Produktion: Melnitsa Animation Studio; Russland 2002 – Regie: Ilya Maximow – Buch: Alexander Boyarsky, nach dem gleichnamigen Märchen von Wilhelm Hauff – Musik: Valentin Vasenkov – Länge: 82 Min. – Farbe – FSK: ab 6 – Verleih: Warner Bros. (35mm) – Altersempfehlung: ab 8 J.
Angesichts der vielen Remakes populärer Stoffe ist es doch verwunderlich: 51 Jahre hat es gedauert, bis nach Francesco Stefanis Realverfilmung von "Zwerg Nase" eine neue Fassung des beliebten gleichnamigen Märchens des Romantikers Wilhelm Hauff den Weg in unsere Kinos findet. Im jungen St. Petersburger Melnitsa-Studio realisierte Ilya Maximow eine zwar formal konventionelle, aber charmante und poetische Zeichentrickversion über den Kampf des tapferen Jungen Jakob gegen die böse Hexe, die ihn in einen Zwerg verwandelt hat.
Die böse Hexe will die Macht im Königreich übernehmen. Doch dazu braucht sie die Hilfe des aufrechten Schustersohnes Jakob. Als er sich weigert, verwandelt sie ihn in einen verunstalteten Zwerg und stiehlt ihm sieben Jahre, um ihn zur Kapitulation zu zwingen. Als Jakob heimkehrt, muss er feststellen, dass sein braver Vater vor Kummer über sein Verschwinden gestorben ist und seine Mutter ihn nicht mehr erkennt. Die Bewohner seiner Heimatstadt verspotten ihn sogar und jagen ihn davon. Auf der Flucht rettet er das Leben einer Gans, die jedoch in Wirklichkeit die verzauberte Prinzessin Greta ist. Die Königstochter war nämlich von der Hexe entführt worden, weil sie gesehen hatte, wie die Alte ein Buch mit einer Zauberformel aus dem Palast stehlen wollte. Jakob und Greta verbünden sich nun, um das Böse gemeinsam zu bekämpfen und zu ihren Familien zurückkehren zu können.
"Zwerg Nase" ist der erste russische Zeichentrickfilm seit 40 Jahren, der für das Kino produziert wurde. Er entstand in dem St. Petersburger Studio Melnitsa Animation, das erst 1999 durch den Zusammenschluss des kleinen Trickstudios Midi-Cinema und der Produktionsfirma CTB entstanden ist. Die Hauff-Adaption ist der erste lange Animationsfilm von Melnitsa und kann sich im internationalen Vergleich sehen lassen, lässt man die beiden allzu kitschig geratenen Lieder der deutschen Synchronfassung außen vor. Maximov hat die düstere Stimmung des fast 200 Jahre alten Märchens gut getroffen, so etwa wenn die Kamera durch die vom Zwielicht erfüllten Hallen der Hexenresidenz schwebt oder das tanzende Mondlicht beobachtet.
Die Konturen der Hexe und ihres plumpen Gehilfen erinnern zwar an Figuren des Disney-Imperiums und unübersehbare Differenzen der Zeichenstile zwischen den Sequenzen lassen auf ein allzu schmales Budget schließen, doch gelingt es der Regie, eine ausgewogene Balance zwischen Spannung und Humor zu erreichen. Auch wenn besonders ängstliche Kinostöpsel den Film wegen einiger Gruselszenen mit der Hexe besser in Begleitung von erwachsenen Bezugspersonen sehen sollten, so sorgen running gags mit dem tollpatschigen Sidekick der Hexe bei Jung und Alt oft genug für befreiendes Lachen.
Die Filmbewertungsstelle vergab immerhin ein "besonders wertvoll" und lobt den Film als "perfekt gemacht, einfallsreich und kindgerecht".
Reinhard Kleber
Filmbesprechungen
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