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Ausgabe 80-4/1999

STAR WARS – DIE DUNKLE BEDROHUNG

Produktion: Lucasfilm; USA 1999 – Regie und Buch: George Lucas – Kamera: David Tattersall – Schnitt: Paul Martin Smith – Musik: John Williams – Darsteller: Liam Neeson, Jake Lloyd, Ewan McGregor, Natalie Portman, Ian McDiarmid, Pernilla August u. a. – Länge: 133 Min. – Farbe – FSK: ab 6 – Verleih: Twentieth Century Fox (35mm) – Alterseignung: ab 10 J.

"Es war einmal in ferner Zukunft ..." – zweiundzwanzig Jahre lang war dies nicht nur der Plakatslogan eines der legendärsten Spielfilmprojekte aller Zeiten, sondern es schien auch das Motto zu sein, unter dem George Lucas, der Erfinder des "Star Wars"-Universums, die Welt auf den sagenumwobenen Beginn seiner Filmserie warten ließ. Nun ist der Film, der auf den ersten sogenannten "Teaser"-Plakaten noch ganz nüchtern als "Episode 1" angekündigt wurde, in den Kinos der Welt angelaufen – und auf eine nie zuvor erlebte, monatelange Erwartungshysterie folgte eine beispiellose Ernüchterung, bei den Fans genauso wie bei den Kinobetreibern. Daran mag der Verleih schuld sein, der aus dem neuen "Star Wars"-Film auf eine ganz neue Weise Profit zu schlagen versuchte, daran mag auch die Tatsache schuld sein, dass ganz Ungeduldige schon seit Monaten alles Wissenswerte (und vieles Belanglose) über den Film bis hin zu ganzen Kopien im Internet abrufen können – doch letztlich ist es der Film selbst, der weder Kritiker noch Fans so recht zu überzeugen wusste.

Dabei mag es ein Zeichen unserer Zeit sein, dass das, was 1977 als große, mythisch anmutende Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse begann, 1999 seinen Ursprung in einem Wirtschaftskrieg nimmt. Als sich ein harmloser Planet namens Naboo der Einführung einer Art intergalaktischer Mautgebühr widersetzt, wird er zum Opfer einer Raumblockade durch korrupte Handlanger der Handelsföderation. Ein Vermittlungsversuch des Jedi-Ritters Qui-Gon Jinn (Liam Neeson) und seines Schülers Obi-Wan Kenobi (Ewan McGregor) scheitert und es gelingt ihnen nur Amidala, die Königin des Planeten, durch die Blockade zu schleusen, um gemeinsam mit ihr vor dem Senat der Föderation vorstellig zu werden. Bei einer Notlandung auf dem Wüstenplaneten Tatooine finden die Flüchtigen einen unerwarteten Helfer: Der neunjährige Sklavenjunge Anakin Skywalker ist zwar noch ein Knirps, doch in technischen Dingen ein wahres Superhirn – und Qui-Gon Jinn glaubt auch, in ihm den perfekten Jedi-Anwärter aufgespürt zu haben. Während die Auseinandersetzung um Naboo zum Krieg eskaliert, versuchen Jinn und Kenobi beim Rat der Jedi die Erlaubnis zur Ausbildung Anakins zu erwirken. Doch dort sieht man in dem unbestreitbaren Potenzial des Jungen nicht nur eine Hoffnung, sondern auch eine Gefahr ...

Es dürfte nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn "Die dunkle Bedrohung" – so der wenig aussagekräftige endgültige Titel des Films – bei der nächsten Oscar-Verleihung nicht einen Preis für die prachtvollen Kostüme einheimste, und auch die Bauten zu Lande und zu Wasser sind eine Augenweide. Bei der Erzeugung vollständig computeranimierter Charaktere hat Lucas' Effektefirma "ILM" seit der Erschaffung von Steven Spielbergs Sauriern weitere gigantische Fortschritte gemacht, die sich hier in der Kunst-Figur des Fabelwesens Jar Jar Binks manifestieren. Doch wer inmitten all dieses betörenden technischen Aufwandes eine interessante Story oder die Geschichte tragende Figuren sucht, der sucht vergebens: Hier gibt es keinen verträumten Luke Skywalker auf der Suche nach der Weisheit der Macht; keine schöne Prinzessin, unter deren galaktischer Schneckenfrisur sich ein hellwaches, ebenso resolutes wie humorvolles Hirn verbirgt; keinen Space-Piraten Han Solo, dessen Herz genauso groß ist wie seine Klappe – und keinen Bösewicht, der einen Kinosaal so mit Finsternis erfüllt wie weiland Darth Vader. Als wären sie selbst nur Marionetten im Computer ihres Schöpfers, agieren die Schauspieler hier matt gegen das belanglose Drehbuch an und scharen sich blutleer um die einzige interessante Figur, die dieser Film zu bieten hat: Ein Kind, das zum Erlöser geboren scheint, dem aber seine düstere Zukunft bereits vorausgeeilt ist. Indem er dem Publikum einzig den kleinen Anakin – noch – als Identifikationsfigur anbietet, zerstört George Lucas den universellen Appeal seiner Saga und liefert ein Produkt, das neun- bis zwölfjährige Jungen perfekt unterhält, den Rest der Welt aber nur noch sehr bedingt anzusprechen vermag.

Bärbel Schnell

 

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Ausgabe 80-4/1999

 

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