(Interview zum Film PETES METEOR)
KJK: Wie kamen Sie zu der Geschichte von "Petes Meteor"?
Joe O'Byrne: "Da kam Mehreres zusammen. Zunächst hatte ich schon lange dieses Bild von drei Kindern im Kopf, die vor einer schäbigen Wand irgendwo in einem Armenviertel in Südamerika stehen. Das Bild war auf einem Poster in einer Wohnung hier in Deutschland, wo ich einige Zeit lebte, und dieses Bild ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Dazu kam, dass ich in Dublin in so einem Viertel wohnte, wo ich Kinder wie die von dem Poster ganz real herumlaufen sah. Dann begann ich an einer Geschichte über drei solche Kinder zu arbeiten."
Wann kamen die anderen Figuren und Elemente zu der Grundidee dazu?
"Es kommt ja immer darauf an, was man in seinem Film im Wesentlichen zeigen möchte. Ich wollte verschiedene Aspekte des Lebens in so einer Art Armenviertel zeigen. Diese Viertel gibt es in Dublin, aber wenn ich mir die Filme anschaue, die in Dublin spielen, muss ich feststellen, dass man nur selten etwas über das Leben der Leute in diesen Stadtteilen erfährt."
Für einen Debütfilm fand ich die Geschichte und die filmische Umsetzung überzeugend. Was in Ihrem bisherigen Schaffen hat Sie so gut vorbereitet, dass Ihnen ein derartig starkes Debüt als Autor und Regisseur gelungen ist?
"Ich habe fünfzehn Jahre beim Theater gearbeitet, an verschiedenen Bühnen, und Theaterstücke produziert. Da gab es Ähnlichkeiten zwischen den Themen meiner Theaterarbeit und dem Film jetzt. Ich machte beispielsweise Theater in solchen Gegenden von Dublin, wo auch der Film spielt und einmal hatte ein Junge die Hauptrolle in einem der Stücke."
Welche wesentlichen Unterschiede sehen Sie zwischen Theaterarbeit und Filmproduktion?
"Ein wesentlicher Unterschied ist, dass man beim Filmen keine Zeit mehr hat, mit den Schauspielern zu arbeiten. Während ich im Theater vier oder fünf Wochen lang jeden Tag viele Stunden mit den Schauspielern proben kann, war ich beim Filmen froh, wenn ich mal eine Minute Zeit fand um mit einem Darsteller zu reden. Das Filmset ist wie ein riesiger Dinosaurier: Es bewegt sich langsam und fast die ganze Zeit muss man sich um technische Abläufe kümmern, Licht und Ton etc. Wir hatten allerdings auch nur sechs Wochen zum Drehen und standen unter starkem Zeitdruck."
Woher kamen Ihre durchweg sehr überzeugenden jungen Darsteller?
"Unsere Casting-Direktorin hat beinahe jede zweite Schule in Dublin besucht und tausende von Kindern gesehen und gesprochen. Einige Hundert hat sie dann zu Workshops eingeladen. Es war ein langer Weg, bis wir die drei Darsteller gefunden haben."
Ian Costello, der Darsteller des "Mickey", wirkt schon sehr professionell in Ihrem Film. Hatte er bereits Kameraerfahrung?
"Nein. Es war sein erster Film. Er ist einfach ein Naturtalent. Er hat immer Späße gemacht am Drehort und viel dummes Zeug, aber sobald es hieß 'Action', war er sofort in der Rolle und in der Situation und hat das gespielt, was er spielen sollte."
Das Ereignis schlechthin in Ihrem Film ist die Landung eines Meteoriten im kleinen Garten von Lily Devine, der Oma von Mickey, Dave und Sue, die sich um die drei Waisen kümmert. Welche symbolische Bedeutung hat dieses "Stück Fels", wie es im Film genannt wird?
"Ein Meteoriteneinschlag ist zum einen ein Naturereignis. Es kommt immer wieder vor, dass kleine Meteoriten auf der Erde einschlagen. Zum anderen könnte man sagen, dass es zwei Symbole gibt: den Meteor und den Krater. Der Meteor steht dafür 'Etwas zu haben', der Krater für den Verlust von Etwas, da ist eine Parallele zu den verstorbenen Eltern der Kinder. Außerdem wünschen sich die Kinder, dass der Meteor eine Bedeutung hat, dass er von den Eltern als 'Geschenk' geschickt wurde. Man darf nicht vergessen, dass die ganze Geschichte aus der Sicht von Mickey erzählt wird."
Bevor Mickey anfängt zu erzählen, hören wir die Stimmen der toten Eltern und wir sehen Dublin aus der Vogelperspektive. Auch später spüren wir als Zuschauer oft die Anwesenheit der Eltern oder sehen die Protagonisten von oben – aus der Sicht der "Eltern im Himmel". Ich hatte das Gefühl, dass die gespürte Anwesenheit der toten Eltern nicht nur eine Vorstellung der Kinder ist, sondern auch für die Erwachsenen im Film Gültigkeit hat. Glauben Sie an die Präsenz von verstorbenen geliebten Menschen im Leben der Hinterbliebenen?
"Nein, nicht unbedingt. 'Es wäre schön wenn es so wäre', so ein Element gibt es im Film. Viele Menschen glauben daran, es ist eine verbreitete Wunschvorstellung. Ob es tatsächlich so eine Präsenz gibt, weiß ich nicht. Es ist auch weniger ein Teil meines persönlichen Glaubens als vielmehr Teil der Fiktion. In anderen Arbeiten von mir werden Sie solche spirituellen Elemente nicht finden. Viele Kinder hoffen eben, dass die Toten noch irgendwo anwesend sind und ein Großteil der Erwachsenen teilt diese Hoffnung. Nach meiner Erfahrung setzen sich Kinder etwa im Alter von acht Jahren schon intensiv mit dem Tod auseinander. Sie fragen danach und haben große Ängste. Ich fände es zynisch zu so einem Kind zu sagen: 'Tja, du bist dann eben irgendwann tot und das war's.' In Filmen stoße ich oft auf Zynismus, wenn es um Glaubensfragen und religiöse Vorstellungen geht."
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