(Interview zum Film ZWEI IN EINEM BOOT)
Im Zusammenhang mit der Aufführung des Films "Zwei in einem Boot" beim Kinderfilmfest der Berlinale 1999 und beim Deutschen Kinder-Film&Fernseh-Festival 1999 in Gera sprach Klaus-Dieter Felsmann für die KJK mit Cornelia Grünberg, der Regisseurin des Films, und dem Autor und Co-Produzenten Andreas Grünberg über deren Sicht auf die momentane Situation bei der Produktion von Kinderfilmen in Deutschland. – Mit sechs Kopien wurde inzwischen "Zwei in einem Boot" durch Basis-Film nach eigenen Aussagen mit Erfolg in die Kinos gebracht.
KJK: Sie hatten 1995 beim Festival in Gera mit "Paul IV." einen großen Erfolg. Trotzdem ist der Film entgegen Ihrer Erwartung nie in die Kinos gekommen.
Cornelia Grünberg: "Das war für mich sehr irritierend. Obwohl der Film zwei Preise bekommen hatte und bei zahlreichen Filmfesten mit großem Erfolg lief, muss das leider so festgestellt werden. Mit Basis-Film hatten wir zwar einen Verleiher, doch leider fand sich keine Länderförderung bereit, den möglichen Start des Films zu unterstützen. Außerdem hatte ich gedacht, wenn man einmal Erfolg hat, dann lassen sich auch nahtlos Anschlussprojekte realisieren. Aber es ging zunächst überhaupt nicht weiter. Im Erwachsenenbereich nimmt man solche Erfolge kaum zur Kenntnis und einen ausgeprägten Kinderfilmbereich gibt es nicht, weil einfach zu wenig gemacht wird. Ich musste feststellen, dass es schwierig ist, Kinderfilme zu machen und davon auch leben zu können."
Ähnliche Erfahrungen müssen auch zahlreiche Produzenten machen. Sie schrecken dann vor Kinderfilmprojekten, zumindest vor solchen mit originären Stoffen, zurück.
Cornelia Grünberg: "So ist es. Es gibt ja in Deutschland auch nur eine Handvoll von Produzenten, die bereit sind, dieses Risiko einzugehen. Das ist unverständlich, weil es aus meiner Sicht ein großes Zuschauerpotenzial für solche Filme gibt. Kinderfilm muss aus der Nische wieder heraus. Dafür sollte man stärker das Genre-Kino fördern. Das heißt, es muss wieder das wirkliche Abenteuer oder das wirkliche Märchen geben."
Andreas Grünberg: "Kaufmännisch gesehen könnte man sagen, der Markt ist ausgeblutet. Als wir 1997 unsere kleine Produktionsfirma gegründet hatten, haben wir eine kleine Arbeit für den Kinderkanal gemacht. Seither wird von dort aber kaum etwas in Auftrag gegeben. Man beschränkt sich auf den Ankauf von internationalen Zeichentrickproduktionen und greift auf alte Ostblockproduktionen oder auf die durchaus schönen Sachen der DEFA zurück. Nur für Neuproduktionen gibt es vom Fernsehen zu wenig Impulse. Die zwei, drei Sachen, die dann wirklich realisiert werden, sind an bekannte Namen gebunden, von denen man sich einen sicheren Erfolg erhofft."
Trotz der schwierigen Produktionsbedingungen für den Kinderfilm konnten Sie jetzt mit "Zwei in einem Boot" eine neue Arbeit für die angesprochene Zielgruppe vorlegen.
Cornelia Grünberg: "Prof. Hans Hattop von der HFF in Potsdam-Babelsberg hatte mich gefragt, ob ich Stoffe für seine Kamerastudenten hätte. Ich habe ihm daraufhin etwas angeboten, und er hat sich das Expose von 'Zwei in einem Boot' ausgewählt. Die HFF war bereit, bei diesem Film als Co-Produzent aufzutreten und Material und Technik bereitzustellen. Außerdem sollten Studenten hier die Möglichkeit erhalten, ihre Diplomarbeiten zu realisieren. Zusätzlich hat uns Prof. Gericke dramaturgisch beraten. Überzeugt vom vorgelegten Buch übernahm dann Ottokar Runze den Part des Hauptproduzenten. Ihm war es neben der ARD mit den Sendern HR, NDR, WDR und SFB schließlich zu verdanken, dass wir überhaupt produzieren konnten. Zusammen mit Referenzmitteln der FFA, Geldern der Filmförderung Berlin-Brandenburg und des Kuratoriums Junger Deutscher Film kamen wir schließlich insgesamt auf ein Produktionsbudget von etwa einer Million DM."
Das ist allerdings nicht sehr viel Geld für einen Spielfilm.
