(Hintergrund zum Film SPUTNIK)
Friederike, aufgeweckt und selbstbewusst, ist zehn Jahre und lebt in dem Dorf Malkow in der DDR. Sie erzählt ihren jungen Kinozuschauern, wie sie den Mauerfall am 9. November 1989 erlebt hat, nämlich in ihrer ganz eigenen Parallelwelt. die sie sich mit ihrem unternehmungslustigen und verspielten Onkel Mike erschaffen hat: die unendlichen Weiten des Kosmos, mit dem Sputnik zu fernen Planeten fliegen, entdecken, alles erforschen. In einem Schuppen haben sie sich ein Labor zum Konstruieren und Experimentieren aufgebaut. Friederikes Freunde Fabian, heimlich verliebt in Rike, und Jonathan, der gern ein Quäntchen mehr nachdenkt als die Anderen, aus ihrer Klasse 4a sind mit an Bord. Der selbst gebaute Sputnik soll endlich mit einem großen Ballon gen Himmel starten, doch dann überstürzen sich die Ereignisse.
Regisseur Markus Dietrich nimmt seine jungen Protagonisten mit ihren Emotionen, ihrer Neugierde, ihrem Tatendrang, den Verlustängsten und in ihrer Naivität sehr ernst – ein großartiger Einstieg in historische Ereignisse für jüngere Kinder, deren Großeltern und Eltern Zeitzeugen waren.
Dieser Beitrag bietet filmpädagogische Ideen an, die eine kreative Filmrezeption im Unterricht, das geringe Zeitbudget beachtend, nach dem Kinobesuch in der Grundschule ab Klasse 2 bzw. in der offenen Arbeit im Ganztagsschulbereich begleiten kann. Unterrichtsrelevanz: Ethik, Sach- und Lebenskunde, fachübergreifend in Deutsch zu den Themen Familie/ Freundschaft/der Mauerfall im November 1989.
Besonders geeignet für 8- bis 11-Jährige.
Den Kinobesuch vorbereiten (1 Doppelstunde)
DDR- das unbekannte Land
Gemeinsame Recherche über die DDR/ Begriffe aus der Zeit der DDR klären, historisch- geografisches Wissen über das geteilte Deutschland bis 1989 einbeziehen/ eine "„DDR- Wandtafel" als Collage mit allen Ergebnissen oder als Hausaufgabe "Mein DDR- Bilderlesebuch" gestalten …
Friederike beschreibt als Ich-Erzählerin aus dem Off zu Beginn des Geschichte, was die Mauer für die Menschen in der DDR bedeutete, und skizziert in einer kurzen Sequenz ihren Freunden die geografische Situation in Berlin: Westberlin – Berlin, Hauptstadt der DDR.
Aufgabe: In Kleingruppen arbeiten, typische DDR-Begriffe sammeln: Großeltern, Eltern befragen ("Die eigene Wende – was hast du am 09.11.1989 erlebt und gemacht?"), DDR-Kinderbücher entdecken, alte Zeitungen aus den 80er-Jahren im Archiv/in der Bibliothek aufstöbern, als Recherche-Ort Mauermuseen in der Region nutzen, das Arbeitsheft des Grundschulatlas zur Thematik einsetzen usw., auf Haftzetteln jeweils einen entdeckten Begriff schreiben, gemeinsam die Bedeutung erörtern.
Nachfragen (Bezug zum Film): Was ist das? Digedags, NVA, Sputnik, Kosmonaut, Pioniergruß, Fahnenappell, Raumstation MIR, Patenbrigade, VP. Aus den gesammelten Informationen mit selbst gemalten Bildern, Fotos und Begriffserläuterungen (Haftzettel) eine Collage "DDR-Wandbild“ oder ein persönliches Lesebuch "Mein Wissen über die DDR" gestalten.
Die Sache mit dem Beamen
Ursprung dieses SF- Begriffs erfahren, Vorstellungskraft und Fantasie entwickeln, im darstellenden Spiel "Beamen üben", die Kategorien Zeit und Freiheit erleben …
Die amerikanische Fernsehserie "Raumschiff Enterprise", später "Star Trek", die Anfang der 70er-Jahre im ZDF anlief und in der das Beamen visualisiert wurde, war auch in der DDR sehr beliebt. Im Film versäumt Friederike nicht einen Teil der TV-Serie "Raumschiff Interspace“, aber Westfernsehen war verboten. Sie lässt sich davon nicht beeindrucken, ist akustisch und technisch von den Abenteuern der Crew um Captain Burgh inspiriert und träumt von der Reise ins Weltall. Mike träumt von Freiheit, einem Land ohne Grenzen. Jeder begibt sich auf die eigene fantastische Reise. Mike holt die Realität ein, mit der sich Friederike nicht abfinden will. Sie sucht nach einem Ausweg.
Aufgabe: Beamen, Teleportation – wie funktioniert das? Wie sieht die Maschine zum Beamen aus?
