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Ausgabe 111-3/2007

TONI GOLDWASCHER

TONI GOLDWASCHER

Produktion: KEVIN LEE Filmgesellschaft mbH, Deutschland 2007 – Regie: Norbert Lechner – Drehbuch: Rudolf Herfurtner, nach dem gleichnamigen Roman von Josef Einwanger – Kamera: Maximilian Plettau – Schnitt: Manuela Kempf, Norbert Lechner – Musik: Markus Lonardoni – Darsteller: Lorenz Strasser (Toni), Florian Schlegl (Hans Beil), Maria Brendel (Tonis Mutter), Annemarie Lechner (Elfie), Luis Huber (Herbert), Leopold Hornung (Kaplan) u. a. – Länge: 84 Min. – Farbe – FSK: ab 6 – FBW: besonders wertvoll – Verleih: KEVIN LEE Filmgesellschaft / Vertrieb: Zorro Film – Altersempfehlung: ab 8 J.

Die Werbung zum Film verspricht eine bayerische Tom Sawyer-Geschichte und das ist zumindest in punkto Abenteuer und Außenseitertum gar nicht so falsch: Wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg lebt der zwölfjährige Toni mit seiner Mutter und seinem Hund Strupp in einem kleinen Goldwascherhaus in der Nähe eines bayerischen Orts am Inn. Als der Fluss noch nicht gezähmt war, konnte man dort an bestimmten Stellen Gold finden, die der Gebirgsbach aus dem Alpengestein gewaschen hatte. Tonis Großvater war ein solcher Goldwascher, was ihm den zweifelhaften Ruf im Dorf eintrug, sein Geld nicht mit "ehrlicher" Arbeit verdienen zu wollen. Tonis Vater wiederum desertierte kurz vor Kriegsende, weil er sein Leben nicht sinnlos opfern wollte, und wurde deshalb von Nazis umgebracht. Ohne eigenes Verschulden ist Toni im Dorf also zum Außenseiter geworden, was noch durch die traditionellen Rivalitäten zwischen den reicheren Menschen im Oberdorf und den ärmeren im Unterdorf verstärkt wird.

So kommt es, dass der streng erzogene Großbauernsohn Hans Beil mit seiner Bande aus dem Oberdorf Toni und seine Freunde aus dem örtlichen Waisenhaus, den Epileptiker Herbert und die durch traumatische Ereignisse im Krieg verstummte Elfie, ständig schikaniert. Ein junger Kaplan, der zur Vertretung des Pfarrers einige Monate ins Dorf gekommen ist, möchte die alten Rivalitäten begraben und Toni als Ministrant gewinnen. Toni wiederum hat nichts anderes im Sinn, als in einer Bucht auf der anderen Seite des Flusses wie sein Großvater nach Gold zu suchen. Als er tatsächlich fündig wird, macht sich auch Hans Beil auf Schatzsuche – und findet einen vergrabenen Karabiner nebst Munition. Damit hofft er, es Toni endlich heimzahlen zu können.

Mit der Verfilmung des Romans von Josef Einwanger hat sich Norbert Lechner eines originären und geradezu archaischen Stoffs angenommen, der heute im Kinderfilmbereich äußerst selten ist. Denn Roman wie Film spielen in der unmittelbaren Nachkriegszeit, in der die Wunden und Hinterlassenschaften des Zweiten Weltkriegs noch überall zu spüren sind und die Freizeitaktivitäten der Kinder noch nicht vom Fernsehen, Handy oder von Computerspielen bestimmt waren. Sein Wagnis wird noch dadurch verstärkt, indem alle Figuren in bayerischer Mundart reden, was mit Ausnahme der stummen Elfie im Detail zu leichten Verständnisproblemen führen könnte. Andererseits haben Filme wie "Daheim sterben die Leut" der Westallgäuer Filmproduktion oder jüngst "Wer früher stirbt ist länger tot" von Marcus H. Rosenmüller gezeigt, dass der bayerische Dialekt keineswegs ein Hinderungsgrund für den Erfolg eines Films sein muss.

Der Schwachpunkt in Lechners Film liegt woanders. Man merkt dem eigentlich rundum sympathisch wirkenden "Heimatfilm" an, dass er mit sehr wenig Geld produziert wurde, von der Ausstattung angefangen über die mitunter etwas klischeehaft geratene Zeichnung der Erwachsenenfiguren bis zur dramatischen Suchaktion nach dem verschollenen Toni, die eher an einen gemütlichen Bootsausflug erinnert. Hinzu kommen einige Anschlussfehler, unfreiwillig komische Dialoge und dramaturgische Schwächen in der chronologischen Koinzidenz der Ereignisse, wenn jede Person zufällig immer zur rechten Zeit am rechten Fleck steht. Wettgemacht werden solche Fehler aber durch das überzeugende Spiel der Kinderdarsteller, durch das bodenständige Lokalkolorit der bayerischen Provinz mit ausdrucksstarken Bildern und die über die konkrete Zeit und den konkreten Ort hinausweisende universelle Geschichte einiger Außenseiter mit ihren Träumen und Hoffnungen auf Anerkennung und Respekt sowie ihrem Kampf gegen Vorurteile und die Missgunst der anderen.

Holger Twele

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 111-3/2007 - Interview - Gespräch mit Norbert Lechner über sein Kinderfilmdebüt "Toni Goldwascher"

 

Bundesverband Jugend und Film e.V.TONI GOLDWASCHER im Katalog der BJF-Clubfilmothek unseres Online-Partners Bundesverband Jugend und Film e.V.

 

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