Produktion: Barefoot Films / Wiedemann & Berg; Deutschland 2009 – Regie: Markus Goller – Buch: Oliver Ziegenbalg – Kamera: Ueli Steiger – Schnitt: Olivia Retzer – Musik: Martin Probst; Titelsong Silbermond – Darsteller: Friedrich Mücke (Veit), Matthias Schweighöfer (Tom), Alicja Bachleda-Curus (Zoey), Kimberly J. Brown (Dorothee) u. a. – Länge: 110 Min. – Farbe – FSK: ab 6 – Verleih: Sony – Altersempfehlung: ab 10 J.
9. November 1989: Die Mauer fällt, ganz Berlin ist eine Party. Auf in den Westen ist das Motto der Nacht! Das will auch Veit, doch für ihn ist Amerika der Westen, genauer: San Francisco. Was ihn dort hintreibt, erzählt Veit nicht, dennoch will sein Freund Tom unbedingt mit. Die beiden Ostberliner Schmalfilmamateure packen ihre Sachen, mit dabei ein Projektor und eigene Underground-Streifen. Mit dem Begrüßungsgeld und einigem Umgetauschten fliegen sie nach Amerika, ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Doch schon bei der Ankunft am New Yorker Flughafen erfahren sie die Grenzen der Freiheit. Ehe sie es richtig begreifen, sind sie festgenommen, denn sie hatten "Friendship" zum Gruß erboten und von "free communists" gefaselt. Aber bald sind die Jungs aus dem Osten wieder frei und checken schnell, wie's im Westen läuft. Dass es hier nur ums Geld geht, was andererseits auch bedeutet, dass man alles dafür bekommt, wenn man es denn hat. Haben sie aber nicht. Und trotzdem kommen sie weiter. Schließlich in einem Ami-Schlitten, der ihnen von einem furchterregenden, gutmütigen schwarzen Kerl anvertraut wird zwecks Überführung zu dessen Bruder in Kalifornien. Die beiden sind perplex: Auch das ist Amerika, unkonventionell und großzügig, einfach so.
Die Reise hat immer wieder neue Überraschungen für sie bereit. Schließlich landen sie in einer kleinen Stadt, treffen Zoey, in die sich beide verlieben und die beide mag. Bis Veit und Tom in San Francisco ankommen, ist viel passiert, auch zwischen den Freunden. Das Vertrauen ist gestört, nicht nur wegen Zoey, auch wegen eines Geheimnisses, das Veit Tom jahrelang verschwiegen hat. Es geht um einen nach Amerika geflüchteten, verlorenen Vater, der sich vor einem Postamt als Phantom erweist. Eine ungeahnte, traurige Wendung dieser erlebnisreichen Initiationsreise, die mit der DDR-Realität und der Stasi zu tun hat. Tom kann seinen Freund nur noch stumm umarmen, trösten kann er ihn nicht. Doch die Filmemacher schaffen es, die Leichtigkeit des Anfangs in die Story zurück zu bringen: Die Freunde erfüllen ihren Auftrag, geben das Auto ab und erleben dort Wärme in einer schwarzen Großfamilie.
Regisseur Markus Goller hat nach dem Drehbuch von Oliver Ziegenbalg mit "Friendship" ein humorvolles und intelligentes Gefühlskinostück inszeniert. Matthias Schweighöfer als Tom mit der großen Klappe und Friedrich Mücke als bedächtiger Veit sind ideale junge Hauptdarsteller. Friedrich Mücke wurde für diese Rolle mit dem bayerischen Nachwuchspreis ausgezeichnet. Gut tut auch, dass keine Ost-Klischees bedient werden. Nein, sie sind nicht hinterm Mond, sondern clevere Berliner Jungs, die ihren Informationsrückstand durch Kreativität und Spontaneität wettmachen. Und ihre im Gepäck befindlichen Super-Acht-Filme über den Untergang der DDR sind ein Meisterwerk des Unvollkommenen, ein großer Erfolg in einem amerikanischen Filmkunstkino. "Friendship" ist ein Road-Movie mit schönen Bildern der Weite und der Leere, in dem zwei Freunde bereichert und gereift an der Er-Fahrung von 3000 Meilen quer durch die Vereinigten Staaten von Amerika zurückkehren werden.
Gudrun Lukasz-Aden
Zu diesem Film siehe auch:
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