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Ausgabe 105-1/2006

HARRY POTTER UND DER FEUERKELCH

HARRY POTTER AND THE GOBLET OF FIRE

HARRY POTTER UND DER FEUERKELCH

Produktion: Warner Bros. / Heyda Films; USA 2005 – Regie: Mike Newell – Buch: Steve Kloves, nach dem gleichnamigen Roman von Joanne K. Rowling – Kamera: Roger Pratt – Schnitt: Mick Audsley – Musik: Patrick Doyle, John Williams – Darsteller: Daniel Radcliff (Harry Potter), Rupbert Grint (Ron Weasley), Emma Watson (Hermine Granger), Michael Gambon (Albus Dumbledore), Maggie Smith (Minerva McConagall), Robbie Coltrane (Rubeus Hagrid), Ralph Fiennes (Lord Voldemort), Miranda Richardson (Rita Skeeter) u. a. – Länge: 157 Min. – Farbe – FSK: ab 12, ffr – Verleih: Warner Bros. – Alterseignung: ab 12 J.

Jedes Mal, wenn ein neues Harry-Potter-Buch erscheint, sind die Zeitungen voll von Zahlenspielen über ein Phänomen, das die Kassen der Buchhändler zuverlässig klingeln lässt, Berichten über mitternächtliche Verkaufsaktionen am Eröffnungstag und immer wieder neu aufgewärmten Porträts der Autorin Joanne K. Rowling. Besprechungen der Bücher selbst findet man kaum. Dabei war doch gerade der vierte Band der Serie, "Harry Potter und der Feuerkelch", der erste, der einerseits einen deutlich dunkleren Unterton an den Tag legte und sich an komplexeren menschlichen Themen versuchte, der andererseits aber auch die Überforderung der Autorin sichtbar werden ließ. Denn Rowling hat ein wunderbares Auge für Details und beweist großes Geschick dabei, einzelne Szenen mit jenem Subtext zu versehen, der aus ihren Fantasy-Storys Geschichten über Menschen macht. Doch den Kontext einer durchweg spannenden Handlung verlor sie in diesem voluminösen Band (760 Seiten gegenüber 450 des dritten Bandes) schnell aus dem Blick.

Kein Wunder also, wenn auch Drehbuchautor Steve Kloves ("Die fabelhaften Baker Boys") damit überfordert war, aus dem im Großen und Ganzen eher zähen Werk das geeignete Material für einen Familienfilm herauszufiltern. Seine Adaption der Geschichte, in der Zauberschüler Harry Potter für seine Schule, das magische Internat Hogwarts, beim Trimagischen Turnier antreten muss und gleichzeitig erste hormonelle Wirrungen erlebt, ist wie eine Aneinanderreihung von "Best-of-Harry-Potter-4"-Momenten, die völlig an der Oberfläche bleibt und die wirklichen Stärken des Buches ignoriert.

Das Ergebnis ist eine zusammenhanglose Montage von Szenen – für die Inszenierung zeichnete mit Mike Newell erstmals ein Brite verantwortlich –, die auf jeden Hintersinn verzichten und damit schnell nur noch langweilen. Gleich zwei Einleitungen kosten den Film schon am Anfang Zeit, die er später für das menschliche Miteinander hätte brauchen können, auch wenn die Spezialeffekte der kurz angerissenen Quidditch-Weltmeisterschaft spektakulär sind – und damit so aus dem Rahmen fallen, dass man schon deshalb besser darauf verzichtet hätte. Dafür werden Figuren, die dem Buch zu einiger Würze verhelfen, zwar kurz vorgestellt, ohne jedoch ihre Rolle spielen zu dürfen. So hätte Miranda Richardson eine wunderbar zerstörerische Klatschjournalistin abgegeben, hätte man ihr nur mehr als zwei Minuten Zeit dafür gelassen.

Auch die anderen erinnerungswürdigen Auftritte des Films gehören zwielichtigen Charakteren, die leider kaum mehr als Cameo-Rollen spielen dürfen: Alan Rickman und Jason Isaacs als Professor Snape und Lucius Malfoy glänzen sekundenweise als Harrys Widersacher. Michael Gambon hat als Professor Dumbledore das Pech, dass ihm eine endlose Rede nach der anderen in den Mund gelegt wurde. Und sowohl Daniel Radcliff in der Hauptrolle als auch Rupert Grint als sein bester Freund Ron haben die kindliche Unschuld ihrer ersten Leinwandauftritte sichtlich hinter sich gelassen und können als Schauspieler nicht mehr überzeugen. Einzig Emma Watson (Hermine) legt viel versprechendes Talent an den Tag.

Bei allem (schon in der Lichtsetzung und Farbgebung) überdeutlichen Bemühen um Düsternis gelingt mit "Harry Potter und der Feuerkelch" nicht die Allegorie über das Abenteuer Erwachsenwerden, die das Buch trotz aller Schwächen in sich birgt, sondern nur ein Bilderreigen, der sich auf die falschen, weil belanglosesten Elemente der Geschichte konzentriert.

Bärbel Schnell

 

Bundesverband Jugend und Film e.V.HARRY POTTER UND DER FEUERKELCH im Katalog der BJF-Clubfilmothek unseres Online-Partners Bundesverband Jugend und Film e.V.

 

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Ausgabe 105-1/2006

 

Inhalt der Print-Ausgabe 105-1/2006|

Filmbesprechungen

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Interviews

Claus, Richard - "Ich habe kein Problem mit dem Wort Kinderfilm ..."| Hailer, Thomas - "Den Begriff Kinderfilm nicht als Gefängnis für Produkte sehen"| Malberti, Juan Carlos Cremata - "Ich kann keine Lösung eines Problems anbieten, das nicht zu lösen ist"| Munzi, Francesco - "Es gibt leider nicht viele Saimirs"| Overweg, Calle und Volker Ullrich - Unterhalten mit Welthaltigkeit|


KJK-Ausgabe 105/2006

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