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Ausgabe 133-1/2013

RITTER ROST

Bild: RITTER ROST
© Universum Film

Produktion: Caligari Filmproduktion/ZDF; Deutschland 2012 – Regie: Thomas Bodenstein, Nina Wels, Hubert Weiland – Buch: Mark Slater, Gabriele M. Walther, nach den Kinderbüchern von Jörg Hilbert und Felix Janosa – Musik: Andreas Grimm – Länge: 78 Min. – Farbe, 3D – FSK: o. A. – Verleih: Universum – Altersempfehlung: ab 6 J.

So fantasievoll und originell, so sympathisch und abwechslungsreich stellt man sich einen Kinderfilm für beinahe alle Altersklassen vor, oder noch besser: einen Film, der ein junges Publikum gleichermaßen erfreut und fasziniert wie ein älteres. Natürlich profitiert die erfahrene Produzentin Gabriele M. Walther ("Felix", "Der Mondbär", "Prinzessin Lilifee") von ihrer einzigartigen Vorlage, der Marke "Ritter Rost", die sich mit inzwischen zehn Musicalbänden sowie Büchern und Hörspielen in deutschen Kinderzimmern zur festen Größe entwickelt hat. Doch auch eine Marke muss erst einmal so adaptiert werden, dass die Umsetzung auf die Leinwand ohne allzu große Reibungsverluste vonstatten geht. Und in diesem Punkt haben Walther und ihr bewährtes Caligari-Team ganze Arbeit geleistet. Denn sie haben nicht den Fehler gemacht, die populären Muscials eins zu eins zu übernehmen. Zum einen besitzt das Genre Musical im deutschen Film keinerlei Tradition, besitzt also ohnehin schon wenig Erfolgschancen, zum anderen wäre wohl von der besonderen Dynamik einer Bühneninszenierung auf der Leinwand nicht mehr viel übrig geblieben. Und so ist "Ritter Rost – Eisenhart und voll verbeult" eine unterhaltsame Action-Komödie und zugleich auch eine schöne Love Story geworden: Am Anfang schafft unser Blech-Freund, dessen Torso aus einer alten Registrierkasse besteht, das Unmögliche und gewinnt das große Ritterturnier. Allerdings unterstellt der arrogante Prinz Protz seinem Rivalen Unterschleif. Das bedeutet, der bedauernswerte "Rosti" verliert seine Ritterwürde samt seiner Eisernen Burg. Von nun an lässt der kleine Held aus Stahl nichts unversucht, seine Ehre wieder zu erlangen, dem pompösen Protz das Handwerk zu legen und das Herz von Burgfräulein Bö zurückzuerobern.

Hier wird auf wunderbare Weise und in bester 3D-Animationstechnik Figuren, die so noch nie im Kino zu sehen waren, Leben eingehaucht. Dass man dabei das Gefühl hat, die virtuosen Kompositionen aus Eisenschrott, Blechpartikeln und anderen Metall-Applikationen wären nicht totes, kaltes Material, sondern vielmehr Menschen aus Fleisch und Blut – ähnlich wie dies vielleicht Pixar mit seinem kleinen Haushaltsroboter "Wall-E" gelang – hat auch etwas mit den gut gewählten Synchronstimmen zu tun. So gelingt Rick Kavanian das Kunststück, dem liebenswerten, manchmal mutigen, aber dann auch wieder ganz menschlich schwächelnden Titelhelden eine eigene Stimme zu geben, dass man dabei sogar vergisst, welcher Künstler sich dahinter verbirgt. Auf ebenso hohem Niveau arbeitet auch Christoph Maria Herbst, der Prinz Protz genau jene hochnäsige, anmaßende und selbstverliebte Attitüde verpasst, die man sich für diese Figur erträumt. Und schließlich scheint auch das bei den Fans so beliebte Rost-Universum in fast jeder Sequenz durch – sei es nun auf Dialogebene, wo die von Jörg Hilbert erfundene kongeniale "Schrottsprache" immer wieder zu hören ist, oder bei den unzähligen Fantasiegeschöpfen, wozu ein geschwätziger doppelköpfiger Drache, ein gewitzter Schraubenschlüssel und putzige schwarze "Kolbenfresser-Kügelchen" zählen, oder durch die Musik, die sich wie ein roter Faden durch den Film zieht, ohne aber das Werk deshalb zum Musical zu machen. Faszinierend ist außerdem, dass hier altmodisches Rittertum und topmoderner Straßenslang aufeinanderprallen und zu einer homogenen Einheit verschmelzen. Und wenn zum Abspann "Das muss ein Ritter können" – die lebensfrohe Erkennungsmelodie aus dem Rost-Universum – zu hören ist, dann hält es wohl kaum jemanden in den Kinosesseln.

Thomas Lassonczyk

RITTER ROST

 

Bundesverband Jugend und Film e.V.RITTER ROST im Katalog der BJF-Clubfilmothek unseres Online-Partners Bundesverband Jugend und Film e.V.

 

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Ausgabe 133-1/2013

 

Inhalt der Print-Ausgabe 133-1/2013|

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Interviews

Börnsen, Wolfgang - "Stärkung des originären deutschen Kinderfilms"| Dill-Riaz, Saheen - "Fremde Kinder: Der Vorführer"| Imboden, Markus - "Dieser Junge sollte eine Zukunft haben"| Sahling, Bernd - "Wie viel Ratlosigkeit können wir Kindern in einem Film zumuten?"| Shortland, Cate - "Die Kinder von Mördern sind keine Mörder"| Zeitlin, Benh - "Poesie und Lyrik einer außergewöhnlichen Kindheit"|

Hintergrundartikel

Preisträgerfilm der "Großen Klappe" 2012|

Kinder-Film-Kritiken

"Clara und das Geheimnis der Bären"| "Fremde Kinder: Der Vorführer"|


KJK-Ausgabe 133/2013

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