hat er überwiegend in Prag produziert, aber er wird nach Zlín zurückkehren."

Wie ist heute, fünf Jahre nach der politischen Wende, die Situation des tschechischen Kinderfilms?
"Sie ist, offen gesagt, nicht sehr rosig. Während der Zeit der staatlichen Filmproduktion war ein Teil der jährlichen Produktionsmittel fest für den Kinderfilm reserviert, und es wurden pro Jahr in den tschechoslowakischen Filmstudios 8 bis10 Kinderfilme produziert. Heute haben wir eine sehr schwierige wirtschaftliche Situation. Das Zlíner Filmstudio wurde in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und muss eigenwirtschaftlich handeln. Eine staatliche Subvention gibt es bisher nicht, nur eine gewisse Unterstützung in Form von Zuschüssen. Wie jedes Wirtschaftsunternehmen muss daher das Atelier Zlín mit Bankkrediten arbeiten, deren Zinsen heute bei 17 Prozent liegen. Wir bemühen uns darum, dass die Kreditpolitik der Banken für den Kinderfilm erträglicher wird."

Wie viele Kinderspielfilme werden zurzeit jährlich in der Tschechischen Republik produziert?
"In diesem Jahr gab es einen neuen Kinderspielfilm aus Zlín und einen aus Prag. Aber das Prager Filmstudio Barrandov wird wohl die Produktion von Kinderspielfilmen bald ganz aufgeben. Das ist natürlich eine Chance für Zlín."

Beteiligt sich das tschechische Fernsehen an der Produktion von Kinderspielfilmen?
"Solche Koproduktionen laufen langsam an. Zur Zeit führen wir Verhandlungen mit dem tschechischen Fernsehen über einen neuen Kinderspielfilm. Das Interesse an weiteren Koproduktionen ist vorhanden, zumal wir gerade eine sechsteilige Fernsehserie für Kinder im Auftrag des tschechischen Fernsehens produziert haben."

Gibt es Koproduktionen mit dem Ausland?
"Da stehen wir erst am Anfang, allerdings nur im Bereich der kurzen Animationsfilme. Aber wir wollen gerade für den Spielfilm auch ausländische Partner gewinnen, wobei wir allerdings Wert darauf legen, dass unsere nationale Identität weitgehend erhalten bleibt."

Kann die große Tradition des tschechoslowakischen Kinderfilms weitergeführt werden?
"Ich bin fest davon überzeugt, dass sie überleben wird. Daran wird auch die neue Grenze zu unserem Nachbarland Slowakei nichts ändern, mit dem wir in der Produktion zusammenarbeiten. Die gute Beteiligung slowakischer Filme beim diesjährigen Kinderfilm-Festival von Zlín ist ein Beweis dafür."

Mit Milon Terc sprach Bernt Lindner

 

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