Aus einem Standbild heraus sich bewegen und diese fantastische Form, indem Dinge, Menschen oder andere Lebewesen in Sekundenschnelle von einem zum anderen Ort transportiert und dabei her, hin, hoch, runter, weg oder zurück gebeamt werden, darstellen. Hilfsmittel wie Taschenlampen, Stoffe zum Ent- oder Verhüllen, verbale und andere akustische Signale, Musikeinspiele sind ausdrücklich erlaubt.
Ausstellungstipp: Im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig ist bis zum 12.01.2014 eine Wanderausstellung zu erleben: Science Fiction in Deutschland. Sie beschäftigt sich mit den futuristischen Vorstellungen ab den 1950er-Jahren in Ost und West.
Den Kinobesuch nachbereiten (1 Doppelstunde)
Hausaufgabe vor der Unterrichtsstunde
(Bildmontage): Friederikes Zuhause – Zeichne Friederikes Kinderzimmer! Benutze vorhandenes Bildmaterial aus Zeitschriften und ergänze es aus der Erinnerung heraus mit deinen Vorstellungen an diesen Raum (Möbel, Gegenstände, Muster, Farbgestaltung, Lichtstimmung).
Impulsfragen:
* In den ersten 10 Minuten stellt sich Friederike und ihre Kosmosmannschaft vor; der erste Flug ihres Sputniks endet in einem Unfall. Wer beobachtet sie dabei und warum?
* Wie stellt Friederike ihre Familie vor?
* Was erzählen die Schwarz-Weiß-Bilder im Fernsehen?
* Welche Großaufnahmen sind besonders in Erinnerung geblieben, die Friederikes Gefühle zeigen?
* Wenn das Beamen funktionieren würde und sie in Westberlin landen; was ist Friederike besonders wichtig? Auf was legt Fabian sehr viel wert? Wie verhält sich Jonathan?
* Als Zuschauer kann man die Gespräche der Eltern von Friederike beobachten. Welche unterschiedlichen Wünsche haben sie? Wie reagiert Rikes Oma darauf?
* Wie erklärt Katharina, die Mutter, Friederike, die Entscheidung von Onkel Mike? Versteht das Rike?
* Friederike hat für jede brenzlige Situation einen Plan parat: Beschreibe eine ihrer Aktionen! Wie organisiert sie das? Wer sind ihre Mitstreiter?
* Wie wird das mit der Kamera aufgenommen? Wie schnell wechseln die Bildfolgen? Wie ist die Spannung über die Musik und Geräusche zu hören?
* Wie enden diese Unternehmungen? (Situationsbeispiele: Olli ins Boot holen, den „Beamplan“ ausarbeiten, Material beschaffen, den Polizisten Mauder irritieren)
* Ist das Ende der Filmgeschichte glaubwürdig?
"Erwachsene" Gespräche
Besondere Dialogszenen in den Fokus stellen, historische Situation mit der persönlichen Befindlichkeit der Erwachsenen bewusst machen, Zusammenhänge erkennen …
Rollenspiel / Aufgabe: Dialoge am Familientisch oder in der Gaststätte nachvollziehen und als kleine Szene nachspielen. Beispiele: Mike und Rikes Eltern versuchen Friederike zu erklären, warum er aus Malkow weggeht. Das Gespräch zwischen Friederike und ihrer Mutter im Bett. Rikes Eltern am Mittagstisch, Friederike kommt dazu und verweigert sich. Katharina packt die Koffer; Disput mit ihrem Mann. Rikes Eltern und ihre Oma unterhalten sich am Kneipentresen …
Familienabbilder 1 und 2
Ein wahrgenommenes Abbild von Rikes Familie entwickeln und präsentieren, sich als Individuum in einer Familienkonstellation darstellen, sich mit der Thematik Verlust eines geliebten Menschen auseinandersetzen …
Friederikes Familienbeziehungen ändern sich dramatisch mit dem Weggang von Mike. Sie hat das Gefühl, ihre Familie fällt gerade auseinander, doch sie ist entschlossen, etwas dagegen zu tun. Einzigen Halt findet sie bei ihrer Oma.
Aufgaben:
1. Ein imaginäres "Familienfoto" von Rikes Familie entsteht, wie sie zu Beginn des Films gezeigt wird (Vater, Mutter, Oma, Onkel Mike, Friederike). Wer ist der Mittelpunkt in der Familie? Welche Beziehungen bestehen untereinander?
2. Ein weiteres "Familienfoto" wird gemacht. Aber das Bild hat sich gewandelt. Mike fehlt. Wie sieht Rike ihre Familie ohne den Onkel?
Hat sich das familiäre Zusammenleben durch das Fehlen von Mike verändert?
Die gestellten "Fotos" betrachtet jeder durch sein "Kamerafenster" (mit den Daumen und Zeigefingern ein Rechteck bilden und durchsehen); gemeinsam darüber diskutierten. Die beiden Familienabbilder, wenn die Möglichkeit besteht, mit einer Sofortbild-Kamera aufnehmen, um die Veränderungen nachhaltiger sichtbar zu machen.
Weitere Links zum Film:
www.sputnikderfilm.de / www.kinofenster.de
Regine Wenger-Jabin
Inhalt der Print-Ausgabe 136-4/2013
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