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Ausgabe 122-2/2010

FRIEDENSSCHLAG – DAS JAHR DER ENTSCHEIDUNG

Produktion: Boomtown Media, in Koproduktion mit BR / Telepool / Pictorion – das Werk; Deutschland 2010 – Regie, Buch und Kamera: Gerardo Milsztein – Schnitt: Thomas Grube, Barbara Toennishen – Musik: P:lot –  Länge: 107 Min. – Farbe – Verleih: Piffl Medien – Altersempfehlung: ab 14 J.

Über einen angemessenen Umgang mit gewalttätigen Jugendlichen wird nicht erst seit den brutalen Überfällen in der Münchner U- und S-Bahn diskutiert. Doch diese eklatanten Fälle haben die öffentliche Debatte angeheizt. Dass es für dieses Problem keine einfachen Antworten gibt, wohl aber alternative Methoden zum simplen Ruf nach einem härteren 'Durchgreifen', zeigt eindrucksvoll der Kinodokumentarfilm "Friedensschlag" von Gerardo Milsztein. Der aus Argentinien stammende Filmemacher, der bisher vorwiegend als Kameramann von Dokumentarfilmen tätig war, begleitete ein Jahr die Bemühungen von zehn gewalttätigen männlichen Jugendlichen, zurück in die zivilisierte Welt zu finden. Milsztein konzentriert sich dabei auf fünf Protagonisten. Die jungen Männer im Alter von 16 bis 21 Jahren nehmen an Hilfsmaßnahmen der "Work and Box Company" teil, die sich seit 2002 in Taufkirchen bei München bemüht, jugendliche Mehrfachstraftäter in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt zu integrieren. Wobei gewaltbereit bedeutet: Die jungen Männer versuchen, jede Art von Konflikt mit Gewalt zu lösen. Für die meisten Teilnehmer ist die Company die letzte Alternative zum Knast.

Die Initiatoren Rupert Voß und Werner Makella, ein Unternehmer und ein systemischer Familientherapeut, haben sich zum Ziel gesetzt, den Jugendlichen Wege aus der Gewalt und in ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben zu zeigen. Vor allem jedoch geben die Therapeuten, Psychologen und Trainer den Delinquenten immer wieder eine Chance, bis sie soweit sind, diese für sich zu nutzen. Eine Schlüsselrolle spielt speziell in der Anfangsphase das Boxtraining. Im Boxring sind die jungen Männer gezwungen, sich ehrlich und unverstellt zu zeigen. Unter Anleitung eines Boxtrainers lernen sie, sich eigenen seelischen Verletzungen zu stellen. Die zweite Säule: Die Jugendlichen, viele davon Schulabbrecher, sollen befähigt werden, eine Ausbildung durchzustehen oder eine reguläre Arbeitsstelle zu finden.

Das Münchner Projekt arbeitet mit beachtlichem Erfolg: Von den 130 Teilnehmern der Jahre 2003 bis 2009 schlossen 109 die Betreuung ab. 88 Teilnehmer wurden in Arbeit oder Ausbildung vermittelt – also rund 80 Prozent. Nach drei Jahren sind ebenfalls mehr als 80 Prozent der vermittelten Jugendlichen straffrei geblieben. Beim deutschen Strafvollzug liegt die entsprechende Erfolgsquote dagegen bei nur 20 Prozent. Das Modell sollte also Schule machen!

Milsztein gelingt es in Einzelinterviews und subtilen Beobachtungen, Empathie für die Protagonisten zu wecken, die selbst zumeist Opfer familiärer Gewalt waren. Und er zeigt nachdrücklich, mit welcher Geduld man zerstörerische Energie in positive Energie wandeln kann. Dramaturgische Kontrapunkte zu den intensiven Szenen setzt der eigenwillige Soundtrack der Kölner Band "P:lot", der sich zuweilen zu sehr in den Vordergrund drängt. Insgesamt ein Film, der sich sehr gut für die filmische Bildungsarbeit und Schulkino-Einsätze eignet.

Reinhard Kleber

 

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Ausgabe 122-2/2010

 

Inhalt der Print-Ausgabe 122-2/2010|

Filmbesprechungen

13 SEMESTER| ALICE IM WUNDERLAND| BRAN NUE DAE| DAS CHAMÄLEON SCHLÄGT ZURÜCK| DOOMAN RIVER| ECHO DES REGENBOGENS| FRIEDENSSCHLAG – DAS JAHR DER ENTSCHEIDUNG| FRIENDSHIP| IEP!| KNORZEL| DIE LETZTE IHRER FAMILIE| MIN DÎT – DIE KINDER VON DIYARKABIR| PORTRAITS IN A SEA OF LIES| SAME SAME BUT DIFFERENT| SEBBE| SON OF BABYLON| TANZTRÄUME – JUGENDLICHE TANZEN "KONTAKTHOF" VON PINA BAUSCH| TEUFELSKICKER| UNSERE OZEANE|

Interviews

Bezar, Miraz - Kindheit in Diyarbakir heißt auch, mit Gewalt konfrontiert zu sein| Linsel, Anne und Rainer Hoffmann - Die Jugendlichen wussten, dass sie sich auf uns verlassen konnten| Lu, Zhang - Man kann den ganzen Film auch als Traum von Chang-ho sehen| Ziegenbalg, Oliver - Ich möchte, dass die Menschen so miteinander umgehen wie in meinen Filmen|

Filme in der Diskussion

ALAMAR|


KJK-Ausgabe 122/2010

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