Produktion: Avista/Relevant, Deutschland 1994 – Regie: Peter Timm – Buch: Peter Timm, Michael Arnal, Xao Seffcheque – Kamera: Fritz Seemann – Schnitt: Helga Borsche – Musik: Detlef Petersen, Fresh Familee – Darsteller: Benno Fürmann (Mamba), Regula Grauwiller (Nadja), Steffen Wink (Thommy), Moritz Bleibtreu (Yüksel), Uwe Ochsenknecht (Pilgrim) – Länge: 95 Min. – Farbe – FSK: ab 12 – Verleih: Jugendfilm (35mm)
Schulalltag in den 90er-Jahren – das heißt nicht selten Krawall, Gewalt, Bandenkämpfe. Dieses heiße Thema greift Peter Timm in seinem neuen Film auf. Da macht Mamba an seinem ersten Tag in der neuen Schule gleich die richtigen, sprich schlechten Erfahrungen. Ein paar Typen wollen ihm Schutzgeld abknöpfen, beißen bei ihm aber auf Granit. Auch von Thommy, dem Anführer der Gang, lässt er sich nicht einschüchtern. Das imponiert dem Großmaul aus reichem Haus (der Papa unterstützt die Schule finanziell). Er bietet dem Neuling die Mitgliedschaft in seiner gefürchteten Clique an. Doch Mamba lässt ihn abblitzen. Lieber spielt er in der Multi-Kulti "Fresh Familee"-Band, befreundet sich mit einem türkischen Klassenkameraden und macht Thommys Heavy-Metal-Band Konkurrenz. Aber nicht nur da konkurrieren die beiden. Mamba verliebt sich unsterblich in Thommys Ex-Freundin Nadja, Ärger liegt in der Luft. Der neue Lehrer Pilgrim möchte die Aggressionen im Theaterspiel abbauen, inszeniert mit den Schülern "Romeo und Julia". Die Parallelen zwischen Shakespeares Drama und der Realität verwischen sich, es kommt zu Liebes- und Machtkämpfen mit tödlichem Ausgang.
Der Film trifft ins Herz von Jugendlichen, spiegelt die Gefühle der Hip-Hop-Generation. Vielleicht deshalb, weil nicht irgendein Autor sich die Story am Schreibtisch aus den Fingern gesogen hat, sondern ein 16-Jähriger seine eigenen Erlebnisse zu einem Exposé verarbeitete und beim "Drehbuchpreis des Kultusministers Nordrhein-Westfalen" einreichte. Jury-Mitglied Peter Timm ("Meier", "Ein Mann für jede Tonart") erkannte die Brisanz des Stoffes und machte daraus eine spannende Liebes- und Action-Story, die nicht nur unterhält, sondern auch einen kritischen Blick auf die (Schul-)Wirklichkeit wirft, antiquierte Wertvorstellungen in Frage stellt. Manchmal sind die Figuren allerdings zu holzschnittartig gezeichnet, belässt Timm es bei Schwarz-Weiß-Malerei. Besonders der Charakter des Schuldirektors, einem Ausbund an Autorität, Ordnungsdenken, der seine Sympathie für rechtsorientierte Jugendliche nicht verhehlt, ist relativ einfach gestrickt. Die jungen Schauspieler (Benno Fürmann, Moritz Bleibtreu, Steffen Wink) bieten Identifikationsmöglichkeiten, die Situation der Helden ist nachvollziehbar. Und die Musik der Hip-Hop-Band "Fresh Familee" spricht Jugendliche an, verbindet heiße Rhythmen mit sozialkritischen Texten. Als Entdeckung gilt Benno Fürmann (Mamba). Nach Jobs als Kellner und Kulissenschieber lernte er sein Handwerk an der berühmten Schauspielschule von Lee Strasberg in New York. Ein Film für die Zielgruppe der 14- bis 18-Jährigen.
Margret Köhler
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