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Ausgabe 108-4/2006

KARO UND DER LIEBE GOTT

KARO UND DER LIEBE GOTT

Produktion: Mini Film; Österreich 2005 – Regie und Buch: Danielle Proskar – Kamera: Gerhard Hierzer – Schnitt und Musik: Klaus Hundsbichler – Darsteller: Resi Reiner (Karo Lenz), Branko Samarovski (Gott), Petra Morzé (Alice Lenz, Karos Mutter) u. a. – Länge: 94 Min. – Farbe – Weltvertrieb: Delphis Films Inc., Montréal, e-mail: xiao@frvmedia.com – Altersempfehlung: ab 8 J.

Heilige Kommunion, das Mädchen Karo – voller Ehrfurcht und Hingabe – fühlt sich dem lieben Gott sehr nahe. Karo ist ein glückliches Kind, von ihren Eltern geliebt und verwöhnt. Nur dass der Vater immer häufiger ins Fernsehstudio muss, macht sie traurig, ebenso dass er seine Versprechen nicht einhält. Eines Abends hört sie, wie die Eltern sich streiten. Schnitt. Umzug in eine andere Wohnung, ohne den Papa. Jetzt kann eigentlich nur noch der liebe Gott helfen. Als Karo aus ihrem Walkie-Talkie eine unbekannte Stimme hört, ist sie sicher, mit dem lieben Gott verbunden zu sein und bittet ihn darum, dass doch alles wieder wird wie früher.

Doch es ist nicht der liebe Gott, der mit Karo spricht, sondern ein alter Saufkopf, der im Haus wohnt. Der fühlt sich von den Bitten des Kindes eher belästigt, gibt sich aber doch Mühe mit seinen Antworten. Als Karo ihm im Hausflur begegnet und seine Stimme erkennt, bedeutet das nicht etwa das Ende ihres Glaubens. Im Gegenteil, Gott ist im Haus und um nicht erkannt zu werden, tritt er in dieser Gestalt auf. Karo lässt nicht locker, hindert ihren lieben Gott an seinem Pennerleben, fordert Zuwendung und Rat. Sein Vokabular ist zwar alles andere als kindgerecht, aber seine Lebensweisheiten erreichen das Kind. So kommt es, dass plötzlich Karo in der Herzens-Show-Sendung ihres Vaters im TV-Studio sitzt und öffentlich seine Heimkehr erfleht. Der Vater ist entsetzt, fürchtet um seine Karriere – seine neue Freundin hingegen ist entsetzt über seine Reaktion; ihr imponiert die Tochter, nicht mehr der Vater. Ein Sieg für Karo. Doch ein neues Hindernis stellt sich ein – die Mutter hat einen neuen Freund, der zu allem Überfluss auch noch ziemlich sympathisch ist. Was soll Karo nur tun? Alles, was sie und der liebe Gott sich ausdenken und unternehmen, kann den Lauf der Geschichte nicht aufhalten. Die Scheidung der Eltern wird besiegelt und der liebe Gott signalisiert der kleinen Karo, dass das Leben weitergeht und schön sein kann, auch wenn er nicht mehr dabei ist.

In ihrem Spielfilmdebüt stellt Danielle Proskar ein klassisches Thema in den Mittelpunkt – die Trennung der Eltern und der heiße Kinderwunsch, sie wieder zusammenzubringen. Während Erich Kästner in seinem "Doppelten Lottchen" diesen Kinderwunsch erfüllt, versagt die Wienerin Danielle Proskar den Kindern ein solches Happy End. Scheidung ist Realität und es ist die Frage, wie man damit umgeht. Sie erspart Karo erst mal nichts: Karo muss mit der Mutter in eine hässliche Wohnung ziehen, der Vater ist seltener Gast; wenn er kommt, geht die Mutter. Nur einmal gelingt es der Tochter, dass alle in einem Boot sitzen: Das ist ihr Geburtstagswunsch, ebenso der Kuss der Eltern, von Karo fotografiert und der neuen Freundin des Vaters aufgetischt. Auch im Unterschied zu Kästner sind die neuen Partner keine unsympathischen Gestalten, sondern fühlende Menschen, die sich um Karo bemühen und Verständnis für ihre Ablehnung haben.

Der liebe Gott – großartig besetzt mit dem Burgschauspieler Branko Samarovski – hilft dem Mädchen über die schwere Zeit hinweg und merkt, wie auch sein Leben leichter wird. Diese ungewöhnliche Freundschaft können Eltern und Polizei nicht zerstören und auch nach dem Tod des alten Mannes bleibt der liebe Gott lebendig. Jetzt kann Karo ihn weiterziehen lassen. Auch wenn die Eltern nicht mehr zusammenwohnen, sind sie doch Vater und Mutter geblieben und der neue Freund der Mutter hat Chancen, von Karo akzeptiert zu werden. So zeigt die Filmemacherin, wie es nach einer Scheidung auch für Kinder gut weitergehen kann. Zur Lockerheit trägt auch bei, dass die Geschichte in Wien spielt und beachtliches sprachliches Lokalkolorit aufweist. Den Film komplett macht die kleine Hauptdarstellerin Resi Reiner, die durch ihr kindlich natürliches Spiel überzeugt. "Karo und der liebe Gott" ist ein Verleih auch in Deutschland zu wünschen.

Gudrun Lukasz-Aden / Christel Strobel

Zu diesem Film siehe auch:
KJK 108-4/2006 - Interview - "Mit Kindern zu drehen ist sehr bereichernd – ein ständiger Sonnenschein am Set"

 

Bundesverband Jugend und Film e.V.KARO UND DER LIEBE GOTT im Katalog der BJF-Clubfilmothek unseres Online-Partners Bundesverband Jugend und Film e.V.

 

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Ausgabe 108-4/2006

 

Inhalt der Print-Ausgabe 108-4/2006|

Filmbesprechungen

AB DURCH DIE HECKE| CARS| DAS HÄSSLICHE ENTLEIN & ICH| HUI BUH — DAS SCHLOSSGESPENST| KARO UND DER LIEBE GOTT| LOVITOR| MARTA UND DER FLIEGENDE GROSSVATER| MEIN KLEINER BRUDER| MILCH UND OPIUM| MONSTER HOUSE| MORGEN, FINDUS, WIRD'S WAS GEBEN| OH, WIE SCHÖN IST PANAMA| PAULAS GEHEIMNIS| DER ROTE KAKADU| TKKG – DAS GEHEIMNIS UM DIE RÄTSELHAFTE MIND-MACHINE| VITUS| WIE MAN KROKODILE ZÄHMT| ZAINA, KÖNIGIN DER PFERDE|

Interviews

Krää , Gernot - Interview mit Gernot Krää zu "Paulas Geheimnis"| Palombo, Joel - "Ich möchte ein Kino, das zum Fragen herausfordert"| Proskar, Danielle - "Mit Kindern zu drehen ist sehr bereichernd – ein ständiger Sonnenschein am Set"| Rosslenbroich, Gabriele - "Wir sind überzeugt, dass man Kindern das Medium Film im Kino näher bringen muss"| Schardt, Andreas - "Für viele ist die Förderung durch das Kuratorium so etwas wie ein Gütesiegel"| Schwochow, Christian und Matthias Adler - "Man wacht morgens auf und dann ist eine Figur da – und die hieß ganz schnell Marta"| Stacke, Manuela und Katrin Milhahn - "Es gibt nicht viele Filme, die Kinder noch interessieren und trotzdem auch schön sind für Erwachsene" |


KJK-Ausgabe 108/2006

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