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Ausgabe 120-4/2009

TORTUGA – DIE UNGLAUBLICHE REISE DER MEERESSCHILDKRÖTE

TURTLE: THE INCREDIBLE JOURNEY

Produktion: Big Wave Prod. / Tradewind Pic. / Allegro Film / F.A.M.E. Film & Music Entertainment; Großbritannien / Österreich / Deutschland 2008 – Regie und Buch: Nick Stringer – Kamera: Rory McGuiness – Schnitt: Richard Wilkinson, Sean Barton – Musik: Henning Lohner – Erzählerin: Hannelore Elsner – Länge: 79 Min. – Farbe – FBW: wertvoll – FSK: ab 6 – Verleih: Polyband – Altersempfehlung: ab 6 J.

Nach dem Kinohit "Unsere Erde" (2007) sowie den Naturdokumentationen "The Last Giants ... Wenn das Meer stirbt" und "Home" kommt nun in diesem Jahr ein weiterer dokumentarischer Film über die irdische Schöpfung in die Kinos. Nick Stringer, der erfahrende Regisseur hochkarätiger BBC-Dokumentationen und Emmy-Preisträger, erzählt darin die 25-jährige Wanderung einer Unechten Karrettschildkröte, der bekanntesten Vertreterin der Meeresschildkröten, von der Geburt an einem Strand in Florida über den Golfstrom Richtung Arktis bis nach Afrika und zurück an ihren Heimatstrand.

Der Film folgt einer winzigen Meeresschildkröte, die am Strand in Florida geboren wurde, auf dem gefährlichen Weg ins Wasser und dann auf ihrer ebenso aufregenden Reise über den Atlantik. Seit über 200 Millionen Jahren bewältigen die Schildkröten diese Route, auf der sie in 25 Jahren rund 10.000 Kilometer zurücklegen. So lässt sich auch die Heldin des Films vom 80 Kilometer breiten Golfstrom mit einer Geschwindigkeit von acht Kilometer pro Stunde in Richtung Arktis treiben. Sie überquert den gesamten Nordatlantik bis zur Neufundlandbank und schwenkt dann mit dem Kanarenstrom zu den Azoren westlich von Afrika ab, ehe sie nach Westen zu den Karibischen Inseln schwimmt und dort bis zu 20 Jahre verbringt. Wie Wissenschaftler herausgefunden haben, überlebt im Schnitt nur eine von 10.000 Meeresschildkröten diesen Trip, bevor sie sich paart und an ihren Ursprungsort in Florida zurückkehrt, um ihre Eier abzulegen, aus denen neue Schlüpflinge herauskrabbeln.

Um die Schauwerte der deutsch-britisch-österreichischen Koproduktion zu mehren, setzen die Filmemacher neueste Aufnahmetechnik ein. So benutzte Rory McGuiness, der als einer der besten Unterwasserkameramänner der Welt gilt, eine Iconix-Lipstick-HD-Kamera, um den Wettlauf der Schlüpflinge gegen gefräßige Krabben und Pelikane aus der erdnahen Sicht der Winzlinge zu filmen. Die größte Gefahr für die gefährdete Art stellen inzwischen aber nicht die Fressfeinde und das Meer selbst dar, sondern der Mensch. Denn die meisten Schildkröten ertrinken in Krabbenfangnetzen oder sterben durch die Langleinen-Fischerei. Der Film wirbt mit seiner ökologischen Tendenz nachdrücklich für mehr Respekt vor den Wundern der Natur und den Erhalt der irdischen Ressourcen. Durch die geschickt eingesetzten Emotionalisierungsmechanismen bringt er diese Botschaft auch kleinen Zuschauern nahe. Allerdings trägt der Off-Kommentar, in der deutschsprachigen Fassung von Hannelore Elsner als Erzählerin einfühlsam vorgetragen, reichlich Pathos auf und driftet zu oft in die sprachlichen Untiefen des forcierten Poesie-Kitsches ab ("Sie weiß nichts von der globalen Erwärmung" oder "Sie sind füreinander bestimmt, sie sind seltene, kostbare Überlebende").

Trotz der vielen eindrucksvollen Bilder von der Tierwelt des Ozeans, die in USA, Kanada, Bahamas und Portugal gedreht wurden, bleibt Stringer Antworten auf naheliegende Fragen schuldig, die gerade das junge Publikum stellen wird. Beispiel: Wie lange können Schildkröten unter Wasser bleiben, ohne zu atmen? Wie können diese "Nomaden des Ozeans" im Meer schlafen und dabei lebensgefährlichen Überfällen von Fressfeinden entgehen? Warum halten sich die Tiere in bestimmten Regionen wie der Sargassosee oder den Azoren jahrelang auf?

Reinhard Kleber

 

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Ausgabe 120-4/2009

 

Inhalt der Print-Ausgabe 120-4/2009|

Filmbesprechungen

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Interviews

Ballentyne, Armagan und Briar Grace-Smith - "Die Landschaft legt ihre Arme um die Personen."| Çakmak, Hamdiye - Interview mit Hamdiye Çakmak, Projektkoordinatorin der "Stadteilmütter" in Augsburg, von Lutz Gräfe| Nebe, André F. - "Wir haben es so gemacht und es ging"| Zvirbulis, Armands - "Der Produzent hat mir vertraut"|

Hintergrundartikel

"Ehrenschlingel 2009"|


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