Andreas Grünberg: "Natürlich. Der deutsche Kinderfilm wird solange ein Problem bleiben, wie er nicht mit soviel Geld ausgestattet wird, um auf dem internationalen Markt konkurrenzfähig zu sein. Es gibt sowohl im Kino als auch im Fernsehen Standards, die man beachten muss. Unser Film spielt im Wesentlichen auf dem Wasser. Das bedeutete ein großes Produktionsrisiko. Vergleichbare Filme in Amerika oder Kanada verfügen mindestens über 3-5 Millionen Dollar. Da kann man dann auch Drehtage wiederholen."
Cornelia Grünberg: "Wenn man kein Geld hat, dann hat man auch keine Zeit. Dann sind auch bestimmte Tricks nicht zu bezahlen. Was uns besonders ärgert ist die Tatsache, dass die Regenszene nur unzureichend improvisiert werden konnte und der Adler viel zu kurz kommt. Wir hätten einfach mehr Geld gebraucht, um den vom Publikum gewohnten optischen Erlebnissen so nah als möglich zu kommen. Dazu hätte dann auch noch eine digitale Bearbeitung verschiedener Tricksequenzen gehört."
Was wäre die Alternative gewesen? Sie hätten das Projekt absetzen müssen?
Cornelia Grünberg: "Das wäre verantwortungslos gewesen. Dazu waren bereits zu viele Leute, insbesondere Studenten der HFF, in die Sache integriert."
Andreas Grünberg: "Bei allen Problemen waren wir aber immer von der Geschichte überzeugt. Wir haben gesagt, wir nehmen, was da ist und machen einen Film, der mit diesem Geld dem, was wir haben wollten, so nah als möglich kommt. Bei der Berlinale haben wir gemerkt, dass uns das unter den Umständen gut gelungen ist. Wir haben dort viele positive Reaktionen von den Kindern bekommen. Sie fanden den Film spannend, manchmal sogar zu spannend, und sie fanden ihn unterhaltsam. Letzteres ist gerade im Kinderfilmbereich außerordentlich wichtig. – Um auf die Finanzierungsfragen zurückzukommen. Gerade im Zusammenhang mit der Berlinale versuchten wir neue Wege zu gehen. Wir wollen den deutschen Markt verlassen und unser Produkt international vermarkten. Sowohl in Amerika als auch in Dänemark gibt es großes Interesse. Auch dadurch kann sich der Kinderfilm aus der momentanen Nische befreien. Möglicherweise wächst dann auch wieder das Produzenteninteresse an solchen Produkten."
Trotzdem ist der Kinderfilm auf eine starke Förderung angewiesen?
Andreas Grünberg: "Ja, und man kann auch nicht erwarten, dass die Fördergelder möglichst schnell zurückfließen. Das ist auch bei den Erwachsenenfilmen nicht so."
Cornelia Grünberg: "Anders als beim Erwachsenenfilm besteht aber beim Kinderfilm langfristig eine gute Möglichkeit der Refinanzierung. Der dafür notwendige Spielraum wäre durch Fördergelder zu sichern."
Sie haben bei Ihrem Projekt auch mit dem Kuratorium Junger Deutscher Film zusammengearbeitet. Welche Bedeutung haben für sie die dortigen neuen Strukturen?
Cornelia Grünberg: "Ich denke, das ist schon ein guter Ansatz. Beratung, wenn sie von guten Leuten kommt, ist sehr wichtig und hilfreich. Wir haben da mit Herrn Hailer bei der Buchentwicklung positive Erfahrungen gemacht. Wenn es aber dabei bleibt, nützt es nicht so viel. Irgendwann muss dann auch Geld kommen. Wenn von beantragten 170.000 DM nur 30.000 DM genehmigt werden und die auch noch in vier Raten ausgezahlt werden, dann frage ich mich, was das Ganze soll."
Das Kuratorium selbst verfügt nicht über die wünschenswerten Mittel. Es kann aber Vermittler zu den einzelnen Länderförderungen werden.
Cornelia Grünberg: "Die Idee ist gut. Wir haben das aber in der ersten Runde so nicht erlebt. Es wird schwierig sein, das zu koordinieren. Das bedeutet auch, auf beiden Seiten einer Medaille zu tanzen. Eine Zusammenführung der Mittel ist einerseits begrüßenswert, wenn dann aber andererseits nur vier oder fünf Leute entscheiden, was geschieht, wäre das wieder fatal."
Andreas Grünberg: "Wenn sich das Kuratorium einen Vertrauensvorschuss erarbeiten kann, so dass die Fördergremien sagen, wenn die zu einem Projekt stehen, dann gehen wir mit, wäre das gut."
Obwohl es viele Probleme gibt, sieht es nicht so aus, als wenn Sie sich vom Kinderfilmbereich lossagen wollten?
Cornelia Grünberg: "Nein, für mich ist das eine Aufgabe, wo man sich mit so vielschichtigen Themen befassen kann. Was ich im Moment vorhabe, ist ein Jugendfilm. Natürlich ist mir jetzt schon klar, dass ich mich damit erst recht zwischen alle Stühle setze. In diesem Bereich finde ich aber nun einmal die Stoffe, die mich am meisten reizen."
Interview: Klaus-Dieter Felsmann
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